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# taz.de -- Empörung über die Leibesübungen: Menschheitsretter ohne Gewicht
> Der taz-Sport ist regelmäßig Ziel heftiger Kritik. Dabei wissen die
> Meckerer oft gar nicht, wie ernst sie die Leibesübungen nehmen sollen.
Bild: Prost! Ein taz-Sportkritiker verbrennt seine meistegehassten Seiten (Ausw…
Es ist schon immer eine Crux mit den Leibesübungen-Kritikern gewesen.
Entweder nehmen sie das Sportressort der taz gar nicht ernst oder viel zu
sehr. Und nicht selten fällt beides auch noch zusammen. Die taz sei doch
gar keine richtige Zeitung und einen richtigen Sportteil habe sie schon gar
nicht. So wurde in der 1980er Jahren argumentiert, als die taz bei der
Verteilung von Pressekarten für Bundesligaheimspiele von Hertha BSC oder
den 1. FC Köln wieder einmal nicht bedacht wurde.
Als man dann gar noch bei den Olympischen Sommerspielen 1992 in Barcelona
der taz die Akkreditierung verweigerte, kam es zum Eklat. In der
offiziellen Begründung verwiesen die für die Zulassung der Berichterstatter
zuständigen Vertreter des Verbands Deutscher Sportjournalisten (VDS)
einerseits auf das fehlende Gewicht der taz. Sie monierten die zu geringe
Auflage. Inoffiziell.
Andererseits wurde Kollegen der Süddeutschen Zeitung, die nach den wahren
Gründen für den Ausschluss gefragt hatten, gesagt: Zu links sei die taz und
außerdem nicht im VDS vertreten. Erst nach einer Protestpetition mit
Unterschriften der Kollegen von SZ, FAZ und anderen Redaktionen konnte der
taz-Reporter doch noch nach Barcelona fahren.
Bis heute changieren die Reaktionen auf taz-Artikel zwischen ernsthafter
Entrüstung und ungezwungenem Spott. So stellte ein Sponsorenvertreter des
Handball-Klubs Füchse Berlin in einem Gespräch über einen ihm äußerst
missliebigen Artikel unvermittelt und etwas arg lässig fest: „Leibesübungen
– das hört sich ja schon so schwul an.“
## Polarisierende Wirkung
Oder ein Augsburger Journalist, der durch einen taz-Redakteur den
heimischen FC verunglimpft sah, wütete in einem ausführlichen Artikel: „Man
wird nicht ’taz-Autor‘, weil man ein brillanter Schreiber ist. Man wird
’taz-Autor‘, weil man die Menschheit retten will.“
Derlei kann man als Außenansichten abtun, die mit der grundsätzlich
polarisierenden Wirkung der taz zu erklären sind. Erstaunlicherweise ist
aber auch die Kritik aus Kreisen, die der Zeitung nahestehen, häufig von
solcher Ambivalenz geprägt: sich wortreich über etwas erbosen und zugleich
vorgeben, ohnehin nichts Besseres erwartet zu haben.
So fragt ein taz-Leser nach dem letzten Champions-League-Finale: „Muss eine
in erster Linie politische Zeitung zwanghaft zwei Berichte und einen
Kommentar zu einem Fußballspiel veröffentlichen? Kann man als
emotional-involvierter, charakterlich offensichtlich nicht ganz
einwandfreier Journalist nicht einfach mal schweigen?“
Der Subtext, der dahintersteht, ist einfach zu entziffern: Das Kerngeschäft
und die Kernkompetenz der taz sind die gesellschaftspolitischen Fragen. Der
Sport, eine Insel der Glückseligen, gehört nicht dazu. Eine verschrobene,
auch hausintern verwurzelte Einschätzung, die zur Spätgeburt der
Leibesübungen führte und bis heute immer wieder fröhliche Urständ feiert.
## Wut-Hohn-Gemisch
Einmal pro Monat etwa fordert ein taz-Leser die Einstellung der
Leibesübungen. Werden zu einer Fußball-WM oder Olympischen Spielen
Sonderseiten gedruckt, häufen sich die Bitten, den Unsinn ein für allemal
sein zu lassen. Auch hier paart sich Ärger mit Geringschätzung.
Die disparaten Vorhaltungen, die der taz von außen entgegengebracht werden,
bereiten die taz-Getreuen für die Leibesübungenredaktion wieder auf. So
wird vorsichtshalber differenziert: „Ich weiß nicht, ob dieser unglaublich
platte Artikel unter ihrer Würde ist, auf jeden Fall ist er der taz nicht
würdig. ...“
Dieses spezifische Wut-Hohn-Gemisch gab und gibt es nie in großen Mengen.
Zum Ernst- und zugleich Nicht-Ernstnehmen haben zu viele die Leibesübungen
bis heute nicht auf ihrem Radar. Das vergrößert nicht nur den Spielraum der
Redakteure, sondern bringt zuweilen auch angenehme Überraschungen mit sich.
Im Grunewald wurde einmal ein Sportredakteur der taz aufs Gelände eines
Tennisklubs eingeladen. Die Atmosphäre war ausnehmend freundlich, und
köstlichen Spargel gab es dazu. Spät erst klärte sich das Missverständnis
auf. Das jähe Entsetzen spiegelte sich in den Gesichtern des Grunewalder
Geldadels: „Ach, Sie sind gar nicht vom Tagesspiegel, sondern von der
tageszeitung?“
So unberechenbar in ihren Extremen die Kritik an den Leibesübungen sein
mag, auch die Anerkennung traf gelegentlich recht unerwartet ein. Vom
berlin-brandenburgischen Golflandesverband ging einst ein warmes
Dankesschreiben ein: „Selten hat jemand so viel für den Golfsport getan
(wie dieser Text).“
20 Oct 2013
## AUTOREN
Johannes Kopp
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