# taz.de -- Schwarz-rote Sondierungsgespräche: Gemeinsam uneinig | |
> Was meint die Basis zu möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union? | |
> Bei den Berliner Jusos findet Kateryna Kremkova eine große Koalition | |
> „Scheiße". | |
Bild: Skepsis: Einige Genossen haben Angst, dass bei einer großen Koalition vo… | |
BERLIN taz | Am Berliner Kurt-Schumacher-Haus leuchten drei Neonbuchstaben | |
in den dunklen Abend: S, P, D. Im ersten Stock trifft sich der | |
Juso-Landesvorstand, um sich zu besprechen, endlich. Ein Dutzend Männer und | |
Frauen sind sie, ihr erster und wichtigster Tagesordnungspunkt: Aktuelles. | |
Also die vertrackte Situation der SPD. | |
Gerade sondiert die mit 41,5 Prozent aus der Wahl hervorgegangene Union, | |
mit wem sie dieses Land regieren kann und will. Für Montagnachmittag sind | |
die Unterhändler [1][schon zum zweiten Mal] mit der SPD-Abordnung | |
verabredet, um Schnittmengen für Koalitionsverhandlungen auszuloten. Wird | |
man sich einig, könnten die Sozis – vorausgesetzt, der Parteikonvent stimmt | |
am nächsten Wochenende zu – in Koalitionsverhandlungen einsteigen. | |
Wie viele Genossinnen und Genossen haben auch die Jusos hier im Raum ihren | |
Sommer damit verbracht, den schwierigen Kandidaten Peer Steinbrück zu | |
unterstützen. Sie haben Plakate an Laternenmasten geknippert, sie sind | |
durchs Land gefahren, haben sich auf Podien gesetzt und sich in | |
Fußgängerzonen anpöbeln lassen für die Agenda-Politik ihrer Partei. Und sie | |
haben darauf mit ihrem Wahlprogramm geantwortet. 8,50 Euro Mindestlohn. 49 | |
Prozent Spitzensteuersatz. Mietpreisbremse. Weg mit dem Betreuungsgeld. | |
Wählt uns, dann kommt das! | |
Nun ist die Frage, wie viel davon in Koalitionsverhandlungen überhaupt noch | |
übrig bleibt. Generalsekretärin Andrea Nahles hat am Wochenende | |
klargestellt, dass es ohne den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn | |
kein Regierungsbündnis gibt. „Alles andere würden unsere Mitglieder nicht | |
akzeptieren“, sagte sie der Bild am Sonntag. | |
Der Hamburger Olaf Scholz hingegen, wie Nahles Mitglied der | |
Unterhändlergruppe, ruderte beim Betreuungsgeld zurück. Im | |
Spiegel-Interview warb er für eine Öffnungsklausel, mit deren Hilfe die | |
Bundesländer selbst entscheiden könnten, ob sie das Geld auszahlen wollen | |
oder in den Kita-Ausbau stecken. | |
## Angst der Sozis vor großen Koalition | |
Jeden Tag aufs Neue ist zu besichtigen, wie die SPD laviert, wenn es um die | |
roten Linien ihres Wahlprogramms geht. Die Angst der Sozis vor der auf | |
links gebürsteten Kanzlerin ist spürbar. Angela Merkel, das haben die | |
letzten beiden Regierungsbündnisse gezeigt, räumt während der Legislatur | |
entweder jedes Essential ab – oder sie verkauft bei Bedarf die Inhalte des | |
Koalitionspartners als ihre eigenen. | |
„Quatsch“, schimpft Fabian Weißbarth jetzt, „Merkel ist keine Superfrau, | |
ihr Zenit ist überschritten“. Auch deshalb könne die SPD aus einer großen | |
Koalition gestärkt hervorgehen. Im Übrigen seien die Leute von | |
Schwarzsehern genervt, man sehe das an der Parteilinken, die dieser Tage | |
gegen Schwarz-Rot antichambriert. Für Weißbarth sind das | |
„Mecker-Attitüden“. | |
Kateryna Kremkova hält dagegen. „Ich finde große Koalition Scheiße“, sagt | |
sie, „gute Opposition ist mir lieber als eine mittelmäßige Koalition.“ Da… | |
sei vielleicht auch endlich Raum für die Erneuerung der Partei. Gabriel? | |
Steinmeier? Das Personal von gestern. Für viele SPD-Mitglieder sei es „eine | |
Ideologiefrage, nicht mit der Union zusammenzugehen“. Wenn doch, „werden | |
Leute austreten“. | |
## Faktencheck für Koalitionsverhandlungen | |
Clara Luhr bringt wieder die Frage nach den Inhalten auf. „Wenn die | |
stimmen“, so die Politikstudentin, „sollten wir das machen mit der | |
Koalition – wenn die Inhalte furchtbar sind, dann lehnen wir das ab. Aber | |
die Koalition ablehnen, um sie abzulehnen, das geht nicht. Am Ende wären | |
wir die Blöden.“ | |
So geht es hin und her. Man einigt sich darauf, einen Faktencheck | |
auszuarbeiten: Was stand bei den Koalitionsverhandlungen an – was ist | |
rausgekommen? Eine Pro und Contra, mit dessen Hilfe jeder für sich | |
entscheiden kann, ob er oder sie einem möglichen Koalitionsvertrag | |
zustimmt. Ohne diese Zustimmung wird es ein schwarz-rotes Regierungsbündnis | |
nicht geben, [2][das hat der Parteikonvent vom 27. September beschlossen.] | |
Stimmen die Genossen mit Nein, müsste die Parteiführung die Verantwortung | |
übernehmen. Nico Schmolke fände das richtig. „Wenn die Führung nicht mehr | |
mit den Mitgliedern übereinstimmt, ist sie nun mal weg.“ Niemand gehöre der | |
SPD an, weil er alles gut findet. Für ihn ist die Partei „eine Plattform, | |
auf der gesellschaftliche Fragen ausdiskutiert werden“. Heimat? „Da ist man | |
hier falsch.“ | |
14 Oct 2013 | |
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[1] /SPD-und-Union-vor-zweiter-Sondierung/!125415/ | |
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## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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