# taz.de -- Österreichs Neu-Partei Neos: Pink siegt | |
> Die Überraschung bei der Wahl in Österreich sind die Neos. Die Partei | |
> gibt sich liberal. Doch auch auf Konservative und Grüne wirkt die | |
> Neugründung anziehend. | |
Bild: A bissserl neoliberal, a bisserl linksliberal – und pink eh: Neos-Chef … | |
Vor knapp einem Monat hat sie noch kaum jemand gekannt – am Sonntag haben | |
sie die Vierprozenthürde souverän übersprungen und sitzen künftig mit | |
mindestens neun Abgeordneten im österreichischen Nationalrat. Die Rede ist | |
von den Neos, der neuen liberalen Partei Österreichs. Vor allem ein Mann | |
hat diese Gruppe aus dem Boden gestampft: Matthias Strolz, der vor wenigen | |
Jahren noch für die konservative Volkspartei werkte und erst vor etwas mehr | |
als einem halben Jahr versprengte Unzufriedene um sich zu scharen begann. | |
Im Parteienspektrum sind die Neos programmatisch in der Mitte angesiedelt: | |
rechtsliberal, so ähnlich wie die deutsche FDP, mit etwas mehr Fäden in | |
Richtung eines modernen Christdemokratismus und mit starkem | |
wirtschaftsliberalen Flügel. Dafür sorgt schon das Wahlbündnis, das Strolz | |
gezimmert hat: Er selbst kommt aus dem Milieu liberaler, weltoffener, | |
dissidenter Christdemokraten, hat sich aber mit den Resten des Liberalen | |
Forums zusammengetan, das 1999 aus dem Parlament herausgeflogen ist. | |
Diese jungen Erben der allseits geschätzten Parteigründerin Heide Schmidt | |
darf man sich am besten als smarte neoliberale Wirtschaftsuni-Absolventen | |
vorstellen. Rund um diese beiden Gruppen tummeln sich noch ein paar bunte | |
Freigeister, die bisher als eher grün-affin galten und jetzt bei den Neos | |
mitmachen, wie etwa Österreichs oberster Religionskritiker, der | |
Medienunternehmer Niko Alm. | |
Grob gesagt sind die Neos wirtschaftspolitisch neoliberal und | |
gesellschaftspolitisch gemäßigt linksliberal. Zentralfigur neben Strolz | |
wird wohl der viele hundert Millionen Euro schwere Bauunternehmer Hans | |
Peter Haselsteiner sein, der alle liberalen Gründungsversuche der | |
vergangenen Jahrzehnte finanzierte, in ökonomischen Fragen aber sehr | |
sozial-liberal tickt. | |
## Vom Politikfrust profitiert | |
Der Erfolg der Neos, die noch im August in den Umfragen bloß unter | |
„Sonstige“ rangierten, erklärt sich aber aus dem verallgemeinerten Frust an | |
der österreichischen Politik: Sie gewannen Christdemokraten, die mit der | |
provinziell-verstunkenen Volkspartei ÖVP nichts mehr anfangen können, aber | |
auch städtische Bobos, die bisher grün gewählt haben. Dazu kamen auch noch | |
politisch eher Indifferente, die angesichts der Selbstblockade des | |
politischen Systems einfach mal „etwas Neues“ gewählt haben. Die Neos | |
vermarkteten sich als „jung“, „unideologisch“ und „lösungsorientiert… | |
gerade das zog. | |
Damit kosteten die Neos einerseits die Grünen Stimmen, langfristig sind sie | |
aber vor allem für die Volkspartei ÖVP eine Gefahr. Für die urbanen | |
bürgerlichen Milieus ist die konservative ÖVP, die – anders als die CDU in | |
Deutschland – mental noch in den fünfziger Jahren des vergangenen | |
Jahrhunderts stecken geblieben ist, praktisch unwählbar geworden. | |
Aufgeklärte Konservative, die die ÖVP höchstens trotz ihrer Performance | |
gewählt haben, haben künftig eine Alternative – vorausgesetzt, die neue | |
Partei verhakt sich nicht in Richtungskämpfe und Unprofessionalitäten, wie | |
man das bei frisch zusammengewürfelten Parlamentsfraktionen freilich nie | |
ausschließen kann. Der persönliche Stil des energetischen, stets | |
überdrehten Parteigründers Strolz wird die Sache möglicherweise nicht | |
einfacher machen. Als kompromissfähigen Moderator und Dompteur eines | |
Flohzirkus kann man sich den ob der Parteifarben „Pinkman“ genannten | |
Parteiführer nur schlecht vorstellen. Dem politischen System in Österreich | |
tut eine bürgerlich-liberale Oppositionspartei aber eher gut. | |
30 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Robert Misik | |
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