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# taz.de -- Elias Bierdel über Flüchtlingsrettung: „Die Marine ist nicht da…
> Mit der „Cap Anamur“ rettete Elias Bierdel afrikanische Flüchtlinge – …
> sollte dafür in Italien ins Gefängnis. Er spricht von einem „unhaltbaren
> Widerspruch“.
Bild: Afrikanische Flüchtlinge auf dem Schiff „Cap Anamur“, 2004. Ihre Ret…
taz: Herr Bierdel, Italien hat seine Militärpräsenz im Mittelmeer
verstärkt, um weitere Flüchtlingsunglücke zu verhindern. Ein richtiger
Schritt?
Elias Bierdel: In der Tat ist unmittelbares Handeln erforderlich. Die Frage
ist nur, ob verstärktes Militär den Menschen helfen wird.
Warum nicht? Italien hat die frühere Praxis der direkten Zurückweisungen
doch offenbar derzeit eingestellt.
Elias Bierdel: Erstens sind Kriegsschiffe für die Seenotrettung kleiner
Schlauchboote schon technisch völlig ungeeignet. Es bräuchte vielmehr
Einheiten, die ausgestattet sind wie etwa die Deutsche Gesellschaft zur
Rettung Schiffbrüchiger. Zweitens war es bislang keineswegs das Problem,
dass die Boote nicht gesehen worden wären. Das italienische Militär spielt
da eine überaus unrühmliche Rolle. Das Mittelmeer ist seit Jahren eine
hochmilitarisierte Zone, als Teil des „Kampfes gegen den Terror“. Da wird
jedes Boot registriert. Doch die Marine ist nicht da, um zu retten.
Sondern?
Ich kenne Fälle, in denen die Marine gegen Fischer vorgegangen ist, die
Schiffbrüchige an Bord hatten. Man nimmt in Kauf, dass viele sterben, um
Retter davon abzuhalten, Flüchtlingen in Seenot zu helfen.
Die italienische Regierung ist erst seit sechs Monaten im Amt, nach dem
letzten Unglück ist die Debatte durchaus in Bewegung geraten. Verdient sie
keinen Vertrauensvorschuss?
Die Reaktion des italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta war schon
außergewöhnlich. Er ist niedergekniet, hat Staatstrauer für die Toten
angeordnet. Gleichzeitig steht Seenotrettung noch immer als Beihilfe zur
illegalen Einreise unter Strafe. Deswegen sind wir damals auch mit der „Cap
Anamur“ vor Gericht gelandet. Das ist ein absolut unhaltbarer Widerspruch.
Italien verbindet die Ankündigung seiner Militäroperation mit einem Appell
an Europa: Die Union müsse die Staaten an den Außengrenzen stärker
unterstützen.
Länder wie Deutschland müssen sich die Frage gefallen lassen, warum sie die
gerechte Verteilung von Flüchtlingen in Europa blockiert. Solange sie dies
tun, wird es für Malta und Italien immer einen Grund geben, die Flüchtlinge
im Stich zu lassen. Gleichzeitig brauchen wir endlich die Öffnung legaler
Wege für Schutzsuchende. Das ist eine europäische Frage, da hat Letta
völlig recht. Und wenn die EU darauf keine angemessene Antwort findet,
werden wir unweigerlich mehr Tote haben.
15 Oct 2013
## AUTOREN
Christian Jakob
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Cap Anamur
Italien
Flüchtlinge
Mittelmeer
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Asyl
St. Pauli
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Europa
Durststreik
Asylpolitik
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