# taz.de -- Untersuchung zur Entwicklung von Musik: Der Tanz-Algorithmus | |
> Eine Musikfirma hat die Popmusik von den 50er-Jahren bis heute auf | |
> Emotionalität, Tanzbarkeit und Schnelligkeit untersucht. Geht das | |
> überhaupt? | |
Bild: Zeitlos tanzbar: Elvis Presley. | |
Hinter der Musik von Elvis und Co. ist kein Druck und sie ist zu lahm, um | |
darauf abzugehen, findet mancher Freund von satten Technobeats. Anhänger | |
von Oldies kontern. Die Musik des 21. Jahrhunderts sei nur eine | |
Aneinanderreihung von viel zu lauten Geräuschen. Wer nicht auf Drogen sei, | |
könne dazu nicht tanzen. | |
Musikgeschmäcker werden immer verschieden sein. Eine Untersuchung der | |
Musikfirma [1][Echo Nest] versucht nun, den Generationenstreit über den | |
richtigen Sound zu schlichten. | |
Das Unternehmen versorgt Firmen wie Spotify, Nokia und Vevo mit digitaler | |
Musik. Mit 35 Millionen Songs von 2,6 Millionen Künstlern besitzt sie einen | |
reichen Schatz an melodischen ider weniger melodischen Daten. Ein | |
Musikexperte der Firma, Glenn McDonald, hat 5.000 Hits der Jahre 1950 bis | |
2013 untersucht. Dazu klassifizierte er einige Songs als schnell, langsam, | |
laut, leise, fröhlich, traurig, tanzbar, nicht tanzbar. Aus diesen | |
Kategorien entwickelten Echo Nest einen Algorithmus, der auf die 5.000 | |
Songs angewandt wurde. | |
Die Ergebnisse veröffentlicht Echo Nest in einem [2][Blog]. Die | |
Quintessenz: Auch, wenn sich Musik immer entwickelte, bediente sie in | |
einigen Dingen ähnliche Vorlieben bei den Hörern. Egal ob Rock'n'Roll, der | |
Glamour-Pop der Achtziger, die Boygroup-Musik der Neunziger oder der | |
Gangnam-Style des Jahres 2013: Zu Hits wurden immer Lieder, die dazu | |
einladen, zu tanzen. Die [3][tanzbarsten Songs] laufen demnach nicht etwa | |
heute, sondern waren der Sound des Jahres 1982. Im Jahr 1968 lief noch am | |
wenigsten Tanzmusik, damals waren eher psychidelische Klänge in. | |
## Objektivität ist fehl am Platz | |
Die [4][Schnelligkeit der Songs] ist den Blogs zufolge gleich geblieben. | |
Auch in einer Zeit, in der Informationen rasend schnell verschickt werden, | |
ist die Zahl der Beats pro Minute nicht höher als in Liedern aus der Zeit | |
vor dem Internet. Auch hier rangieren die Achtziger vorne. 1982 war demnach | |
das Jahr mit den schnellsten Songs. Bei der [5][Fröhlichkeit oder | |
Traurigkeit] von Songs sieht es ähnlich aus. | |
Objektiv ist die Studie von Glenn McDonald nicht. Die Zahl von Beats mag | |
sich genau messen lassen. Aber gilt das auch für Tanzbarkeit? Letztlich | |
basieren die Algorithmen, mit denen diese Erkenntnisse errechnet wurden, | |
auf den Einschätzungen eines Musikexperten. Ein anderer Musikexperte hätte | |
vielleicht andere Songs tanzbarer, fröhlicher oder trauriger gefunden. | |
Vielleicht hat Objektivität im Bereich Musik auch einfach nichts verloren. | |
Ob etwas tanzbar ist, ist letztlich immer die Frage des Geschmacks, oder | |
aber der Stimmung, manchmal auch des Alkoholpegels. Wer gerade seinen Job | |
verloren oder eine Trennung hinter sich hat, wird weder Elvis Presleys | |
„[6][That's Allright, Mama]“, noch den „[7][Gangnam-Style]“ tanzbar fin… | |
– wer im Jackpot gewonnen hat, vielleicht beides. | |
28 Nov 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://echonest.com/ | |
[2] http://blog.echonest.com/ | |
[3] http://blog.echonest.com/post/60178016824/from-elvis-to-miley-danceability-… | |
[4] http://blog.echonest.com/post/61686021710/people-liked-their-music-fastest-… | |
[5] http://blog.echonest.com/post/66097438564/plotting-musics-emotional-valence… | |
[6] http://www.youtube.com/watch?v=yWgprZu4Hk4 | |
[7] http://www.youtube.com/watch?v=mIQToVqDMb8 | |
## AUTOREN | |
Konrad Bülow | |
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