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# taz.de -- Homophobie an Schulen: Wenn Hausaufgaben zu schwul sind
> Schwule und Lesben treffen an deutschen Schulen häufig auf Ablehnung. Die
> Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert jetzt Gegenstrategien.
Bild: Flagge zeigen gegen Homophobie: nicht überall so einfach wie hier beim C…
BERLIN taz | Als ein Schüler in seiner zweiten Unterrichtsstunde homophobe
Bemerkungen machte, stellte Alexander Lotz ihn zur Rede und sagte, dass er
sich davon persönlich getroffen fühle. Seit diesem Outing wird der
30-jährige Lehrer am Goethe-Gymnasium in Frankfurt am Main von manchen
angefeindet, Beschimpfungen wie „schwule Sau“ tönen ihm auf dem Schulflur
nach. Schule, das ist für Lotz ein homophober Ort.
Nicht nur für ihn. Denn Homophobie ist an deutschen Schulen weit
verbreitet. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht der
Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes, der kürzlich in Berlin
vorgelegt wurde. Nicht nur, dass „schwul“, „Schwuchtel“ oder „Lesbe�…
vielen Pausenhöfen als Schimpfwörter gelten. Sogar ein Drittel der
Lehrerinnen und Lehrer mache sich über Homosexualität lustig, heißt es da.
Eine Erfahrung, die auch Alexander Lotz gemacht hat. Aus seinem
Kollegenkreis habe er anfangs jedenfalls kaum Unterstützung erhalten, denn:
„Auch sie hatten teilweise Vorbehalte“, glaubt er. Viele hätten ihm selbst
die Schuld an seinen Problemen gegeben, nach dem Motto: Wenn er sich schon
oute, dann müsse er auch mit den Konsequenzen klarkommen. Inzwischen habe
er mehr Rückhalt erfahren.
Viele würden aber gar nicht merken, dass sie selbst homophob denken, so
Lotz. Einige raten betroffenen Kolleginnen oder Kollegen, sich nicht zu
outen, um keine Schwierigkeiten zu bekommen – anstatt sie darin zu
bestärken, offen mit dem Thema umzugehen. Das grundsätzliche Problem der
Diskriminierung würden sie kaum reflektieren.
## Zuviel Stereotype in Schulbüchern
Dabei zeigen schon nebenbei dahergesagte Sätze, dass viele Jugendliche
Homosexualität negativ sehen. „Wenn die Schüler etwas doof finden, zum
Beispiel Hausaufgaben, dann bezeichnen sie das als schwul“, berichtet Lotz.
Für ihn ist klar: Wenn Homosexualität in der Schule nicht sichtbar wird,
kann sich daran auch nichts ändern. Das Thema werde tabuisiert.
Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt in ihrem Bericht jetzt
zu dem Schluss, dass sich die Mehrzahl der Bildungseinrichtungen in
Deutschland im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensweisen noch immer
schwer tue. Viele Lehrkräfte würden selbst homophobe Einstellungen
reproduzieren, und in den Schulbüchern würden zu viele Stereotype von
Partnerschaft und Familie vermittelt. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften
oder vielfältige Formen von Familie kämen kaum vor.
„Schule als System denkt heteronormativ“, findet auch Alexander Lotz.
„Mutter, Vater, Kind – das ist noch immer die Norm“, hat der Lehrer für
Biologie und Chemie festgestellt. Homosexualität werde, wenn überhaupt, nur
als Randaspekt diskutiert. In Hessen zum Beispiel sei sie zwar Teil des
Lehrplans – „aber nur in den Fächern Biologie, Ethik und Religion“. Das
gehe an den Lebensrealitäten vieler Jugendlicher vorbei, meint Lotz.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mahnt jetzt dringend mehr
Schulkonzepte gegen eine Benachteiligung homosexueller Menschen an. Die
seien bisher eine absolute Ausnahme und würden nur selten umgesetzt, heißt
es in dem Bericht. Dabei habe das fatale Folgen: Denn wenn SchülerInnen
ständig diskriminiert werden, verringert sich ihr Selbstwertgefühl, und
auch ihre Leistungen verschlechtern sich.
Die Schulgesetze der Länder bieten Betroffenen rechtlich nur wenig Schutz
vor Diskriminierung. Nicht definiert ist, wohin sich Betroffene wenden
können. Deshalb fordert die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes,
Christine Lüders, unabhängige Beschwerdestellen für Schulen. „Die brauchen
wir unbedingt“, stimmt Alexander Lotz zu.
30 Sep 2013
## AUTOREN
Laura Esslinger
## TAGS
Diskriminierung
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Bildung
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