# taz.de -- Vor der Wahl in Österreich: Große Koalition wird bleiben | |
> Nichts deutet auf einen Wandel hin, wenn am Sonntag in Österreich gewählt | |
> wird. Die FPÖ dürfte gewinnen, die Grünen wohl auch. | |
Bild: Partner, Gegner und per du: SPÖ-Kanzler Werner Faymann links und ÖVP-Vi… | |
WIEN taz | Wer Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael | |
Spindelegger (ÖVP) diese Woche im Fernsehen gesehen hat, kann kaum glauben, | |
dass diese beiden Herren seit fünf Jahren in einer Koalition aneinander | |
geschmiedet sind und auch vorhaben, Österreich die nächsten fünf Jahre | |
gemeinsam zu regieren. | |
In der letzten TV-Debatte vor den Nationalratswahlen vom kommenden Sonntag | |
lieferten sie einen Schaukampf, der wenig Gutes verheißt: von der | |
Erbschaftssteuer über einen Mindestlohn bis hin zur Ganztagsschule – über | |
keine Frage gab es Einigkeit. Es fehlte nur noch, dass sie einander das Du | |
entzogen hätten. | |
Dass die Koalition das Land relativ unbeschadet durch die Wirtschaftskrise | |
gesteuert hat und sich der geringsten Jugendarbeitslosigkeit der | |
Europäischen Union rühmen kann, wurde im TV-Duell kaum erwähnt. Die | |
wirklich großen Brocken blieben ohnehin ausgespart. | |
Die längst fällige Bildungsreform wird durch mühsames Stückwerk ersetzt, | |
Gesundheitsreform und Steuerreform scheitern an den Gegensätzen der | |
Koalitionspartner. Eine Bundesstaatsreform ist von der Agenda verschwunden, | |
obwohl vor zehn Jahren bereits ein Österreich-Konvent allgemein gelobte | |
Vorschläge vorgelegt hat. Für die heiklen Themen Rentenreform und | |
Altenpflege lässt keiner der Regierungspartner brauchbare Ansätze erkennen. | |
Umso erstaunlicher, dass Faymann und Spindelegger ihre Partnerschaft am | |
liebsten fortsetzen wollen. Mit dem einzigen Unterschied, dass der | |
Vizekanzler natürlich Kanzler werden will. | |
## Keine Mehrheit links der Mitte denkbar | |
Nur in den Bundesländern erlaubt man sich mehr Fantasie. So ließ Wilfried | |
Haslauer, ÖVP-Landeshauptmann von Salzburg, aufhorchen, als er am Dienstag | |
seine Bundespartei aufrief, eine Große Koalition nur als „allerletzte | |
Möglichkeit“ ins Auge zu fassen. Sie solle Mut zeigen und es mit den Grünen | |
probieren: so wie er seit einigen Monaten in der Landesregierung. | |
Eine rechnerische Mehrheit links der Mitte ist kaum vorstellbar. Mit | |
Ausnahme von 2006 war seit 1970 immer die SPÖ stärkste Partei. Daran dürfte | |
sich auch jetzt nichts ändern. Zusammen bilden aber die Parteien rechts der | |
Mitte eine solide Mehrheit. Deswegen liebäugeln ÖVP-Politiker immer wieder | |
damit, die FPÖ ins Boot zu holen und so die ungeliebten Roten | |
auszuschalten. | |
FPÖ-Chef Heinz Christian Strache verzichtet diesmal auf plumpe | |
Fremdenfeindlichkeit und übt sich lieber in christlichen Tugenden. Landauf, | |
landab plakatiert er seinen Aufruf zur Nächstenliebe. Die gilt allerdings | |
nur für Inländer. Obwohl Ausländer-Bashing nicht mehr so zieht wie vor | |
Jahren, dürfte die FPÖ die 20-Prozent-Marke überspringen. | |
Die Kampfansage der Grünen, der FPÖ den dritten Platz abzujagen, hat in | |
erster Linie den Zweck, nach innen zu mobilisieren. Zwar können sie nach | |
den enttäuschenden 10,4 Prozent im Jahr 2008 mit einem schönen Zuwachs auf | |
14 bis 16 Prozent rechnen, doch die Aufwärtsdynamik, die die Grünen dieses | |
Jahr in drei Landesregierungen brachte, ist verpufft. Dazu kommt, dass die | |
Grünen, „Umfrageweltmeister“ am Tag der Wahrheit, immer hinter den | |
Prognosen zurückbleiben. | |
Der FPÖ hilft auch, dass der Milliardär Frank Stronach, ein Magnet für | |
Proteststimmen, sich in den TV-Debatten durch wirre Ansagen, Hilflosigkeit | |
bei Sachthemen und ein Plädoyer für die Todesstrafe so sehr selbst | |
beschädigt hat, dass seine Umfragewerte von 10 auf 6 Prozent gesunken sind. | |
Sollte die neue Partei der Neos, die vor allem bürgerliche Jungwähler | |
anspricht, die Vierprozenthürde schaffen, könnte es sogar passieren, dass | |
die „Große Koalition“ nächste Woche keine Mandatsmehrheit mehr hat. | |
28 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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