| # taz.de -- Premiere am Moks: Der Tanz der Bingokugeln | |
| > Grete Pagan zeigt am Moks die Dramatisierung von Andreas Steinhöfels | |
| > „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ mit theatralen Tugenden. | |
| Bild: Christopher Amann und Lisa Marie Fix als Rico und Oskar im Dachgarten. | |
| Muss das denn sein? Das Stück läuft ja fast schon überall, in Coesfeld, in | |
| Berlin, in Bonn in ... weiß der Himmel! Kein Jugendtheater, so scheint’s, | |
| kommt an „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ nach dem Roman von Andreas | |
| Steinhöfel vorbei. Auch das Moks nicht. Und das ist auch gar nicht schlimm. | |
| Denn Steinhöfels Buch ist grandios, undsehr elegant ist Felicitas Loewes | |
| Dramatisierung. | |
| Und das Moks zeigt, wie sich mit ihr diese Geschichte auf der Bühne als | |
| echtes Theaterstück gestalten lässt: Mit stark körperlichem, performativem | |
| Ansatz nämlich, für den die Hamburger Regisseurin Grete Pagan | |
| verantwortlich zeichnet, und den die Ausstatterin Lena Hinz bezaubernd | |
| umsetzt: Skizzenhaft, eine Ein-Tassen-Espressomaschine ist die Küche, ein | |
| Ring aus Blumenkästen ist das Dach – im Herstellen der Illusion kassiert | |
| sich diese zugleich, und Spannung wird erzeugt, obwohl ihr Erzeugen für | |
| alle sichtbar bleibt: Klar ist das Metronom ein Metronom. Trotzdem lässt | |
| das „Tack!, tack!, tack!“ den Atem flacher werden und die Herzen klopfen. | |
| Die Geschichte ist eine Kinder-Detektiv-Story aus dem Wedding-Milljöh: | |
| Hauptfigur Rico hat sich dafür, dass er Schüler im Förderzentrum ist, die | |
| markante Umschreibung „er sei tiefbegabt“ zurechtgelegt. Als ein | |
| Serien-Entführer seinen Freund, den hochbegabten Oskar, kidnappt, befreit | |
| Rico ihn – obwohl er eigentlich den falschen für den Gangster hält. Nämlich | |
| den Kommissar. | |
| Es gibt ein paar Holprigkeiten in der Moks-Fassung, irgendwann taucht eine | |
| auf der Straße gefundene Nudel auf, deren Erwähnung nur kapiert, wer das | |
| Buch kennt, und anfangs ist das Tempo etwas zu hoch. Aber große klasse ist | |
| die Idee, Rico mitunter von allen vier SpielerInnen darstellen zu lassen: | |
| Die Figuren werden so – und auch für unerfahrene Theatergänger verständlich | |
| –zu Verkörperungen von Ricos Gedanken. | |
| Wie die Kugeln in einer Bingotrommel flitzen die ihm durchs Hirn, so | |
| beschreibt der selbst das Chaos im Kopf, wenn er schnell und intensiv | |
| nachdenken muss. Hier im Moks tritt das als wilde, halb bedrohliche, halb | |
| witzige Rund-Spring-Lauf-Tanzszene plötzlich in die Welt. Und einer | |
| schwingt sogar das Beil! Kreisch! Herrlich. Nein, an „Rico Oskar und die | |
| Tieferschatten“ im Moks – kommt man wirklich nicht vorbei. | |
| 25 Nov 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Freies Theater | |
| Moks | |
| Bremen | |
| Theater | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Jugendthater mit Schwächen: Katastrophale Rettung | |
| Gnadenlos: Das Bremer Moks deckt die Schwächen von Dennis Kellys | |
| Erfolgsstück „Waisen“ auf. | |
| Jugendtheater für Erwachsene: Aus dem Gröbsten raus | |
| Mit Andreas Steinhöfels Jugendbuch „Anders“ verlässt sich das Bremer | |
| Schnürschuh Theater mit Erfolg auf seine Kernkompetenzen: Jugend und | |
| populäre Literatur | |
| Nachwuchs entert Bühne: In einer weißen Zelle | |
| Ein superjunges Team zeigt am Bremer Moks eine etwas zu unruhige | |
| Inszenierung von Holger Schobers Einpersonenstück „Hikikomori“. | |
| Inszeniertes Bedrohungsszenario: Die Projektionsfläche der Anderen | |
| In der Inszenierung „Ich rufe meine Brüder“ kitzelt das Bremer Moks-Theater | |
| Terrorängste hervor. Und identifiziert so Stereotype und Vorurteile. | |
| Jelinek-Uraufführung in Bremen: Alles endet „In der Hölle“ | |
| Nach Zögern hat Elfriede Jelinek den für Christoph Schlingensief verfassten | |
| Text Tod-krank.doc freigegeben. Mirko Borscht inszenierte ihn. |