# taz.de -- „Brauseboy“ über bizarre Anfragen: „In höflichem Stil geant… | |
> Die Lesebühnenautoren „Brauseboys“ sollten auf einer Hochzeit lesen – | |
> aber nur, wenn sie nicht schwul sind. „Brauseboy“ Heiko Werning über | |
> Komik und Homophobie. | |
Bild: Zu schwul für die deutsch-türkische Hochzeit. | |
taz: Die Lesebühne „Brauseboys“ wurde eingeladen auf einer Hochzeitsfeier | |
aufzutreten. Ihr habt aber abgesagt und den Schriftverkehr auf Facebook | |
veröffentlicht. Was war denn da los? | |
Heiko Werning: Also die Anfrage kam offensichtlich von der Mutter der | |
Braut, eine Deutsche vom Namen her – wahrscheinlich Berliner Ureinwohnerin. | |
Sie hat geschrieben, dass sie sich sehr freuen würde, wenn wir auf der | |
Hochzeitsfeier lesen, aber nur solange das Gerücht nicht stimme, dass | |
einige der Brauseboys schwul seien. Sie begründete das in der Anfrage | |
damit, dass der Bräutigam Türke sei, im Wedding aufgewachsen, und dass eben | |
auch viele Türken anwesend seien auf der Hochzeit und das ginge dann leider | |
nicht. | |
Hat das etwas mit eurem Putin-Plakat zu tun? | |
Ich vermute ja, dass diese Anfrage daher kommt. Wir weisen auf unserem | |
jüngsten Plakat recht deutlich auf die Schwulendiskriminierung in Russland | |
hin. Aber wir sind keine explizit schwule Lesebühne. Wir sind einfach eine | |
Lesebühne, wo einige der Beteiligten schwul sind. Das finde ich auch eine | |
eigenartige Form von Diskriminierung, dass nur weil da eben Leute schwul | |
sind, alle denken es sei eine schwule Lesebühne. Wahrscheinlich hat die uns | |
im Fernsehen gesehen, gedacht das ist ganz witzig, hat dann auf die | |
Homepage geguckt, das Plakat gesehen und vor Schreck sofort Bedenken | |
gekriegt. So erklär ich mir diese bizarre Anfrage. | |
Wie sah denn eure Antwort aus? | |
Der Kollege Paul Bokowski hat [1][dann für uns in höflichem Stil | |
geantwortet], dass wir uns ja einerseits sehr darüber freuen, dass hier | |
offensichtlich die Toleranz ausreicht um eine Liebe zwischen den | |
unterschiedlichen Herkünften zu stützen, aber dass wir uns die gleiche | |
Toleranz auch gegenüber unterschiedlichen sexuellen Ausrichtungen wünschen | |
würden. Und er wies darauf hin, dass es vielleicht auch ein etwas abwegiges | |
Vorurteil ist sämtlichen Türken zu unterstellen, dass sie homophob seien. | |
Warum habt ihr überhaupt darauf geantwortet? | |
Weil wir schon finden, dass klar sein sollte, dass das nichts ist worüber | |
man einfach so hinweggehen kann. Also das ist ja schon ein deutliches | |
Statement – jetzt auch unsererseits – und ja, ich finde nicht, dass man | |
sowas einfach weglächeln kann. Hier geht es um einen klaren Fall von | |
homophober Diskriminierung. | |
Ihr seid ja alle Wedding-Experten. In der Anfrage schreibt die Brautmutter, | |
dass die Hochzeit ihrer Tochter ein besonderer Anlass wäre, unter anderem, | |
weil der Bräutigam ein Türke aus dem Wedding sei. Das hört sich an als wäre | |
das so selten wie eine Sonnenfinsternis. Ist das denn so? | |
Nein, ich glaube nicht. Natürlich sind das oft noch getrennte Welten, aber | |
eben oft auch nicht. Also das ist erheblich vielfältiger als viele sich das | |
vorstellen. Ich unterstelle da auch erstmal weniger böse Absicht, als | |
Naivität – also eine Mutter, die eben mit gemischten Gefühlen darauf | |
schaut, was ihr Töchterchen da angestellt hat. Erst einen Türken und dann | |
auch noch Schwule! Das wär dann vielleicht auch bisschen viel. | |
Also gut gemeint, aber schlecht gemacht? | |
Da stecken natürlich schon die latenten Vorurteile dahinter, die in | |
Deutschland einfach flächendeckend vorhanden sind. Die Anfrage sagt ja | |
letztlich nichts über Türken aus, sondern eher was über die Gedankenwelt | |
eines bestimmten Teiles der deutschen Bevölkerung. | |
9 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.facebook.com/brauseboys/posts/10200984223838932?stream_ref=10 | |
## AUTOREN | |
Saskia Hödl | |
## TAGS | |
Homophobie | |
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten | |
Diskriminierung | |
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