# taz.de -- Zu Besuch im Hörspielstudio: Ein halbes Auto wäre gut | |
> In „Deadwood“ gibt es keine Gesetze, nur das Recht des Stärkeren. Auch | |
> Hörspiele haben keine Richtlinien, solange der Zuhörer mitkommt. | |
Bild: Cowboyklischees? „Deadwood“ benutzt Klischees der Geräusche. | |
Wild Bill Hickoks ist Frauenschwarm, Revolverheld und hat Probleme beim | |
Pinkeln. Im Hörspiel „Deadwood“, nach dem Roman von Pete Dexter, zieht er | |
mit seinem besten Freund Charley Utter in das Städtchen „Deadwood“, um nach | |
Gold zu schürfen. | |
Leonhard Koppelmann sitzt im Studio des Deutschlandfunks. Rund 200 | |
Hörspiele produzierte der Regisseur mit der gelbgläsernen Brille bereits. | |
„Töne neu zu montieren ist der große Spaß“, sagt Koppelmann. Pete Dexters | |
Roman habe er jedoch nur verdichtet, die Dialoge bleiben erhalten, so | |
Koppelmann, der die rund 600 Seiten des Deadwood-Romans zu zwei Hörspielen | |
mit je 89 Minuten geformt hat. | |
Im Aufnahmeraum des Studios stehen ein Tisch, Stühle – und eine Treppe ist | |
aufgebaut. Den Raum nutzt er für Saloonszenen, die Requisiten verwendet | |
Koppelmann für „Deadwood“ jedoch kaum. „Oft ist es das Klischee des | |
Geräusches, was der Zuhörer erkennt, nicht der reale Ton“, so Koppelmann. | |
Viele Szenen der Geschichte spielen in der Natur. Koppelmann hat deshalb | |
allein 14 verschiedene Versionen von Zikaden- und Hauschreckenzirpen für | |
unterschiedliche Tageszeiten und Landschaften aus Filmbibliotheken, die er | |
den Dialogen untermischt. | |
## Sand, Holz und Kiesel unter Filz | |
Im „reflexionsarmen Raum“ nebenan verschwinden alle Schallwellen in den | |
dicken Filzwänden des Studios. Das Mirko nimmt nur den Klang der Stimme | |
auf. Der Filzfußboden lässt sich zusammenlegen. Darunter liegen Sand, Holz | |
oder Kiesel. „Ein halbes Auto würde ich mir wünschen“, sagt Koppelmann. | |
Nicht für „Deadwood“, aber für andere Produktionen wäre das sehr sinnvol… | |
sagt auch der Tontechniker. | |
Koppelmann produziert keinen typischen Western. Ähnlich wie die Filme | |
„Broke Back Mountain“ oder Tarantinos „Django Unchained“ bricht Koppelm… | |
den Roman auf. Auch wenn die Geschichte im Jahr 1876 spielt, beschreibe sie | |
die aktuelle Welt, sagt der Regisseur. | |
„Wir setzten die Handlung in ein exotisches Setting, um gesellschaftliche | |
Funktionen genauer zu betrachten.“ „Deadwood“ zeigt eine | |
frühkapitalistische Gesellschaft, die extrem ungeregelt ist. „Ich glaube, | |
tatsächlich hat sich da wenig geändert“, so Koppelmann. | |
Die Frauen in „Deadwood“ verehren Wild Bill, die Männer beneiden den | |
39-Jährigen. Wild Bill jedoch fühlt sich alt und krank. Der Held stellt | |
fest, wie schnell sich die Welt um ihn herum ändert, hat aber keine | |
Möglichkeit darauf zu reagieren. „Bald gibt es Eisenbahnen, klassische | |
Städte und die Gesellschaft wird auf der Basis der Verfassung stehen,“ | |
analysiert Koppelmann. Die heimliche Hauptfigur sei deshalb sein Begleiter | |
Charley Utter. Zivilisiert und feinfühlig führt er durch die Handlung, auch | |
nach dem Tod seines Freundes Wild Bill. | |
## 20 Schauspieler sprechen | |
Die vielen Erzählstränge dominieren das Stück. 20 Schauspieler sprechen in | |
„Deadwood“. Dabei wurden in der Hörspielversion schon einige Nebenfiguren | |
ausgelassen. Schon „in dem Moment, wo drei Personen miteinander reden, | |
müssen sie sich mit Namen ansprechen“, so Koppelmann, „damit der Zuhörer | |
versteht, wer mit wem spricht“. | |
Schwierig in der Umsetzung sind zudem Actionszenen und Prügelein. Denn der | |
Erzähler beschreibt den Vorgang oft langsamer, als die Aktion in Echtzeit | |
passieren würde. „Das Hörspiel zeigt nicht Menschen in Bewegung, sondern | |
Bewegung im Menschen“, sagt Koppelmann. | |
3 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bednarczyk | |
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