# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Duschen nur vormittags | |
> Das Parlament soll sich heute mit der schwierigen Lage in den | |
> Flüchtlingsunterkünften befassen, fordern die Piraten. Bis zu 750 Plätze | |
> fehlen bis Jahresende. | |
Bild: Viele Unterkünfte machen nicht den Eindruck, dass Flüchtlinge dort will… | |
Die Piraten wollen die Situation in Berliner Flüchtlingsheimen am heutigen | |
Donnerstag im Abgeordnetenhaus zur Sprache bringen. „Der Konflikt zwischen | |
den Betreibern mehrerer Flüchtlingsunterkünfte und ehrenamtlichen | |
Initiativen ist misslich“, sagte der Abgeordnete Fabio Reinhardt mit Blick | |
auf Initiativen in Grünau und Moabit. Sie hatten wegen ihrer Kritik am | |
Heimbetreiber Hausverbot erhalten. „Diese ehrenamtliche Arbeit ist wichtig | |
für die Unterstützung der Bewohner“, betont der Piraten-Politiker. Die | |
Notunterkünfte in Moabit und Grünau waren kritisiert worden, weil es unter | |
anderem zu wenig Platz für die Bewohner, zu wenig Sanitäranlagen und | |
Waschmaschinen gegeben hätte. | |
In Moabit sind die räumlichen Bedingungen in der Tat kaum zumutbar. Die | |
Klassenräume einer ehemaligen Schule werden durch einfache Wolldecken oder | |
Sperrholzplatten in mehrere Wohnräume für verschiedene Familien geteilt. | |
Intimsphäre ist nicht vorhanden. Das hat seinen Grund: Das Haus wurde gegen | |
erbitterten Widerstand des bezirklichen Bauamts zur Flüchtlingsunterkunft. | |
Das Amt untersagt bauliche Veränderungen, denn das Haus soll wieder Schule | |
werden, wahrscheinlich bereits ab dem kommenden Schuljahr. Die einzigen | |
Duschen befinden sich neben der Schulsporthallen und stehen den | |
Flüchtlingen nur vormittags zur Verfügung. Begründung: Nachmittags ist in | |
der Halle Vereinssport. | |
## Alle Verträge studiert | |
Die Piraten wollen mit ihrem Vorstoß im Parlament eine Debatte über | |
strukturelle Mängel der „hastig bezogenen Notunterkünfte“ anstoßen. Sie | |
haben sämtliche Verträge studiert, die das Land für die 33 | |
Flüchtlingsunterkünfte abgeschlossen hat. Ergebnis: Viele Formulierungen | |
wie „ausreichende Zahl von Waschmaschinen“ seien zu vage. Das Versprechen, | |
den Flüchtlingen einen Internetzugang zu ermöglichen, sei nur in ganz | |
wenigen Verträgen umgesetzt. Zu einem Drittel der Unterkünfte gebe es nicht | |
einmal einen schriftlichen Vertrag. | |
Doch nicht nur die Verträge sind das Problem. Viele Verbesserungen sind | |
unmöglich, weil sich die Bezirke sperren, Notunterkünfte in dauerhafte | |
Flüchtlingsheime zu verwandeln. In Grünau fehlen beispielsweise in dem | |
ehemaligen Polizeigebäude Sanitäreinrichtungen. Da der Bezirk dort keine | |
dauerhafte Unterkunft wünscht, bekommt das Heim immer nur kurzfristige | |
Verträge. Damit kann niemand Kredite für den Einbau von Duschen aufnehmen. | |
Und der zu geringe Platz für die Bewohner in vielen Heimen ist Resultat des | |
Mangels an Flüchtlingsunterkünften. Nach taz-Recherchen werden zum | |
Jahresende zwischen 700 und 750 Plätze fehlen. Schon jetzt müssen Familien | |
zusammenrücken und Menschen auf Gängen schlafen. | |
Franz Allert, Präsident des zuständigen Landesamts für Gesundheit und | |
Soziales (Lageso), weist darauf hin, dass Notunterkünfte der Vermeidung von | |
Obdachlosigkeit dienen. „Wir bemühen uns, den Standard ständig zu | |
verbessern“ und „zeitnah Verbesserungen durchzuführen“, sagte er der taz. | |
21 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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