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# taz.de -- EU-Regeln für geklonte Tiere: Dollys Nachkommen im Supermarkt
> Die EU-Kommission will die Direktvermarktung von Klontieren verbieten.
> Deren Nachkommen dürfen aber zu Lebensmitteln verarbeitet werden.
Bild: Geklonte Schweine in einer schottischen Versuchstation.
BERLIN taz | Das Klonen zu landwirtschaftlichen Zwecken soll in der
Europäischen Union verboten werden. Dies sehen neue Regeln der
EU-Kommission über den Vertrieb neuartiger Lebensmittel vor. Auch das
Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die von Klontieren abstammen, soll
nicht mehr erlaubt sein, [1][berichtete der für Gesundheit zuständige
EU-Kommissar Tonio Borg.]
Diese Vermarktungsverbote sollen jedoch nicht für die Nachkommen von
geklonten Tieren gelten. Sie dürfen in der EU verkauft werden, auch ohne
dass der Verbraucher durch eine Kennzeichnung über den Ursprung der
Produkte aufgeklärt werden muss.
Bekannt ist, dass in den USA schon größere Rinderherden existieren, die von
geklonten Tieren abstammen.
Borg begründet den Wegfall der Etikettierung mit „aufwendigen und
kostspieligen Verfahren“, die kaum durchführbar seien. Schon jetzt trifft
der Vorschlag deswegen auf heftige Proteste von Verbraucher-und
Umweltschutzorganisationen.
## Der Anfang war Dolly
Zum Klonen von Tieren wird die Dolly-Methode genutzt. Das Schaf Dolly war
das erste geklonte Tier. Hierbei wurde aus einer Körperzelle eines
erwachsenen Schafes der Zellkern entnommen und in eine zuvor entkernte
Eizelle übertragen. Der sich daraus entwickelnde Embryo wurde dann von
einem Muttertier ausgetragen.
Dieses Verfahren hat jedoch seine Tücken und funktioniert nicht immer so
wie gewünscht. So berichtete die EU-Lebensmittelbehörde European Food
Safety Authority (EFSA) von Krankheiten und Fehlbildungen, die bei 40
Prozent der Klontiere schon nach wenigen Monaten zum Tode führen.
„Da die Klone sehr teuer sind, werden sie hauptsächlich zur Erzeugung von
Nachkommen genutzt“, erklärt die Direktorin der Brüsseler
[2][Verbraucherorganisation BEUC], Monique Goyens. „Kein Bauer würde seinen
100.000-Euro-Klon schlachten. Die Nachkommen zu akzeptieren, heißt also
aktiv für das Klonen zu sein.“
## Breite Ablehnung
Auch Martin Häusling, Europaabgeordneter der Grünen, ist gegen eine
Vermarktung von Produkten, auch wenn sie von den Nachkommen abstammen, da
andernfalls die „Folter der Klontiere der ersten Generation“ unterstützt
werde. Laut einer Umfrage des Euro-Barometers lehnen 83 Prozent der
Deutschen es ab, Fleisch, das von geklonten Tieren abstammt, zu essen.
Was Borgs Vorschlag für Auswirkungen haben könnte, erklärt die
Lebensmittelexpertin der Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Jutta
Jaksche: „Dass man die Etikettierung der Lebensmittel nicht finanzieren
kann, ist Quatsch, eine Untersuchung ergab für viele der Produkte ein
machbares Ergebnis.“ Sie warnt: „Die Proteste der Verbraucher würden zu
einem Boykott der amerikanischen Tierprodukte führen. Dass die Politik nach
Harmonie mit den USA strebt, schafft einen Vertrauensverlust in Europa.“
Der von der Kommission vorgelegte Entwurf muss noch vom EU-Parlament und
dem EU-Rat abgesegnet werden. Laut Kommission werden die neuen Regelungen
frühestens 2016 in Kraft treten.
19 Dec 2013
## LINKS
[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-1269_de.htm
[2] http://www.beuc.org
## AUTOREN
Lena Schneider
## TAGS
klonen
Dolly
EU-Kommission
Lebensmittel
Bundesverfassungsgericht
Europaparlament
Medizin
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