# taz.de -- TV-Duell Merkel gegen Steinbrück: An den Gummiwänden abgeprallt | |
> Die Moderatoren haben sich redlich bemüht, doch inhaltlich blieb wenig | |
> hängen. Am Ende war das Duell einfach eine Fernsehsendung. | |
Bild: Die lichten Momente verdankte das Duell dem Moderatorenduo auf der rechte… | |
Wer denkt, Journalisten wären beim TV-Duell irgendwie näher dran als die | |
Zuschauer zu Hause, der irrt. Auch ihnen bleibt im Pressezentrum in | |
Adlershof nichts anderes übrig, als die Fragestunde mit Angela Merkel und | |
Peer Steinbrück im Fernsehen zu verfolgen - zwar in Gegenwart von Ursula | |
von der Leyen, Andrea Nahles, Uschi Glas und Michel Friedman, was aber auch | |
nicht wirklich ein Vorteil ist. Oder will diese Leute ernsthaft jemand zu | |
Hause bei sich auf dem Sofa sitzen haben?! | |
Das Virtuelle der Situation wurde nach dem Duell nur einmal kurz | |
aufgebrochen, als Merkel plötzlich in einer Traube von Kamerateams und | |
Fotografen einmal kurz das Pressezentrum durchquerte, ein paar Hände | |
schüttelte, um binnen Minuten wieder in den Katakomben zu verschwinden. | |
Offenbar fand das Duell tatsächlich in einem Studio nebenan statt. | |
Über einer der Bars, die die 800 anwesenden Gäste mit Getränken versorgte, | |
hing ein strahlend weißes Dekoelement, das an einen überdimensionalen Quirl | |
erinnerte und damit schön illustriert, was mit all den Fragen und Antworten | |
des Abends im Kopf der Zuschauer passierte: Sie vermischten sich zu einem | |
undefinierbaren Brei aus Phrasen und Geplänkel. | |
Wer trotzdem Klarheit gewonnen hat, was er am 22. September wählen soll, | |
wusste das wohl insgeheim auch schon vorher. Als Entscheidungshilfe ist so | |
ein Duell, dieser Parforceritt durch Themen und Thesen, kaum geeignet. | |
## Schuld trifft nicht die Moderatoren | |
44 Prozent der Befragten hat laut einer infratest-dimap-Umfrage für die ARD | |
Merkel mehr überzeugt, 49 Steinbrück - das kann man ausgeglichen nennen, | |
aber nicht wirklich ein Duell, in dem per definitionem doch eigentlich die | |
eine Seite die andere plattmachen will: Die Schuld daran trifft nicht die | |
Moderatoren, die sich redlich bemüht haben, innerhalb des engen Korsetts | |
des Formats sowohl unterhaltsame als auch aufklärerische Fragen zu stellen | |
- was man von den Antworten leider nur selten behaupten konnte. | |
Anne Will, Maybrit Illner, Peter Kloeppel und Stefan Raab sind wiederholt, | |
eigentlich fortwährend an den Gummiwänden versierter Politrhetorik | |
abgeprallt. Nachfragen waren kaum möglich, hätten sie doch sowohl den | |
Proporz der vier beteiligten Sender (ARD, ZDF, RTL, ProSieben) und | |
Moderatoren gestört als auch den straffen Zeitplan gesprengt. | |
Dass dieses TV-Duell trotzdem seine lichten Momente hatte, verdanken die | |
Zuschauer Anne Will und Stefan Raab, die mit frechen Fragen und | |
Zurechtweisungen das Duell gegen das andere Team, Maybrit Ilnner und Peter | |
Kloeppel, klar für sich entschieden. Während die Routiniers - Illner und | |
Kloeppel sind seit dem ersten TV-Duell 2002 dabei - sich auf ihre Erfahrung | |
verließen, gingen Will und Raab in die Offensive. | |
Vor allem letzterer, dessen Eignung für diesen Job im Vorfeld bis zum | |
Erbrechen diskutiert wurde, packte sowohl die Amtsinhaberin als auch den | |
Herausforderer hart an, provozierte etwa Merkel mit der Frage, ob es ihr | |
„zu ehrgeizig“ sei, die Staatsschulden bis 2184 abzubauen. Dafür müsste s… | |
ab sofort jeden Monat eine Milliarde zurückzahlen. Und Steinbrück warf er | |
vor, es sei „keine Haltung zu sagen, ich will nur gestalten, wenn ich auch | |
King of Kotlett werde“, als dieser sich weigerte, die Frage zu beantworten, | |
was man wählen soll, wenn man die Große Koalition mit ihm als | |
Finanzminister zurückhaben will. | |
## Nach den Regeln des Mediums | |
Das Paradoxe am TV-Duell ist aber: Je unterhaltsamer, kurzweiliger es wird, | |
wie gegen Ende der Fall, desto weniger bleibt inhaltlich hängen. Dem ganzen | |
Brimborium drumherum zum Trotz ist und bleibt das TV-Duell eben eine | |
Fernsehsendung, die nach den Regeln eines Mediums funktioniert, das | |
Entertainment und Erkenntnisgewinn nur in Ausnahmefällen unter einen Hut | |
bekommt. | |
Als freundlichen Service für alle, die nach dem Abspann nicht klüger waren | |
als vorher, also alle, boten die vier beteiligten Sender(gruppen) noch eine | |
Nachbetrachtung an: Im Fall des ZDF etwa war Maybrit Illner zunächst im | |
„heute journal“ zugeschaltet, um noch mal über das Duell zu sprechen, bevor | |
sie dann mit ihren Talkgästen bei „Maybrit Illner spezial“ ein weiteres und | |
letztes Mal über das Duell sprach. Sicherlich tragen solche Inszenierungen | |
auch einem Orientierungsbedürfnis der Zuschauer Rechnung, doch illustrieren | |
sie vor allem, was Fernsehen und Politik verbindet: wie vernarrt beide | |
Systeme in ihre eigene Selbstreferenzialität sind. | |
2 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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