| # taz.de -- Die Grünen und die sexuelle Revolution: Kindliche Sexualität „f… | |
| > Die 50er Jahre waren extrem sexualfeindlich, sogar Onanie wurde bestraft. | |
| > Das wollten die Grünen aufbrechen – und verharmlosten den Sex mit | |
| > Kindern. | |
| Bild: Was Kinder dürfen, dürfen Erwachsene noch lange nicht | |
| BERLIN taz | Wie konnte es dazu kommen? Zu den massenhaften Fällen | |
| sexualisierter Gewalt an Mädchen und Jungen – in der Familie, in den | |
| Kirchen, in den Heimen? Das ist die Frage, die sich bis heute stellt, seit | |
| 2010 heftig über Missbrauch und Pädophilie debattiert wird. | |
| Manfred Kappeler versucht eine Antwort zu geben. Der Kinder- und | |
| Jugendpsychotherapeut ist heute 73 Jahre alt. Seine Kindheit und Jugend hat | |
| er in den fünfziger Jahren verbracht, einer extrem sexualfeindlichen Zeit. | |
| Das erzählt er auf einem Podium in der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, | |
| die am Dienstagabend in Berlin zu einer „Pädophilie“-Debatte geladen hatte: | |
| Steckt die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Sackgasse? Dabei | |
| soll es auch um die Verstrickungen und die Verantwortung der Grünen gehen. | |
| Kappeler sitzt in einem knallgrünen Sessel, er dreht sich darin hin und her | |
| und sagt Sätze wie: „Die Erfahrung sexueller Unterdrückung war epochal. Es | |
| galt ein Onanieverbot.“ Wurden Mädchen und Jungen beim Masturbieren oder | |
| bei gegenseitigen Zärtlichkeiten „erwischt“, hagelte es Strafen. „Zwisch… | |
| Sexualität und Herrschaft gab es einen engen Zusammenhang“, sagt Kappeler | |
| weiter. | |
| Es sind diese – lustfeindlichen und patriarchalen – Machtverhältnisse, die | |
| die Grünen, die 68er und all die anderen Linken aufbrechen wollten. „Wir | |
| wollten eine befreite Sexualität“, meint Kappeler, der auch als Heimleiter | |
| gearbeitet hat. Aber diesen patriarchalen Strukturen konnten auch linke | |
| Männer nicht leicht entkommen, sagt der Experte. | |
| ## „Charakterschwache“ Grüne | |
| Das erklärt vielleicht ein wenig, warum es in alternativen Kommunen mehr | |
| als freizügig zuging, warum Erwachsene keine eindeutigen Grenzen zogen, was | |
| sexuell erlaubt war und was nicht. Und warum Texte wie jene von Daniel | |
| Cohn-Bendit, Volker Beck und Jürgen Trittin entstehen konnten. Die drei | |
| grünen Politiker haben in den 70er und 80er Jahren Schriften veröffentlicht | |
| oder presserechtlich verantwortet, in denen Sex zwischen Kindern und | |
| Erwachsenen verharmlost wird. Das wurde ihnen während des Wahlkampfes | |
| vorgehalten. | |
| Die Grünen stünden nicht zu diesem Teil ihrer Vergangenheit, heißt es bis | |
| jetzt. Und das, obwohl sie den Politikwissenschaftler Franz Walter | |
| beauftragt haben, das wissenschaftlich zu klären. Kappeler wirft den Grünen | |
| sogar vor, sie verhielten sich dazu „charakterschwach“. | |
| Das will Volker Beck, menschenrechtspolitischer Sprecher der | |
| Bundestagsfraktion und offen lebender Schwuler, in der | |
| Heinrich-Böll-Stiftung klären. Die Homo-Bewegung habe so schwach auf | |
| Pädokriminalität reagiert, weil „wir uns nicht in die Perspektive von | |
| Kindern versetzen konnten. Kinder waren für uns weit weg“, sagt er. | |
| Schwule, die seinerzeit mit dem Anti-Homo-Paragrafen 175 lebten, hätten | |
| eher Angst vor der Polizei gehabt. | |
| ## Eindeutiges Schuldbekenntnis | |
| Und dann sagt Beck diesen Satz: „Es war ein Fehler, nicht erkannt zu haben, | |
| dass Kinder eine eigene Sexualität haben, die wir aus der Perspektive der | |
| Erwachsenen falsch interpretierten.“ Ein eindeutiges Schuldbekenntnis. | |
| Warum hat er das in dieser Deutlichkeit nicht schon vor Monaten gesagt, als | |
| er um eine Stellungnahme gebeten wurde? | |
| Ekin Deligöz, grüne Vizefraktionschefin im Bundestag, fragt: „Wir sind ein | |
| Ort der Legitimation gewesen. Waren wir auch ein Ort der Tat?“ Man hätte | |
| sich an diesem Abend mehr solcher Sätze gewünscht. Leider bewegte sich die | |
| gesamte Veranstaltung trotz des gut besetzten Podiums nur an der | |
| Oberfläche. | |
| 4 Dec 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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