# taz.de -- Korruption und Politik in Österreich: Eine äußerst schmierige Sa… | |
> Über Scheinrechnungen hat die konservative ÖVP sechsstellige Beträge | |
> ergaunert. Das Verhalten fällt ihr jetzt im Wahlkampf auf die Füße. | |
Bild: Unverfängliche oder doch eher entlarvende Wahlwerbung der ÖVP? | |
WIEN taz | Die Hüttengaudi ging gründlich in die Hosen. Mit einer | |
Fraktionsklausur auf der Schladminger Schafalm wollte die Österreichische | |
Volkspartei (ÖVP) letzte Woche ihre eigenen Leute auf die Zielgerade im | |
Wahlkampf einstimmen. Da platzte eine Vorausmeldung des Magazins News in | |
die volkstümliche Veranstaltung: Die ÖVP soll zwischen 2003 und 2008 über | |
Scheinrechnungen sechsstellige Beträge für ihre Wahlkämpfe ergaunert haben. | |
Quelle für die Enthüllungen ist ein Gerichtsgutachten, das anlässlich des | |
Prozesses gegen den Lobbyisten Peter Hochegger erstellt worden war. Es | |
zeichnet detailliert nach, wie über ein Geflecht von Agenturen und | |
Scheinrechnungen Gelder für den Wahlkampf der Konservativen abgezweigt | |
worden sein sollen. Hochegger hatte vor Gericht ausgesagt, dass Gelder | |
seiner Agentur Valora an die Agentur Mediaselect geflossen seien, die einen | |
eigenen „Topf ÖVP“ geführt habe. Der wurde von den Ermittlern auf | |
sichergestellten Festplatten entdeckt. | |
Neben 190.000 Euro von der teilstaatlichen Telekom, die unter der von | |
Wolfgang Schüssel geführten ÖVP-FPÖ-Regierung als Melkkuh für die | |
Regierungsparteien herhalten musste, wurden Zahlungen über 73.000 von den | |
Lotterien und 50.000,40 Euro von der oberösterreichischen | |
Raiffeisenlandesbank registriert. Letzterer Betrag dürfte die höchste | |
Einzelüberweisung gewesen sein. Das ist deswegen bedeutsam weil die | |
Verjährungsgrenze bei 50.000 Euro liegt. Die 40 Cent machen jetzt für die | |
Justiz den entscheidenden Unterschied. | |
Vizekanzler und Parteichef Michael Spindelegger schickte zunächst seinen | |
Generalsekretär Hannes Rauch vor, der das Problem mit der Bemerkung, an den | |
Vorwürfen sei nichts Neues, vom Tisch zu wischen versuchte. Er bestritt | |
zwar die Zahlungen nicht, wollte aber nichts Strafbares erkennen. Außerdem | |
sei auch die SPÖ verstrickt. Tatsächlich wurden auch – wenngleich weit | |
geringere – Zahlungen an den SPÖ-nahen Echo Verlag überwiesen, wie | |
Hochegger bereitwillig zugibt. SPÖ-Telekom-Sprecher Kurt Gartlehner soll | |
laut Gutachten 127.200 Euro erhalten haben. | |
Für die ÖVP, die vier Wochen vor den Nationalsratswahlen vom 29. September | |
in allen Umfragen deutlich hinter der Kanzlerpartei liegt, kommt der | |
Skandal zum denkbar ungünstigsten Moment. Denn Spindelegger versucht sich | |
als besserer Regierungschef zu profilieren. | |
## Korruptionsfälle in mehreren Parteien | |
Bisher waren die Korruptionsskandale vor allem an der FPÖ und der | |
Haider-Partei BZÖ hängen geblieben. Der ehemalige FPÖ-Werber Gernot Rumpold | |
wurde Anfang August im sogenannten „Telekom III“-Prozess wegen Untreue – | |
noch nicht rechtskräftig – zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe | |
verurteilt. Er soll eine verdeckte Parteispende von 600.000 Euro an die FPÖ | |
kanalisiert haben. 960.000 soll die Telekom an das BZÖ gezahlt haben. | |
Weitere Strafprozesse gegen Personal der ehemaligen Regierung sind | |
anhängig. | |
Peter Hochegger fungierte während der schwarz-blauen Regierung (2000–2007) | |
als Kontaktmann zwischen Wirtschaft und Politik. Das Magazin profil | |
berichtete, „wie der Lobbyist Telekom-Millionen im ganzen Land verteilte: | |
an Politiker, Parteien, Günstlinge – und an sich selbst“. Er war so | |
glänzend im Geschäft, dass er von 2005 bis 2008 für 5.700 Euro monatlich in | |
einer Suite des Wiener Hotels Intercontinental residierte. Jetzt dürfte er | |
wohl in der Zelle landen. | |
2 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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