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# taz.de -- Wolfgang Niersbach: Aktivist im Dienst der Freundschaft
> Der DFB-Chef setzt sich mit Gewerkschaften für die Rechte der Arbeiter in
> Katar ein. Dafür muss Niersbach aber 24 Fifa-Herrscher anbaggern.
Bild: Theo Zwanziger (l.) weiß, wie das Exekutiv-Komitee tickt. Wolfgang Niers…
Es ist eine bemerkenswerte Zusammenarbeit. Wolfgang Niersbach, der
Präsident des Deutschen Fußballbundes, will sich gemeinsam mit Michael
Sommer, dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, dafür
einsetzen, dass die Arbeitsbedingungen auf den Baustellen für die
Fußball-WM 2022 in Katar verbessert werden.
Während Niersbach versprochen hat, sich an alle 24 Mitglieder des
Exekutivkomitees des internationalen Fußballverbands Fifa zu wenden, um für
sein Anliegen zu werben, will Sommer die Gewerkschaftschefs der Länder
bearbeiten, aus denen die Mitglieder der Exekutive kommen. Ziel ist es, die
von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) formulierten
Mindeststandards für die Arbeiter in Katar sicherzustellen. Berichte über
versklavte Arbeiter, die sich für ihre schlecht zahlenden Besitzer zu Tode
arbeiten müssen, hatten nicht nur die Fußballwelt aufgeschreckt.
Niersbach, der die WM in Katar vor einer Woche als „Belastung für den
Fußball“ bezeichnet hatte, wird also zum Aktivisten für die Einhaltung von
Menschenrechtsstandards. Sollte seine Initiative zum Erfolg führen, er
könnte sich als Retter der Idee feiern lassen, eine Fußball-WM in einem
autokratisch geführten Mini-Emirat im Nahen Osten durchzuführen.
Danken wird ihm dies vor allem Michel Platini, der Boss der Europäischen
Fußallunion Uefa, dessen Begeisterung für das katarische Fußballexperiment
keine Grenzen kennt. Ob es Niersbach gelingen wird, ausgerechnet die
Mitglieder der Fifa-Exekutive, deren Mehrheit sich für Katar als
WM-Ausrichter entschieden hat, dazu zu bringen, sich für die berechtigten
Anliegen von Bauarbeitern zu engagieren, darf getrost bezweifelt werden.
## Baggern bei Theo Zwanziger
Wie schwierig es ist, die Fifa-Regenten für Reformideen zu begeistern,
erläuterte am Mittwoch Mark Pieth auf der Konferenz „Play the Game“ in
Aarhus, auf der über Doping, Spielmanipulation und Korruption im Sport
diskutiert wurde. Der Schweizer Jurist, der von Fifa-Boss Sepp Blatter
angeheuert wurde, um den Verband organisatorisch zu reformieren – was nur
in Ansätzen gelungen ist –, berichtete von den Widerständen in der
Exekutive. Um die zu spüren, müsse man gar nicht weit reisen. „In Südeuropa
gibt es fantastische Fußballnationen. Aber von einer Reform sind sie alles
andere als begeistert“, sagte er in Aarhus.
Einer der 24 Fifa-Herrscher, die Niersbach anbaggern muss, ist Theo
Zwanziger, sein Amtsvorgänger als DFB-Chef. Der weiß, wie das
Exekutiv-Komitee tickt. „Der beachtliche, größere Teil der Mitglieder sagt:
Wir machen Fußball, Menschenrechte sind die Sache der Staaten und
Menschenrechtsorganisationen“, meinte er kürzlich und wünscht sich, dass
die Fifa über „Mitarbeiter vor Ort mit Menschenrechtsorganisationen
zusammenarbeitet“. Dass es die jemals geben wird, kann er sich selbst nicht
vorstellen, zu viele „Hardliner“ gebe es in der Fifa.
## „Die Welt kann mit einer fantastischen WM rechnen“
Beim Thema Katar verfolgt Zwanziger ohnehin seine eigene Agenda. Er ist
wohl überzeugt davon, dass es bei der WM-Vergabe nicht mit rechten Dingen
zugegangen ist, und wartet den Bericht der Fifa-Ethikkommission zu diesem
Thema ab. Sollten sich Vorwürfe erhärten, nach denen Katar die WM gekauft
habe, dann wäre Zwanziger für eine Neuvergabe des Turniers.
Ein Horrorszenario für Fußballlenker wie Niersbachs Freund Michel Platini
oder Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Die Welt kann
mit einer fantastischen WM in Katar rechnen“, sagte der noch im Februar
nach einer Reise in das Emirat.
31 Oct 2013
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Fifa
Katar
Fußball-WM
Wolfgang Niersbach
Theo Zwanziger
Fußball
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
FC Bayern München
Deutscher Fußballbund (DFB)
Fifa
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Fifa
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