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# taz.de -- Grüne und Pädophilie: Abkehr von der falschen Liberalität
> Die Grünen hätten ihr Verhältnis zur Pädophilie im Jahr 1989 korrigiert,
> sagt Jürgen Trittin. Damals traf sich der Bundeshauptausschuss in Bonn.
Bild: Um vier Jahre vertan? Jürgen Trittin.
BERLIN taz | Jürgen Trittin wiederholt im Moment oft einen Satz: Die
Grünen, sagt der in der Kritik stehende Spitzenkandidat, hätten vor einem
Vierteljahrhundert endgültig mit der Position gebrochen, Kindesmissbrauch
zu verharmlosen. Darin steckt eine politische Botschaft, nämlich die, dass
es bei einer Bundestagswahl im Jahr 2013 um vieles geht, aber nicht um
Pädophilieverstrickungen in den Anfängen der Grünen.
Doch Trittin geht es auch um ein konkretes Datum, nämlich um ein Wochenende
im April 1989. An diesen zwei Tagen traf sich der Bundeshauptausschuss der
Partei im Haus Wittgenstein, der früheren Parteizentrale bei Bonn, um einen
Beschluss zu fassen. Er wird von der Grünen-Spitze heute als offizielle
Abkehr von der Liberalität gegenüber pädophilen Positionen interpretiert.
Die Affäre, die die Grünen gerade beschäftigt, spielt vor allem in den 70er
und 80er Jahren. In linksalternativen und liberalen Milieus wurde damals
heftig über neue Sexualität diskutiert, über Rechte von Schwulen und
Lesben, über den Aufbruch aus einer verklemmten Gesellschaftsordnung. Ein
Klima, das Pädophile offensiv nutzten, um ihre Positionen
gesellschaftsfähig zu machen. Dieser zeitgeschichtliche Kontext ist
wichtig, um zu erklären, warum ihnen die Grünen, die FDP und andere
zivilgesellschaftliche Organisationen zunächst offen gegenübertraten.
In den Debatten ging es oft um eine Änderung oder Streichung der Paragrafen
174 und 176 des Strafgesetzbuches, die den sexuellen Missbrauch von Kindern
und Schutzbefohlenen unter Strafe stellen. In der Schleifung dieser
Paragrafen sahen Pädophile die Chance, ihre Neigungen zu legalisieren.
## Einstimmiges Votum
An dem besagten Aprilwochenende wollte der Bundeshauptausschuss die
Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik offiziell anerkennen. So steht es
in der Einladung. Diese liegt der taz vor, ebenso die Beschlussvorlage von
damals und das Ergebnisprotokoll. Wichtig ist ein Satz aus der Vorlage:
„Die Forderung nach einer Abschaffung des 13. Abschnitts des
Strafgesetzbuches […] oder eine Streichung der §§ 174 und 176 […], wie sie
von Teilen der Schwulenbewegung diskutiert wird, ist für DIE GRÜNEN völlig
inakzeptabel.“
Den Antrag stellte der heutige Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck vor,
der sich seit Langem für gleiche Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt.
Er wurde laut Protokoll „einstimmig angenommen“.
Der Bundeshauptausschuss war ein regelmäßig tagendes Gremium zwischen den
Bundesdelegiertenversammlungen, er wurde 1991 abgeschafft und durch den
Länderrat ersetzt. Als kleiner Parteitag war er beschlussfähig und dem
Vorstand vorgesetzt. Deshalb wird das einstimmige Votum des
Aprilwochenendes von den heutigen Grünen als bindende Kurskorrektur der
damaligen Parteilinie eingeordnet.
## Bis zur Fusion mit Bündnis 90
Mitte August hat der Politologe Franz Walter, den die Grünen im Mai mit der
Aufklärung der Affäre beauftragt haben, [1][einen Zwischenbericht in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht.] Darin beschreibt er
ausführlich, wie die Grünen pädophilen Gruppen eine Plattform boten, wie
sie ihre Positionen ins Grundsatzprogramm aus dem Jahr 1980 aufnahmen, sich
aber im Laufe der Zeit zunehmend vom Verständnis für Sex von Erwachsenen
mit Kindern distanzierten.
Walter nennt in seiner ausführlichen Analyse weitere Daten und akzeptiert
das Treffen von 1989 nicht als Wendepunkt. So sei zum Beispiel der
Beschluss aus dem Grundsatzprogramm von 1980, Pädophilie zu legalisieren,
länger in Kraft geblieben, schreibt er. „Er blieb es bis zur Fusion mit
Bündnis 90 im Jahr 1993.“
17 Sep 2013
## LINKS
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/paedophilie-distanzierungs…
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
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Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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Pädophilie-Debatte
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