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# taz.de -- USA exportieren Privat-Gefängnisse: Billiger wird es nicht
> Auf die Privatiserung des Strafvollzugs spezialisierte US-Unternehmen
> expandieren weltweit. Immer mehr Staaten setzen auf Privatknäste.
Bild: Der privatisierte Strafvollzug ist kein Sparmodell.
WASHINGTON ips | Die Privatisierung des US-amerikanischen
Strafvollzugssystems macht zunehmend in anderen Ländern Schule. Wie aus
einem [1][neuen Bericht (pdf-Datei)] der Gefangenenhilfsorganisation
[2][„Sentencing Project"] in Washington hervorgeht, wird das umstrittene
Experiment inzwischen in einem Dutzend Staaten praktiziert.
Seit der Stagnation der Häftlingszahlen sind US-amerikanische
Gefängnisbetreiberkonzerne dazu übergegangen, ihr Know-how in andere Länder
zu exportieren. Dieser Trend wird sich angesichts der jüngsten Pläne
Washingtons, für eine Verringerung der Häftlingszahlen zu sorgen, weiter
verstärken.
Wie aus dem Bericht „International Growth Trends in Prison Privatization“
hervorgeht, kamen 14 Prozent der Einnahmen der [3][Geo Group], des
zweitgrößten US-Gefängnisbetreibers, im Geschäftsjahr 2012 aus
ausländischen Quellen.
Von der zunehmenden Privatisierung profitieren auch britische Unternehmen
wie das [4][G4S] oder [5][Serco], das mit der [6][Justizvollzugsanstalt
Hünfeld] die erste teilprivatisierte Haftanstalt Deutschlands betreibt.
## Zusagen nicht eingehalten
Alle diese Firmen hatten von der Gefängnisprivatisierungswelle in den USA
profitiert. Betroffen waren Strafvollzugsanstalten ebenso wie Haftzentren
für Migranten. Doch dem Bericht zufolge hat sich herausgestellt, dass die
privaten Betreiber bei den zugesagten Dienstleistungen oftmals nicht
halten, was sie versprechen.
Private Betreiber wie die [7][„Corrections Corporation of America“ (CCA)]
werben damit, preiswert und effektiv zu sein. CCA gehört zu den Gründern
des in den 1980er Jahren entstandenen Sektors. Der CCA ist derzeit für
80.000 Häftlinge in 60 Strafanstalten zuständig, von denen er 40 besitzt.
## Privatgefängnisse sind teurer
Doch in den USA stellen Menschenrechtsorganisation und Bundesstaaten das
Argument der Kosteneffizienz zunehmend in Frage. So fand die
Aufsichtsbehörde von Arizona 2010 heraus, dass die Privatgefängnisse 16
Prozent teurer kommen als die öffentlichen Einrichtungen.
Im letzten Monat hatten Computer-Hacker der „Anonymous Analytics“ in ihrem
Bericht „[8][Corrections Corporation of America: The Dismantling of a
National Discrace]“ vorgerechnet, dass sich Investitionen in die Firmen
nicht länger auszahlen.
Zu den Ländern, die derzeit ihre Gefängnisse privatisieren oder
teilprivatisieren, gehören vor allem Entwicklungsländer wie Brasilien,
Chile, Griechenland, Jamaika, Mexiko, Peru, Südafrika und Thailand.
Dominiert wird der Sektor von Konzernen des Nordens, die vor allem aus
englischsprachigen Ländern stammen, wie Sentencing Project in seinem
Bericht betont.
Die USA sind das Land mit der weltweit größten privat verwalteten
Gefangenenpopulation. 2011 saßen 131.000 Menschen in gewerblich betriebenen
Haftanstalten. Das erklärt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass
nirgendwo sonst auf der Welt so viele Menschen hinter Gittern sitzen wie in
den USA. 1,5 Millionen Menschen sind inhaftiert, das entspricht einem
Viertel der weltweiten Gefangenen.
In Ländern wie Australien, Neuseeland und Großbritannien sitzen zwischen
zehn bis 20 Prozent aller Gefangenen in kommerziell verwalteten
Gefängnissen. Besonders hoch ist der Anteil in den Haftzentren für
Migranten. In Großbritannien zum Beispiel sind die privaten Auffanglager zu
drei Vierteln mit Menschen belegt, die gegen die Einwanderungsgesetze
verstoßen haben. In Australien ist der komplette Sektor privatisiert.
## Die US-Politik der harten Hand
In den USA hat sich die Überbelegung der Gefängnisse in Folge einer
30-jährigen Politik der harten Hand im Umgang mit Rechtsverstößen zu einem
ernsten Problem ausgewachsen. So gibt es Haftanstalten, die ihre
Kapazitäten um 40 Prozent überschritten haben.
Doch in diesem Monat hat der US-Generalstaatsanwalt Eric Holder
angekündigt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem Rückgang der
Gefängnispopulation führen werden. Auch soll der Kongress mit
Gesetzesreformen das US-amerikanische Strafrechtssystem verbessern. Durch
solche Schritte wird den privaten Gefängnisbetreibern in den USA das Wasser
abgegraben.
Cody Mason, der Autor des Sentencing-Project-Berichts, weist darauf hin,
dass die Konzerne einen wesentlichen Beitrag zu den strengen
Haftbedingungen für Migranten geleistet haben.
In Israel hatte der Oberste Gerichtshof 2009 die Eröffnung eines
privatwirtschaftlich geführten Gefängnisses verhindert. Als Begründung hieß
es, dass der Staat mit der Abgabe seiner Verantwortlichkeit Verstößen gegen
die Rechte von Gefangenen Tür und Tor öffne.
25 Aug 2013
## LINKS
[1] http://sentencingproject.org/doc/publications/inc_International%20Growth%20…
[2] http://sentencingproject.org
[3] http://www.geogroup.com/
[4] http://www.g4s.com/
[5] http://www.serco.com/
[6] http://www.jva-huenfeld.justiz.hessen.de/irj/JVA_Huenfeld_Internet
[7] http://www.cca.com/
[8] http://anonanalytics.blogspot.de/2013/07/corrections-corporation-of-america…
## AUTOREN
Carey L. Biron
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Strafvollzug
USA
Griechenland
Chile
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Schwerpunkt Thüringen
Autobahn
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