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# taz.de -- Lieberknecht will Angleichung: Rentenstreit und Rentenneid
> Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) fordert die
> Angleichung der Ost-Renten. Doch das könnte auch für Unmut sorgen.
Bild: Die Renten sollte reichen – auch mal für einen Urlaub.
BERLIN taz | Es gibt Themen, die sind so kompliziert, dass Politiker darauf
hoffen können, dass die Öffentlichkeit nicht so genau hinhört und sich mit
einfachen Parolen zufrieden gibt. Ein Beispiel dafür ist der Streit um die
Angleichung von Ost- und Westrenten. Endlich ein „gleiches Rentenrecht“
herzustellen, müsse Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein, sagte
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) in einem
Interview mit der Nachrichtenagentur dpa.
Die „Ostrentenangleichung“ sei das „meistgebrochene Wahlversprechen seit
der Wiedervereinigung“, rügte auch Linken-Parteichef Bernd Riexinger am
Donnerstag in einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung. „Am Ende
dieser Legislaturperiode muss das Prinzip gleiche Rente für gleiche
Lebensleistung gelten.“
Der aktuelle Rentenwert Ost liegt derzeit bei 91,5 Prozent des Westwerts.
Allerdings, und das wird gerne unterschlagen, führt dies keineswegs
automatisch zu geringeren Renten in den neuen Bundesländern. Denn die
Rentenansprüche der Beschäftigten werden im Osten durch einen sogenannten
"Umrechnungsfaktor" aufgewertet.
Dieser Faktor wurde nach der Wiedervereinigung eingeführt und entspricht
dem prozentualen Unterschied zwischen den durchschnittlichen Einkommen im
Westen und Osten. Derzeit beträgt dieser Faktor 17 Prozent. Dies bedeutet,
die Rentenansprüche, beziehungsweise die Entgeltpunkte, werden für
Einzahler im Osten um 17 Prozent aufgewertet.
## Erst auf- dann abwerten
Bei Rentenantritt werden den Ruheständlern dafür dann allerdings niedrigere
Rentenwerte pro Entgeltpunkt zuerkannt, so liegt der West-Rentenwert bei
28,14 Euro, im Osten bei 25,74 Euro. Der niedrigere Ost-Rentenwert wird mit
den geringeren Durchschnittseinkommen begründet. Allerdings, und das ist
der Punkt, werden die niedrigeren Rentenwerte durch die vorausgegangene
Aufwertung der Entgeltpunkte durch den Umrechnungsfaktor derzeit mehr als
ausgeglichen.
Diese Berechnung und die bedingt durch die DDR vergleichsweise lückenlosen
Erwerbsbiographien der Ruheständler in den neuen Bundesländern führen
derzeit dazu, dass Männer in Westdeutschland eine durchschnittliche Rente
von 1005 Euro beziehen, im Osten dagegen 1073 Euro erhalten. Die
westdeutschen Frauen erhalten im Schnitt im Westen 508 Euro (ohne
Witwenrenten) im Osten dagegen 730 Euro.
Die politische Frage ist, ob man mit der Angleichung des Ost- an den
West-Rentenwert auch den Umrechnungsfaktor abschaffen soll oder nicht. Die
Grünen sind für eine Angleichung der Rentenwerte, wollen aber gleichzeitig
auch den Umrechnungsfaktor abschaffen, die Linkspartei will die Rentenwerte
angleichen, aber den Umrechnungsfaktor erstmal beibehalten. Die SPD möchte
eine stufenweise Angleichung der Rentenwerte erreichen.
„Die Lösung wird nicht einfach sein“, sagte der Ministerpräsident von
Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD) der dpa. Denn das
Neidpotential bei diesem Thema ist groß. Als "massiv ungerecht" bezeichnete
kürzlich etwa der Ex-Chef der Rentenversicherung, Franz Ruland, das
derzeitige System der Altersabsicherung, weil Ostdeutsche aufgrund der
komplizierten Rechnungen für den gleichen Lohn mehr Rente bekämen.
Allerdings verfügen RuheständlerInnen in den neuen Bundesländern meist über
keine Betriebsrenten und weniger privates Vermögen.
3 Oct 2013
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Rente
Osten
Christine Lieberknecht
Rente
EU
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Große Koalition
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