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# taz.de -- WM-Alptraum Katar: Das irre Votum
> Sklaverei, Korruption, Homophobie: Seit die Fifa die Fussball-WM 2022 in
> das Emirat Katar vergeben hat, folgt ein Problem auf das andere.
Bild: Im Schatten der Scheichs: Fifa-Boss Sepp Blatter ist das Projekt Katar vo…
Der Internationale Fußballverband ist also „besorgt“. Die Sklaverei in
Katar, die Dutzende Stadionbauarbeiter aus Ostasien in diesem Sommer das
Leben gekostet hat, soll auch von der Ethikkommission der [1][Fifa]
untersucht werden. Das hat Theo Zwanziger vorgeschlagen, das deutsche
Mitglied in der Exekutive des Weltverbands.
Wie praktisch ist es da doch, dass die Ethikkommission sich ohnehin schon
mit der WM 2022 in Katar beschäftigt. Michael Garcia, ein ehemaliger
FBI-Ermittler, soll für die Moralinstitution der Fifa herausbekommen, ob
bei der Vergabe der WM an das Emirat am Persischen Golf alles mit rechten
Dingen zugegangen ist oder ob sich nicht doch der ein oder andere
Fifa-Regent aus dem Exekutivkomitee hat bestechen lassen. Die
Untersuchungen waren nötig geworden, weil das Votum für den Zwergstaat
einfach zu absurd anmutete.
Es war ein regelrechter Schock, als Fifa-Boss Sepp Blatter am 2. Dezember
2010 in der Zürcher Fifa-Zentrale verkündete, dass Katar tatsächlich eine
Fußball-WM austragen darf. Was soll das, fragten sich nicht nur die
trinkfreudigen Fans aus den traditionellen Fußballnationen Europas, die
sich nicht vorstellen können, zu einem Turnier in ein Land zu reisen, in
dem ein striktes Alkoholverbot herrscht.
Sind wir willkommen? Das fragten sich auch homosexuelle Sportliebhaber, die
um Länder wie Katar normalerweise einen großen Bogen machen.
Gleichgeschlechtliche Liebe ist im Emirat verboten. Wer sich nicht daran
hält, wird ausgepeitscht und muss ins Gefängnis.
Darauf angesprochen, antwortete Blatter unmittelbar nach der WM-Vergabe:
„Ich denke, dann sollten sie jegliche sexuelle Aktivität unterlassen.“ Er
erntete Lacher unter den versammelten Journalisten und lachte selbst mit.
Für ihn ist die homophobe Gesetzgebung in Katar nur ein nerviges
Miniproblem.
## Beratung über zeitliche Verschiebung
Dass die wahren Probleme woanders liegen, das wusste der Fifa-Boss von
Anfang an, auch wenn es dieser Tage so scheint, als habe die Fifa erst vor
kurzem erfahren, dass die Sommer am Persischen Golf doch recht heiß werden
können.
Katar hatte in seiner Bewerbung den Bau vollklimatisierter Stadien
versprochen. Schnell war klar, dass sich die schönen Pläne von
klimaneutralen heruntergekühlten Arenen technisch doch nicht so einfach
verwirklichen lassen. Die große Klimadebatte begann, als Michel Platini,
der Präsident der Europäischen Fußballunion [2][Uefa], immer vehementer auf
eine Verlegung des WM-Turniers in den Winter drängte. Über eine Verlegung
wird auf der [3][Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees] am kommenden Donnerstag
und Freitag in Zürich beraten.
Unter Tagesordnungspunkt 25 geht es um den „Zeitpunkt des Wettbewerbs“.
Eine muntere Diskussion dürfte das werden. Fifa-Präsident Blatter würde
gerne vor Weihnachten den Weltmeister küren, Michel Platini schwebt ein
Termin im Januar vor, während die Katarer den Termin gerne im Sommer
belassen würden. Derweil hat der Australische Fußballverband FFA, der sich
ebenfalls für die WM 2022 beworben hatte, angekündigt, die Fifa auf 43
Millionen Dollar Schadenersatz zu verklagen, wenn das Turnier in den Winter
verlegt wird. Ausgeschrieben gewesen sei schließlich eine WM im
traditionellen Zeitraum vom Juni bis Juli.
## Korruption und politische Einflussnahme
Relativ neu ist der Terminvorschlag, den der Vorstandsvorsitzende der FC
Bayern München AG, Karl-Heinz Rummenigge, als Vorsitzender der ECA, einer
Interessenvertetung der 103 besten europäischen Klubs, gemacht hat. Er hält
einen Termin im April vor allem deshalb für ideal, weil dann die
Terminkalender der Ligen in Europa nicht vollkommen umgestellt werden,
sondern nur ein wenig verschoben werden müssten.
Wer ihm diese Idee eingeflüstert hat, darüber wird spekuliert, seit
Rummenigge dabei erwischt wurde, wie er nach einer Inspektionsreise zu
WM-Projekten in Katar zwei sauteure Rolex-Uhren am Zoll vorbei nach
Deutschland schmuggeln wollte. Rummenigge sagt, er habe die Uhren von einem
Freund in Katar geschenkt bekommen.
Wer dieser Freund ist und ob er mit der WM 2022 etwas zu tun hat, hat
Rummenigge bis dato nicht verraten. Und so muss er nun damit leben, dass
das Uhrenpräsent in all die Geschichten vom Schenken und Beschenkenlassen
eingeordnet wird, die die WM-Vergabe in einem so finsteren Licht erscheinen
lässt.
Doch es wird nicht nur von Korruption gesprochen, wenn es um das Votum für
Katar geht. „Qatargate“ nannte das französische Fachmagazin [4][France
Football] im Januar eine Titelgeschichte, in der sie die Geschichte der
politischen Einflussnahme auf das Votum für das Emirat nachgezeichnet hat.
## Hatte Sarkozy Finger im Spiel?
Der damalige Staatspräsident Nicolas Sarkozy soll dabei Michel Platini im
Interesse der französischen Wirtschaft regelrecht umgebogen haben. War
Platini zuvor noch für den WM-Bewerber USA, hatte er nach einer Einladung
in den Élysée-Palast plötzlich sein Herz für die Katarer entdeckt, deren
Sportkonzern Qatar Sports Investment kurz nach der WM-Vergabe seinen Sohn
Laurent als Mitarbeiter angeheuert hat.
In einem Gespräch mit der Wochenzeitung Die Zeit hat Sepp Blatter nun vor
ein paar Wochen auch von politischer Einflussnahme gesprochen,
wahrscheinlich auch, um gegen die immerwährenden Korruptionsvorwürfe gegen
die Entscheider in seinem Verband abzulenken. Das nimmt der Einlassung
indes nichts von ihrer Brisanz.
Es ist nicht allein der Fußball, der sich den reichen Katarern an den Hals
wirft. Und die Sklavenhaltergesellschaft, die sich am Golf hat entwickeln
dürfen, ist nicht allein das Werk von Sepp Blatter. Der hat übrigens damals
nicht für Katar gestimmt.
30 Sep 2013
## LINKS
[1] http://www.fifa.com/aboutfifa/index.html
[2] http://www.uefa.com/
[3] http://www.fifa.com/mm/document/affederation/bodies/02/17/94/91/13920_excoo…
[4] http://www.francefootball.fr/
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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