# taz.de -- Browser von The Pirate Bay: Freiheit nur mit Englischkenntnissen | |
> Mit dem „PirateBrowser“ können Nutzer Netzsperren umgehen. Ein | |
> Befreiungsschlag in Zeiten zunehmender Zensur oder Profitgier? | |
Bild: In anderen Ländern sind nicht nur Videos von YouTube gesperrt. | |
BERLIN taz | „Keine Zensur mehr,“ fordern die Betreiber der | |
Filesharing-Plattform The Pirate Bay – und sprechen dabei gezielt Menschen | |
im Iran und in Nordkorea an. Mit dem neuen „[1][PirateBrowser]“ können | |
diese die „Zensur umgehen“ und Internetseiten besuchen, die in ihren | |
Ländern gesperrt sind. | |
Pünktlich zum zehnten Geburtstag der Plattform haben die Betreiber den | |
Browser auf einer Internetseite zum Download bereitgestellt. Es handelt | |
sich dabei um eine Kombination aus dem kostenlosen Browser „Firefox“ und | |
der ebenfalls kostenfreien Anonymisierungssoftware „TOR“, mit der man | |
unerkannt im Netz surfen kann. | |
Weiter unten auf der Seite finden die User eine englischsprachige Anleitung | |
zum Herunterladen und Installieren des Browsers. Eine taz-Anfrage zum | |
Browser allgemein und besonders zu der Frage, ob die Anleitung bald auch | |
auf Farsi und Koreanisch angezeigt wird, ließen die Betreiber von The | |
Pirate Bay (TPB) vorerst unbeantwortet. | |
Der Mitgründer von The Pirate Bay, Peter Sunde, der das Projekt vor einigen | |
Jahren im Streit verlassen hat und heute beim Mikrobezahldienst flattr | |
arbeitet, sieht den Vorstoß mit dem eigenen Browser der Plattform kritisch. | |
„Ich befürchte, dass es dabei um die Maximierung von Werbeeinnahmen geht“, | |
sagt Sunde auf taz-Anfrage. | |
Das würde dem heutigen Kurs der Betreiber entsprechen, die sich nicht so | |
sehr um „wichtige Öffentlichkeits- und Informationsarbeit“ kümmerten. Die | |
Ankündigung der Plattform-Betreiber, weltweit den Usern im Kampf gegen | |
Zensur helfen zu wollen, kommentiert Sunde kritisch: „Ich kann überhaupt | |
nichts mehr glauben, was von Pirate Bay kommt.“ | |
## Pirate Bay in England gesperrt | |
Technisch gesehen sei das Angebot von TPB schlecht. Auf der Internetseite, | |
wo man den „PirateBrowser“ herunterladen kann, verweisen die Macher darauf, | |
dass man damit nicht anonym surfen kann. Die Software helfe lediglich | |
dabei, Netzsperren zu umgehen. Auf den aufgerufenen Internetseiten sei man | |
allerdings nicht mehr mit verschleierter virtueller Identität unterwegs. | |
„Ich denke es ist dumm, neben dem normalen TOR noch einen anderen Browser | |
zu starten“, sagt Sunde. „Es ist nur eine billige Kopie mit einem Plug-In, | |
ohne Support und mit weniger Updates“, findet er. | |
Der Download des „PirateBrowsers“ wird auf der Internetseite speziell auch | |
Menschen in den Niederlanden, in Belgien, Finnland, Dänemark, Italien, | |
Irland und England empfohlen. In Großbritannien wurden fünf führende | |
Internetdienstanbieter nach einem Gerichtssieg der Musikindustrie im April | |
2012 angewiesen, ihren Nutzern den Zugang zu TPB zu sperren, schreibt der | |
[2][Guardian]. | |
Die britische Piratenpartei startete zu dieser Zeit einen eigenen | |
Proxy-Server, über den User trotz der Sperre die Seite von Pirate Bay | |
aufrufen konnte. Allerdings musste dieser Server bald wieder abgeschaltet | |
werden, nachdem der Musiklobbyverband British Phonographic Industry (BPI) | |
mit rechtlichen Schritten drohte. Der Guardian beschreibt den PirateBrowser | |
als „[3][Hammerschlag]“ gegen die Bestrebungen der Branche gewertet, das | |
Ausmaß von Raubkopien einzudämmen. | |
Bruno Kramm von der deutschen Piratenpartei sieht den neuen Browser | |
hingegen als „eine Form von digitaler Notwehr“. Es entspreche den | |
Bedürfnissen der Menschen, Netzsperren zu umgehen, „die es ja auch bei uns | |
gibt“, sagt er. Zum Beispiel, wenn jemand ein YouTube-Video sehen möchte, | |
dass in Deutschland gesperrt ist. „Für die Content-Industrie ist die Pirate | |
Bay der Feind Nummer Eins“, sagt Kramm. Die Plattform, die eigentlich nur | |
eine Linksammlung sei, werde mit allen Mitteln bekämpft. | |
## Mit CDs und USB-Sticks für die Freiheit | |
So wie bei der Pirate Bay nicht das Besitzen von Inhalten, sondern das | |
Teilen im Vordergrund steht, so spielt auch Bruno Kramms Plakat für den | |
Bundestagswahlkampf mit der Aufschrift „Teilen ist das neue Haben“ auf das | |
Konzept der „Share Economy“ an. „Das betrifft natürlich nicht nur den | |
Bereich des Filesharing“, sagt Kramm. Die Gesellschaft müsse sich in vielen | |
Bereichen lösen von einer marktwirtschaftlichen Logik und zu einem | |
gemeinsamen „Hegen und Pflegen“ von Gütern kommen. Vom Car-Sharing über | |
selbstverwaltete Kindergärten bis hin zu regionalen Wirtschaftskreisläufen. | |
„Es bleibt zu hoffen, dass die Pirate Bay nicht nur ein europäisches | |
Phänomen bleibt, sondern, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen – es | |
geht nicht nur um Inhalte der Unterhaltungsindustrie, sondern auch um | |
Bildungsinhalte“, sagt Kramm. Die Betreiber der Plattform sollten verstärkt | |
in diese Richtung arbeiten, fordert er, ähnlich wie auch der einstige | |
Mitgründer Peter Sunde. Regime wie im Iran können den Download des | |
PirateBrowsers zwar blockieren, gibt Kramm zu bedenken. „Aber man kann ihn | |
ja auch über CDs oder USB-Sticks verbreiten“, schlägt er vor. | |
In einem [4][Blog-Eintrag] auf der Seite von TPB, der einen Link zum | |
PirateBrowser enthält, prangt zwar auch „Keine Zensur mehr“ in der | |
Überschrift. Doch der Aufruf hat nichts mehr mit unterdrückten Menschen in | |
Ländern wie dem Iran oder Nordkorea zu tun. „Kennst du jemand, der The | |
Pirate Bay oder andere Filesharing-Seiten nicht nutzen kann, weil sie | |
gesperrt sind“, heißt es da. „Empfehle ihm den PirateBrowser“ – so mac… | |
die Betreiber hier unverblümt Werbung in eigener Sache. | |
15 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://piratebrowser.com/ | |
[2] http://www.theguardian.com/technology/2012/apr/30/british-isps-block-pirate… | |
[3] http://www.theguardian.com/technology/2013/aug/12/pirate-bay-piratebrowser-… | |
[4] http://thepiratebay.sx/blog/233 | |
## AUTOREN | |
Alexander Kohn | |
## TAGS | |
The Pirate Bay | |
Peter Sunde | |
Bruno Kramm | |
Iran | |
Nordkorea | |
Pirate Bay | |
Mozilla | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
Mozilla | |
Pirate Bay | |
Piratenpartei | |
Enquete-Kommission | |
The Pirate Bay | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Haftbedingungen für Pirate-Bay-Gründer: Kein Buch, keine Zeitung, kein Besuch | |
Der Programmierer Svartholm Warg sitzt wegen Hacking-Verdachts in Dänemark | |
im Knast. Eine Petition kritisiert die Unterbringung als „Isolationshaft“. | |
Mozillas Firefox OS: Revolution im Smartphone-Inneren | |
Konkurrenz für Google Android und Apple iOS: Mozillas mobiles | |
Betriebssystem Firefox OS ist eine echte Alternative zu den Etablierten. | |
Mitgründer von Pirate Bay: Haftstrafe reduziert | |
Ein schwedisches Berufungsgericht hat die Haftstrafe von | |
Pirate-Bay-Mitgründer Gottfrid Svartholm Warg gesenkt. Es geht um den | |
Website-Hack einer IT-Firma. | |
Firefox-Betriebsystem für Handys: „Engineered in Spain“ | |
Mozilla drängt mit einem eigenen Betriebssystem in den Markt für mobile | |
Endgeräte. Der wichtigste Partner heißt Geeksphone und sitzt in Spanien. | |
Mehr Knast für Pirate-Bay-Mitgründer: Kein Hinweis auf Fernsteuerung | |
Godfrey Svartholm Warg, Mitgründer von Pirate Bay, wurde zu einer weiteren | |
Gefängnisstrafe verurteilt. Er behauptete, der Hackerangriff sei | |
ferngesteuert erfolgt. | |
Vetternwirtschaft: Piraten trennen Job und Liebe | |
Eine Piraten-Mitarbeiterin beendet die Beziehung zu einem Abgeordnetem – | |
beruflich, nicht privat | |
Bundesparteitag der Piraten: Online-Demokratie zur Geisterstunde | |
Die Piraten wollen die Internetpartei sein. Doch die Anträge zur Einführung | |
von Online-Parteitagen führen zu grotesken Debatten. | |
Netzpolitik im Bundestag: Auch Bauern brauchen Facebook | |
Eine Enquete-Kommission des Bundestages hat das Leben im Netz drei Jahre | |
lang diskutiert. Agrarpolitiker wissen nun, dass es Netzpolitik gibt. | |
„The Pirate Bay“: Die Bucht gehört jetzt Norwegen | |
Auf Druck der Filmindustrie haben Schwedens Piraten mit „The Pirate Bay“ | |
Schluss gemacht. Zu finden ist die Website nun bei zwei Schwesterparteien. |