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# taz.de -- Altersvorsorge: Einheitsrente kann tückisch sein
> Kanzlerin Merkel sagt die Angleichung der Ostrenten an den Westen zu.
> Ostdeutsche könnten dabei verlieren – wenn der Umrechnungsfaktor
> verschwindet.
Bild: Entgeltpunkte entscheiden über den Wohlstand: Rentnerinnen.
BERLIN taz | Es ist ein emotionales Thema, bei dem viele Politiker
insgeheim hoffen, dass die WählerInnen nicht so genau nachrechnen. So hat
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jetzt medienwirksam angekündigt, die
Ostrenten bis zum Jahre 2020 an den Westen anzugleichen. Das klingt gut.
Der Haken dabei: Durch die derzeitige Rentenberechnung stellen sich viele
Bundesbürger in den neuen Bundesländern gar nicht so schlecht. Eine
Vereinheitlichung könnte Nachteile für sie bringen.
„Der Vorschlag der Angleichung der Ostrenten ist nicht neu. Aber die
Umsetzung ist kompliziert. Wie sie sich im Endeffekt auf die
Rentenberechnung auswirkt, hängt davon ab, für welches Umsetzungsmodell man
sich entscheidet“, sagt Dirk von der Heide, Sprecher der Deutschen
Rentenversicherung Bund.
Aus dem Hause von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kam daher als
Reaktion nur ein Verweis auf den Koalitionsvertrag. Danach soll „30 Jahre
nach Herstellung der Einheit Deutschlands“ „die vollständige Angleichung
der Rentenwerte erfolgen“. Die Arbeiten an einer „gesetzlichen Umsetzung“
hätten „noch nicht begonnen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
Eine „Angleichung“ ist kompliziert. Der sogenannte Rentenwert, der einem
Entgeltpunkt entspricht, liegt im Osten zwar mit derzeit 26,39 Euro um 8
Prozent niedriger als im Westen mit 28,61 Euro. Aber dafür wird das in die
Rentenkasse eingezahlte Entgelt der Versicherten in den neuen Bundesländern
durch eine Umrechnung der Entgeltpunkte um 19 Prozent höher gewichtet als
im Westen. Für die Berechnung der Monatsrenten wird der Rentenwert mit den
Entgeltpunkten multipliziert.
## Für jeden eingezahlten Euro gibt es im Osten mehr Rente
Unterm Strich kriegen BürgerInnen in den neuen Bundesländern daher für
jeden in die Rentenkasse eingezahlten Euro mehr Geld heraus als ein
Berufstätiger im Westen.
Diese relativ gesehen gute Position der RentnerInnen im Osten ist
historisch bedingt. Denn der Rentenwert ist im Osten in den vergangenen
Jahren schneller gestiegen als die Löhne in den neuen Bundesländern. Der
Umrechnungsfaktor, nach dem die Entgeltpunkte im Osten höher bewertet
werden, blieb aber stark, weil sich dieser Faktor an der Ungleichheit bei
den Löhnen orientiert. Der geringere Rentenwert wurde solcherart durch den
Umrechnungsfaktor überkompensiert.
Männer bekommen derzeit im Westen eine Altersrente von durchschnittlich
1.003 Euro, im Osten von 1.096 Euro. Bei Frauen liegt das Ruhegeld im
Westen (ohne Witwenrenten) derzeit bei 512 Euro, im Osten bei 755 Euro.
##
Da die Sache kompliziert ist, gibt es mehrere Vorschläge, die Rentenwerte
anzugleichen. Ein Gutachten des Sachverständigenrats sieht vor, einen
einheitlichen mittleren Rentenwert für Deutschland einzuführen und damit
die Höherwertung der Ostbeiträge abzuschaffen, allerdings unter
Besitzstandswahrung der bisherigen Rentenansprüche.
Ein Vorschlag der Linkspartei läuft darauf hinaus, die Rentenwerte
anzugleichen und die Höherwertung der Ostbeiträge beizubehalten. Die
Mehrkosten in Milliardenhöhe sollen aus Steuermitteln bezahlt werden. Von
Union und SPD gibt es noch keine Modelle.
Die ungleichen Rentenwerte gerieten auch durch die Mütterrenten in die
Diskussion. Da es hier keinen Umrechnungsfaktor gibt, bekommen die Mütter
im Osten mit dem niedrigeren Rentenwert für einen Entgeltpunkt tatsächlich
weniger „Mütterrente“ als die Frauen im Westen.
14 Aug 2014
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Rente
Osten
Westen
Schwerpunkt Angela Merkel
Agentur für Arbeit
Rente
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