| # taz.de -- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Kein Schutz für Honig | |
| > Ein bayerischer Imker wollte Genmais von seinen Bienen fernhalten. Das | |
| > Bundesverwaltungsgericht erklärte seine Klage für unzulässig. | |
| Bild: Juristisch diskriminiert? Bienen auf einer Sonnenblume. | |
| FREIBURG taz | Er hat lange gekämpft und nun doch wenig erreicht. Der | |
| bayerische Imker Karl-Heinz Bablok scheiterte jetzt beim Versuch, seinen | |
| Honig vor der Verunreinigung mit genveränderten Pollen zu schützen. Das | |
| Bundesverwaltungsgericht verneinte schon das Rechtschutzinteresse. | |
| Der 57jährige Karl-Heinz Bablok aus Kaisheim bei Augsburg arbeitet | |
| beruflich bei BMW, engagiert sich als Gemeinderat für die Grünen und ist | |
| nach Feierabend mit Leib und Seele Bienenzüchter. Sein Gegner ist die | |
| bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, die auf dem Gut Neuhof bei | |
| Kaisheim bis 2008 zu Versuchszwecken genveränderten Mais der Sorte MON 810 | |
| anbaute. | |
| Dieser Mais enthält ein Gen des Bodenbakteriums „Bacillus turingiensis | |
| (Bt)“, das in der Maispflanze zur Bildung von Giften führt, die für den | |
| Maiszünsler, einen Schädling, tödlich sind. Bablok wollte unbedingt | |
| verhindern, dass sein Honig durch Pollen der genveränderten Maispflanze | |
| verunreinigt wird und protestierte gegen den Anbau von MON 810. | |
| Die Forscher meinten jedoch, dass Bienen sich eh nicht für Maispollen | |
| interessieren. Um das Gegenteil zu beweisen, postierte Bablok 2005 seine | |
| Bienen im Abstand von 500 Metern zu den Versuchsfeldern und ließ | |
| anschließend Pollen und Honig untersuchen. Ergebnis des Labors: Im Honig | |
| fanden sich doch geringe Mengen genveränderte Mais-DNA. Deutlich belastet | |
| war der Pollen, den Bablok bisher als Nahrungsergänzungsmittel verkaufte. | |
| ## Europäische Gerichtshof für Bablok | |
| Zeitweise brachte Bablok seine ganze Ernte zur Müllverbrennungsanlage, weil | |
| er sie nicht für verkehrsfähig hielt. Die Forscher fanden die Aufregung | |
| immer noch übertrieben, auch leicht belasteter Honig könne schließlich | |
| verkauft werden. | |
| Doch der Europäische Gerichtshof, dem der Streit vorgelegt wurde, gab | |
| Bablok 2011 Recht. Honig, der mit Spuren von MON 810 verunreinigt ist, darf | |
| nicht in den Verkehr gebracht werden, denn MON 810 ist in Europa bisher nur | |
| als Futtermittel und nicht als Lebensmittel zugelassen. | |
| Der Konflikt konnte nun nicht mehr wegdiskutiert werden. Aber wer muss nun | |
| weichen, die Genforscher oder der Imker? Bablok forderte von der | |
| Versuchsanstalt, dass sie mindestens drei Kilometer Abstand zu seinen | |
| Bienenstöcken halten müsse. Alternativ könne sie die Felder auch mit | |
| bienendichten Netzen versehen. Beides lehnte die Anstalt ab. | |
| ## 200.000 Euro Kosten | |
| Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) befasste sich im März 2012 | |
| gründlich mit dem Fall, lehnte die Ansprüche von Bablok aber ab. Das | |
| Gentechnikgesetz fordere keinen absoluten Schutz vor freigesetzten | |
| genveränderten Substanzen. Im Fall von Bablok sei der bestehende Abstand | |
| von eineinhalb Kilometern zwischen Bienenstock und Versuchsfeld | |
| wahrscheinlich ausreichend, zumal auch die Ortschaft als Barriere | |
| dazwischen liege. | |
| Bablok habe keinen Anspruch auf einen zusätzlichen Schutzabstand oder | |
| andere Maßnahmen. Falls es doch zu Verunreinigungen komme und der Honig | |
| deshalb unverkäuflich sei, könne Bablok den Schaden von der Versuchsanstalt | |
| ersetzt bekommen. Nicht ersatzfähig seien allerdings die | |
| Untersuchungskosten (je 200 Euro pro Probe), wenn diese keine Belastung | |
| belegen. | |
| Hierfür müsse der Gesetzgeber eine Lösung finden, erklärten die bayerischen | |
| Richter. Bis dahin könne Bablok seine Bienen während der Maisblüte ja an | |
| einen Ausweichort bringen. Gegen diesen Richterspruch ging Bablok in die | |
| Revision zum Bundesverwaltungsgericht. Er wollte es jetzt wissen. Der | |
| Rechtstreit hat schon jetzt rund 200.000 Euro gekostet, wie die Süddeutsche | |
| Zeitung berichtete. | |
| ## Schutz vor Verunreinigung nicht nötig | |
| Unterstützt wird der Imker dabei vom „Bündnis zum Schutz der Bienen vor | |
| Agrogentechnik“, dem Imkerverbände und Bio-Verbände wie Demeter und Bioland | |
| angehören. Doch die Revision endet für Bablok mit einer großen | |
| Enttäuschung. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Klage für | |
| unzulässig, ihr fehle derzeit schon das Feststellungsinteresse. | |
| Tatsächlich hat 2009 die damalige Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner | |
| (CSU) den Anbau von MON 810 in Deutschland gestoppt. Und auch auf EU-Ebene | |
| ist die zehnjährige Genehmigung inzwischen ausgelaufen und muss verlängert | |
| werden. | |
| Das Leipziger Gericht wollte trotzdem nicht über Abstände und | |
| Schutzmaßnahmen entscheiden. Denn falls MON 810 wieder angebaut werden | |
| dürfe, sei zugleich auch eine Zulassung der genveränderten Maispollen als | |
| Lebensmittel „zu erwarten“, mutmaßte der Vorsitzende Richter Rüdiger Nolt… | |
| Das Gericht hält einen Schutz vor Verunreinigung dann offensichtlich nicht | |
| mehr für nötig, weil der mit MON 810 belastete Honig dank der | |
| Lebensmittelzulassung nun ja verkauft werden dürfe. Bablok und die | |
| Vertreter des Bienen-Bündnisses zeigten sich in ersten Reaktionen | |
| „betroffen“. Mit dieser Wendung hatten sie nicht gerechnet. | |
| Az.: 7 C 13.12 | |
| 25 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## TAGS | |
| Honig | |
| Schwerpunkt Genmais | |
| Bundesverwaltungsgericht | |
| Honig | |
| Honig | |
| Schwerpunkt Gentechnik | |
| Gen-Mais | |
| Bienensterben | |
| Geschmackssache | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Imker klagte wegen Monsanto-Maisfeld: Gentechnik-Schaden nur halb ersetzt | |
| Ein Imker bekommt Schadenersatz für durch Gentechnik verunreinigten Honig. | |
| Das Geld deckt aber nur die Hälfte der entstandenen Kosten. | |
| Kennzeichnung von Lebensmitteln: Gen-Honig wohl bald inkognito | |
| Pollen soll in der EU nicht mehr als „Zutat“ gelten. Wenn er gentechnisch | |
| verändert ist und in Honig gelangt, könnten die Verbraucher das nicht | |
| erkennen. | |
| Tschüs Amflora: Gericht verbietet Gentech-Kartoffel | |
| Das Gericht der Europäischen Union bemängelt Fehler beim | |
| Zulassungsverfahren. Allerdings: Die Kartoffel wächst in der EU sowieso | |
| nicht mehr. | |
| Biotechnologie-Forschung: Schlag gegen Gentech-Kritiker | |
| Eine Fachzeitschrift zieht ihre Publikation über zu hohe Krebsraten bei | |
| Ratten durch manipuliertes Futter zurück. Die Umstände des Widerrufs sind | |
| fragwürdig. | |
| Pestizid-Verbot zum Schutz von Bienen: Syngenta und Bayer klagen | |
| Die Chemiekonzerne Bayer und Syngenta gehen juristisch gegen das von der | |
| EU-Kommission verhängte Anwendungsverbot für mehrere Pestizide vor. | |
| Sommerserie „Geschmackssache“: Ein Leben mit den Bienen | |
| „Fleißige Tiere!“ Erika Moritz schwärmt von den Bienen. Auch wenn | |
| Monokultur und Chemie sie stressen, hat jeder Honig seine eigene Note |