# taz.de -- Klaus Ernst über Ost- und Westlinke: „Es geht nur gemeinsam“ | |
> Vor der Fraktionsklausur der Linkspartei appelliert Ex-Parteichef Klaus | |
> Ernst an Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen in Ost und West. | |
Bild: Wann schließen Ost- und Westlinke Frieden? | |
taz: Herr Ernst, Gregor Gysi hat mal gesagt, dass es in der | |
Bundestagsfraktion Hass gab. Und in der Fraktion, die sich am Dienstag zur | |
Klausur trifft? | |
Klaus Ernst: Alle haben begriffen, dass es nur gemeinsam geht. Wir wären | |
weder im Osten noch im Westen allein über die Fünfprozenthürde gekommen. Im | |
Osten hatten wir 4 Prozent, im Westen 4,6 Prozent. Diese Gemeinsamkeit muss | |
bei der Zusammensetzung der Fraktionsspitze berücksichtigt werden. | |
Herrscht in der Fraktion zwischen Ost und West Friede oder nur | |
Waffenstillstand? | |
Es gibt die Einsicht, dass man sich braucht. Und dass man inhaltlich | |
weitgehend einig ist. | |
Die Linkspartei hat bei den Bundestagwahlen bei Gewerkschaftern viel | |
verloren. Warum? | |
Wir müssen stärker deutlich machen, dass wir auch die Interessen der | |
Facharbeiter und mittleren Angestellten vertreten, die nicht von einem | |
Mindestlohn profitieren würden. Wir fordern ja am deutlichsten die | |
Regulierung des Arbeitsmarktes, wie das Verbot der Leiharbeit und weniger | |
befristete Beschäftigung. | |
Das hatte die SPD teilweise übernommen und damit bei Gewerkschaften | |
gepunktet. | |
Die SPD hat das halbherzig übernommen. Wir sind das Original, die anderen | |
schreiben bei uns ab. Nicht zu vergessen, dass die SPD selbst den | |
Arbeitsmarkt dereguliert hat. | |
Hat die SPD nicht aus ihren Fehlern gelernt? | |
Sie hat einen Agenda-Mann zum Spitzenkandidaten gemacht. Lernen geht | |
anders. | |
Die Linkspartei hat auch viele Wähler an die eurokritische Alternative für | |
Deutschland (AfD) verloren. Muss die Partei sich also eurokritischer | |
aufstellen? | |
Wir sind für ein gemeinsames Europa, aber kritisch zur Politik der | |
Bundesregierung. Wir wollen nicht, dass mit deutschen Steuergeldern per | |
Rettungspaket Banken finanziert werden. Das Verursacherprinzip muss gelten. | |
Lafontaine will eine Auflösung des Euro. Soll sich Ihre Partei dies zu | |
eigen machen? | |
Nein. Lafontaine hat darauf hingewiesen, dass es drei Lösungen für die | |
Eurokrise gibt. Entweder die südlichen EU-Länder senken drastisch Löhne und | |
Sozialleistungen und sparen sich kaputt. Das passiert derzeit. Oder wir | |
erhöhen deutlich Löhne und Sozialleistungen, um zu ausgeglichenen | |
Handelsbilanzen beizutragen. Das wollen wir. Gelingt dies nicht, bliebe den | |
einzelnen Ländern nur die Möglichkeit, mit Abwertungen auf | |
Handelsungleichgewichte zu reagieren. | |
Das wäre das Ende des Euro. | |
Das will niemand, aber das kann eine Konsequenz sein, wenn wir das Problem | |
des deutschen Exportüberschusses nicht anders in den Griff bekommen. | |
Sie halten das Ende des Euro für eine akzeptable Möglichkeit? | |
Die Frage ist nicht, ob ich das für akzeptabel halte. Der Satz des | |
Stabilitätsgesetzes, dass ausgeglichene Handelsbilanzen Ziel deutscher | |
Wirtschaftspolitik sind, muss wieder gelten. Sonst wird der Euro noch | |
stärker unter Druck geraten. | |
Ist das Verhältnis zur SPD besser oder schlechter als 2009? | |
Eher besser. Die SPD scheint ja endlich zu begreifen, dass sie nur mit | |
Rot-Rot-Grün je wieder den Kanzler stellen wird. Schließt die SPD | |
Rot-Rot-Grün weiter aus, können sie auf einen Kanzlerkandidaten verzichten. | |
Dann reicht ein Vizekanzlerkandidat. | |
Wenn Rot-Rot-Grün 2017 realistisch sein soll – wo muss die Linkspartei | |
flexibler werden? | |
Wir haben doch in allem recht bekommen, etwa mit der Kritik am | |
Bundeswehreinsatz in Afghanistan, der jetzt zu Ende geht. Bei der | |
Regulierung des Arbeitsmarktes, auch bei der Steuerpolitik, haben Grüne, | |
SPD und CDU Ideen von uns übernommen. Wir müssen unsere Positionen nicht | |
revidieren. In Koalitionen geht es darum, was man in vier Jahren davon | |
realisieren kann. Das ist eine andere Frage. | |
7 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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