# taz.de -- TV-Duell vor Wahlen: Die Frisur entscheidet gar nichts | |
> Bereichern TV-Duelle die Demokratie? Die Forschung bereichern sie | |
> jedenfalls. Viele denken zudem erstmals darüber nach, was überhaupt zur | |
> Wahl steht. | |
Bild: Entscheidend für TV-Duelle: wer ist führungsstark, wer vertrauenswürdi… | |
Genau 220 Frauen und Männer, jung und alt, sehen sich am Sonntagabend knapp | |
vor dem Fernsehduell von Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Kanzlerkandidat | |
Peer Steinbrück erst einmal einen Loriot-Sketch an. Das dient zur | |
Einstimmung – weniger auf den politischen Wettstreit als auf den kleinen | |
grauen Kasten vor ihnen. | |
Daran üben sie, Eindrücke in Bewegung umzusetzen. Mit dem Drehregler am | |
Kästchen drehen sie links oder rechts, um erst bei Loriot, dann bei Merkel | |
und Steinbrück spontan ihre Reaktion wiederzugeben: wem sie zustimmen, wem | |
nicht. 30 Euro bekommen sie dafür, an diesem [1][Experiment der Universität | |
Hohenheim] teilzunehmen. | |
Der Drehknopf, erklärt Studienleiter und Kommunikationswissenschaftler | |
Frank Brettschneider, hat schon oft Aufschluss darüber gegeben, was | |
wahlkämpfende PolitikerInnen in den Köpfen bewirken. Dazu gehören auch | |
zwiespältige Erkenntnisse: Mit brisanten Fakten, neuen Argumenten und | |
politischem Angriff beeindruckt man kaum jemand. | |
Nein: „Bei Allgemeinplätzen geht’s bei allen hoch“ auf der | |
Zustimmungskurve, sagt Brettschneider. Es lohnt sich also, andauernd mehr | |
Frieden, glückliche Kinder und eine gute Zukunft für alle zu fordern, ohne | |
dies mit Umsetzungsvorschlägen zu beschweren. | |
## Wer ist ein Problemlöser? | |
Was nicht heißt, dass die Leute keine politischen Maßstäbe haben. Im | |
gängigen Politschnack, sagt Brettschneider, „wird Äußeres überschätzt“. | |
Über Frisuren oder Übergewicht plaudert man vielleicht gern. Nach allem, | |
was die Wissenschaft bislang hergibt, treffen die noch Unentschlossenen – | |
und um die geht es – aber ihr Urteil danach, wer ein Problemlöser sein | |
könnte, wer führungsstark und wer vertrauenswürdig wirkt. | |
Bei der Wahl selbst werden solche Eindrücke von Personen mit einem großen | |
Quantum Parteipräferenz abgemischt. Den KritikerInnen der „Personalisierung | |
von Politik“ hält die Soziologin Sigrid Roßteutscher aus Frankfurt | |
entgegen, die Leute wählten jedenfalls noch nicht rein nach persönlichen | |
Sympathien. „Sonst hätte Merkel beim letzten Mal schon 30 Prozent Vorsprung | |
gehabt“, argumentierte Roßteutscher jüngst bei einer Bundestagsanhörung. | |
Zwar lag 2009 die CDU weit vor der SPD, doch eben nicht so weit, wie | |
Merkels Zustimmungswerte die von SPD-Kandidat Frank-Walter Steinmeier | |
überragten. | |
Die Debatte über Personalisierung und Zuspitzung des Wahlkampfs auf zwei | |
Gesichter begleitete 2002 den Import des US-amerikanischen Fernsehformats | |
„Duell“ in den Bundestagswahlkampf. Immerhin 15 Millionen ZuschauerInnen | |
sahen zu, wie Kanzler Gerhard Schröder gegen Edmund Stoiber (CSU) gut, aber | |
nicht so gut wie gedacht abschnitt. Damit bestätigte sich gleich die seit | |
dem mythischen Fernsehduell von 1960 – John F. Kennedy gegen Richard Nixon | |
– herrschende Weisheit, dass ein Duell vor allem die Chance des | |
Herausforderers ist. | |
## Erfolgreich im demokratischen Sinne | |
Nixon machte damals vieles falsch. Der Bartschatten, der Blick weg von der | |
Kamera wurden nur zur Metapher dafür, dass es ihm an Ernsthaftigkeit und | |
Engagement zu fehlen schien. | |
Angesichts des großen Zuspruchs auch in Deutschland – 2005 schauten bei | |
Schröder und Merkel gar 21 Millionen zu – gilt das Duellformat auch in hier | |
inzwischen als erfolgreich im demokratischen Sinne: Viele Menschen geben | |
an, sich anlässlich der Duelle erstmals damit zu befassen, worum es bei der | |
Wahl überhaupt geht. | |
Wobei die Gegenprobe eben nicht zu machen ist: Man weiß nicht, ob und wie | |
diese Leute sich informieren würden, wenn es keine Duelle mehr gäbe. | |
1 Sep 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.uni-hohenheim.de/news/tv-duell-angela-merkel-gegen-peer-steinbru… | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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