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# taz.de -- Wohin mit den Castoren: Grüner Strahlenschrott-Streit
> Die Atommüll-Frage entzweit die Umweltminister von Schleswig-Holstein und
> Niedersachsen. Der eine will zwischenlagern, der andere nicht – nun
> soll’s der Bund lösen.
Bild: Irgendwo muss der Atommüll hin: Aber nicht mal hübsch verpackt wollen a…
HAMBURG taz | Eigentlich sind sich der Schleswig-Holsteiner Robert Habeck
und der Niedersachse Stefan Wenzel grün. Nur bei der Lagerung von
Castorbehältern mit hochradioaktivem Atommüll vertreten die beiden
Umweltminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten keine gemeinsame
Position.
„Alle Bundesländer müssen in die Pflicht genommen werden“, sagt Habeck.
„Aber nicht Niedersachsen“, erwidert Wenzel. Sie schieben das Problem
lieber an Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) weiter. Der Bund müsse
einen Lösungsvorschlag liefern, darüber zumindest sind sich die beiden
grünen Minister einig.
Am heutigen Donnerstag will das Bundesumweltministerium mit den fünf
Ländern, die aktive Atomkraftwerke betreiben, über das Problem mit der
Atommülllagerung beraten. Neben Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind
dies Hessen, Bayern und Baden-Württemberg.
Nicht mit am Tisch sitzen Vertreter aus Mecklenburg-Vorpommern und
Nordrhein-Westfalen, obwohl es dort Atommüll-Zwischenlager gibt. Den Kreis
so zu verengen, sei „nicht zielführend“, kritisiert Habeck. Wenzel vermutet
einen anderen Grund: „Nur weil Mecklenburg-Vorpommern die Heimat von
Kanzlerin Merkel ist, kann es doch nicht von vornherein außen vor bleiben.“
21 Castorbehälter mit Brennelementen aus der Wiederaufarbeitungsanlage im
britischen Sellafield sowie fünf Castoren aus der französischen Anlage La
Hague muss Deutschland zurücknehmen. Bislang sind nur die rot-grün-blaue
Koalition in Schleswig-Holstein und die grün-rote Landesregierung in
Baden-Württemberg zur Zwischenlagerung des Mülls bereit – sofern auch
andere Bundesländer mitmachen. Darüber war vor Bundestagswahl und
Landtagswahlen in Hessen und Bayern keine seriöse Debatte möglich.
„Jetzt sind die Wahlkämpfe vorbei“, sagt Wenzel und hofft nun auf eine
faire Lastenverteilung beim Atommüll. Für Niedersachsen mit seinen drei
stillgelegten und zwei aktiven Reaktoren gelte jedoch weiterhin, dass im
Zwischenlager Gorleben keine weiteren Castoren eingelagert werden. „Wir
haben unseren Anteil schon lange erbracht“, sagt eine
Ministeriumssprecherin, jetzt seien andere dran. Diese Haltung sei
festgemeißelt.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Habeck hatte in Aussicht gestellt, einen
Teil der 26 Castoren im Zwischenlager am stillgelegten AKW Brunsbüttel
unterbringen zu wollen. Allerdings hat im Juni das Oberverwaltungsgericht
Schleswig die Betriebsgenehmigung für das Lager aufgehoben, weil unter
anderem der Nachweis fehlte, dass die Folgen terroristischer Angriffe wie
gezielte Flugzeugabstürze hinreichend geprüft worden seien. Es darf also
gar kein weiterer Atommüll nach Brunsbüttel gebracht werden.
„Niemand erwartet für ein sehr schwieriges Problem sofort eine fertige
Lösung“, sagt nun Wenzel. „Aber dass eine Bundesbehörde mit Hunderten von
Fachbeamten bislang keine Idee oder erste Skizze mit möglichen Lösungen
vorgelegt hat, ist enttäuschend.“ Und Habeck formuliert salopp, Altmaier
müsse nun langsam mal „in die Puschen kommen“.
Allerdings haben die vier deutschen Atomkonzerne – RWE, Eon, Vattenfall und
EnBW – ihre Teilnahme an der heutigen Sitzung in Berlin abgesagt. Das
finden nicht alle schlimm. Dadurch könnte sich, so wird hinter
vorgehaltener Hand geraunt, die Chance auf eine politische Lösung erhöhen.
9 Oct 2013
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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