| # taz.de -- Wahlkampf im Weltfußball: Kreativer Verkäufer | |
| > Uefa-Boss Michel Platini verstört die Fußballgemeinde mit immer neuen | |
| > Reformvorschlägen. Sein Ziel ist die totale Vermarktung des | |
| > Länderspielbetriebs. | |
| Bild: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“ (Helmut Schmidt) | |
| Michel Platini hat schon wieder eine Idee. Der Präsident der Europäischen | |
| Fußballunion Uefa inszeniert sich – abgesehen von seiner | |
| Technikfeindlichkeit in der Torüberwachung – als Dauerreformator. Seine | |
| jüngste Idee: die Fußballweltmeisterschaft soll schon ab 2018 mit 40 statt | |
| 32 Teams ausgespielt werden. | |
| Platini reagiert damit auf Vorschläge von Sepp Blatter, der sich dafür | |
| ausgesprochen hatte, mehr afrikanische und asiatische Teams zur WM | |
| zuzulassen und dafür das Kontingent der Teilnehmer aus Europa zu | |
| verringern. Platini setzte sich nun ebenfalls als Freund des asiatischen | |
| und afrikanischen Fußballs in Szene. Asien, Afrika und Amerika sollen | |
| jeweils zwei Mannschaften mehr zu einem WM-Turnier entsenden dürfen. | |
| Ozeanien und Europa dürfen je ein Team mehr schicken. | |
| Es ist Wahlkampfzeit im Weltfußball. 2015 wird ein neuer Fifa-Präsident | |
| gewählt. Während Sepp Blatter für sich oder einen von ihm auserkorenen | |
| Nachfolger in Asien und Afrika Punkte sammeln will, macht Michel Platini, | |
| der das Amt des Weltfußballführers ebenfalls anstrebt, allen | |
| Kontinentalverbänden schon jetzt Wahlversprechen. An die Spitze der Uefa | |
| ist er einst gekommen, indem er den kleineren Nationalverbänden in Europa | |
| mehr Chancen auf Teilhabe versprochen hat. Das Ergebnis ist ein | |
| aufgeblähtes Europameisterschaftsturnier mit 24 statt 16 Teilnehmern. | |
| Doch es sind nicht allein die sportpolitischen Ambitionen allein, wegen | |
| derer Platini immer neue Reformvorschläge formuliert. Es geht ums Geschäft. | |
| Vor einem Jahr hat die Uefa begonnen, ihre Übertragungsrechte an EM- und | |
| WM-Qualifikationsspielen über eine am Uefa-Sitz in Nyon angesiedelte neue | |
| Rechte-Agentur namens CAA Eleven zentral zu vermarkten. Seitdem werden | |
| immer neue Ideen formuliert, wie der Länderspielfußball in Europa neu zu | |
| organisieren ist. | |
| ## Argentinien zur EM? | |
| Bei Platinis Vorschlag, auch Mannschaften aus Südamerika bei | |
| Europameisterschaften mitspielen zu lassen, mag es sich einerseits um eine | |
| Breitseite gegen die Fifa gehandelt haben, um einen Angriff auf die | |
| Wertigkeit der Fußball-WM. Auf der anderen Seite geht es dabei um die | |
| Erschließung des südamerikanischen TV-Marktes durch den neu geschaffenen | |
| Rechteriesen CAA Eleven, in dessen Führungsgremien auch Vertreter der Uefa | |
| sitzen. Das Meisterwerk der Uefa in Sachen Vermarktung ist gewiss die | |
| Champions League. Deren Vermarktungserfolge sollen nun auf den | |
| Länderspielfußball übertragen werden. | |
| Die jüngste Idee in dieser Hinsicht ist eine Nationenliga, eine Art | |
| Champions League für Nationalmannschaften. Die soll an den Tagen | |
| ausgespielt werden, an denen bislang im Fifa-Rahmenkalender | |
| Freundschaftsspiele vorgesehen waren. Sogar über eine | |
| Spielklasseneinteilung soll beim Treffen der Uefa-Exekutive in Dubrovnik im | |
| September gesprochen worden sein. Neun Spielklassen soll es geben. | |
| In der höchsten sollen Spanien, Deutschland, die Niederlande, Italien, | |
| England und Portugal kicken, in der niedrigsten Liechtenstein, die Färöer | |
| Inseln, Malta, Andorra, San Marino und das neue Uefa-Mitglied Gibraltar. | |
| Natürlich soll der Wettbewerb zentral vermarktet werden, so dass der | |
| Siegernation eine üppige Prämie gezahlt werden kann. | |
| Mit diesem neuen Wettbewerb könnte auch der Abwertung der EM-Qualifikation | |
| etwas entgegengesetzt werden. Die verliert gewiss an sportlichem Wert, wenn | |
| 54 Mannschaften um 24 EM-Plätze spielen. Die großen Fußballnationen werden | |
| sich dieser Idee indes nur anschließen, wenn genügend Euros fließen. | |
| Lukrative Testspiele mit Mannschaften aus Südamerika wären dann nicht mehr | |
| möglich. | |
| ## Kein Tag ohne | |
| Doch bei der Uefa wird nicht nur am Modus oder der Erschaffung von | |
| Wettbewerben gearbeitet, auch die Präsentation für das TV-Publikum soll | |
| sich ändern. Bald soll es die erste „Week of Football“ geben. Mit der | |
| Qualifikation für die EM 2016 in Frankreich werden von Donnerstag bis | |
| Dienstag Länderspiele stattfinden. Ein Team spielt entweder am Donnerstag | |
| und am Sonntag oder am Freitag und Montag oder am Samstag und Dienstag. | |
| Damit möglichst viele Spiele der großen Nationalmannschaften über die Woche | |
| verteilt werden können, wurde die bislang übliche Pause zwischen zwei | |
| Länderspielen von drei auf zwei Tage reduziert. Uefa-Generalsekretär Gianni | |
| Infantino war ganz begeistert, als vor zwei Jahren alle 53 | |
| Uefa-Mitgliedsverbände der Neuerung zugestimmt hatten, und verhehlte nicht, | |
| dass es ums Geschäft geht: „Das ist ein wichtiger Schritt, den | |
| Nationalmannschaftsfußball voranzubringen.“ | |
| Auf ihrer Website frohlockt die Uefa darüber, dass „langjährige | |
| Uefa-Übertragungspartner sowie neue Kanäle den Wert der Woche des Fußballs | |
| erkannt haben, welche den Sendern deutlich mehr | |
| Live-Übertragungsmöglichkeiten anbietet“, und listet die Sender auf, mit | |
| denen bereits Verträge abgeschlossen werden konnten. | |
| 28 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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