# taz.de -- Kommentar Abkommen EU-Türkei: Ein schäbiger Deal | |
> Die EU kennt nur eine Antwort auf die Flüchtlingsfrage: die Mauern der | |
> Festung verstärken. Jetzt wird das Problem auf die Türkei abgewälzt. | |
Bild: Istanbul, Endtsation für immer mehr Flüchtlinge. | |
Bundesinnenminister Friedrich kann sich freuen. Ab dem kommenden Jahr wird | |
die Mauer um die Festung Europa noch ein Stück höher, als sie ohnehin schon | |
ist. Die EU-Kommission hat es nach jahrelangem Drängen geschafft, [1][die | |
türkische Regierung dazu zu bringen, ein Abkommen zu unterschreiben]. | |
Ankara verpflichtet sich darin, alle Flüchtlinge, die über ihr Territorium | |
in ein EU-Land gelangen, wieder zurückzunehmen. Also praktisch alle, die es | |
nach Griechenland oder Bulgarien geschafft haben und die Friedrich auf | |
keinen Fall einreisen lassen will. | |
Im Gegenzug muss der Innenminister in Kauf nehmen, dass Visaanträge von | |
Türken künftig großzügiger behandelt werden als bislang. Das jedenfalls ist | |
das Versprechen, mit dem Brüssel die Türkei geködert hat. | |
Sosehr die Bürger der Türkei, deren Land seit 2005 mit der EU über einen | |
Beitritt verhandelt, ein Anrecht darauf haben, endlich ohne Schikanen in | |
die EU einreisen zu können: Die Koppelung mit der Flüchtlingsfrage ist | |
schäbig. Noch ist nicht klar, wie die Visaerleichterungen aussehen werden. | |
Doch selbst wenn türkische Bürger davon profitieren, es ist zutiefst | |
inhuman, dies auf dem Rücken Tausender verzweifelter Flüchtlinge aus den | |
Kriegs- und Armutsregionen dieser Welt zu tun. | |
Die Heuchelei über die Toten von Lampedusa kann nicht größer sein, wenn | |
gleichzeitig an anderer Stelle die Hürden für die Einreise von Flüchtlingen | |
erhöht werden. Die Türkei hat sich lange geweigert, dabei mitzumachen. | |
Nicht zuletzt, weil sie sich im Beitrittsprozess insgesamt hingehalten | |
fühlt. Diesen Widerstand hat die Kommission jetzt überwunden. | |
Auch in Nordafrika wird mit Hochdruck daran gearbeitet, den Zustand aus der | |
Zeit vor dem Arabischen Frühling wiederherzustellen, damit die Abschottung | |
komplett ist. Wenn Flüchtlinge bereits in Libyen oder Tunesien daran | |
gehindert werden, Boote nach Italien zu besteigen, und türkische Soldaten | |
dafür sorgen, dass niemand mehr ohne Genehmigung Griechenland oder | |
Bulgarien erreicht, dann ist die EU-Welt wieder in Ordnung. | |
5 Dec 2013 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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