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# taz.de -- Klon-Tiere im Supermarkt: Dolly for Dinner
> Die europäische Lebensmittelbehörde hat keine Einwände gegen eine Nutzung
> von Klon-Tieren zur Herstellung von Lebensmitteln. Bedenken kommen von
> der Bioethikgruppe der EU.
Bild: Mit dem Klonschaf Dolly des schottischen Forschers Ian Wilmut fing es an.
BERLIN taz | In den USA ist die Entscheidung gefallen: Geklonte Tiere
dürfen dort zur Lebensmittelproduktion eingesetzt werden. Eine besondere
Kennzeichnung von Klon-Produkten sei nicht notwendig, gab die
US-Lebensmittelbehörde FDA Anfang dieser Woche bekannt. Ginge es nach der
Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, könnte die EU den USA hier bald
folgen. Ende letzter Woche legte die EFSA eine Stellungnahme vor, die zu
dem gleichen Ergebnis kommt wie das FDA-Papier: Es gibt keine
gesundheitlichen Risiken beim Genuss von Klonprodukten.
Mit der EFSA-Stellungnahme sei noch keine endgültige Entscheidung getroffen
worden, versuchte eine EU-Sprecherin die Öffentlichkeit zu beruhigen. Das
EFSA-Positionspapier sei vorerst nur ein Entwurf. Bis zum 25. Februar
können Interessierte per Internet Stellungnahmen oder Kommentare dazu
einreichen. Erst dann soll ein endgültiges Papier vorgelegt werden. Ob
Klonprodukte in der EU zugelassen werden, und wenn ja unter welchen
Bedingungen, werden letztendlich die EU-Kommission und die -Mitgliedstaaten
entscheiden müssen.
Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) hat auch schon seine
Bedenken über Klonfleisch geäußert. "Da habe ich sehr, sehr große Skepsis
bis hin zur Ablehnung", sagte er anlässlich der Eröffnung der Grünen Woche
in Berlin. "Auch Tiere sind Geschöpfe, deshalb habe ich eine hohe
moralische Hürde", so Seehofer.
Unterstützung bekommt er von der Bioethik-Gruppe der EU. Die von der
EU-Kommission eingesetzte "Ethikgruppe für Wissenschaft und neue
Technologien" (EGE) äußerte "Zweifel, ob das Klonen von Tieren für die
Lebensmittelproduktion ethisch gerechtfertigt ist". Das Bioethikgremium
veröffentlichte am Donnerstag seine Stellungnahme zu den ethischen Aspekten
von Klontieren und aus ihnen hergestellten Lebensmitteln.
Im Unterschied zur EFSA sind die Ethiker derzeit gegen eine Zulassung von
Klontieren und -Produkten. Sie weisen darauf hin, dass geklonte Tiere
häufig gesundheitlich beeinträchtigt sind. Auch die Erfolgsquote beim
Klonen ist sehr gering. Ihr Fazit: Es gebe derzeit "keine überzeugenden
Argumente, welche die Herstellung von Lebensmitteln von Klonen und ihren
Nachkommen rechtfertigen".
Ein Problem ist zudem, dass nur wenige Daten für eine wissenschaftliche
Bewertung vorliegen. So sind, seit 1996 das erste Klontier auf die Welt
kam, das Schaf Dolly, weltweit nur rund 4.000 Kühe und 1.500 Schweine
geklont worden. Bisher liegt auch noch keine Langzeituntersuchung, die
einen ganzen Lebenszyklus eines Tieres betrachtet, vor. Für ihre
Stellungnahme hatte die EFSA nur die Veröffentlichungen der Klonforscher
zur Verfügung. Von einer unabhängigen Expertise kann daher auch keine Rede
sein.
Die EU steht unter Zeitdruck. Denn die FDA-Strategie sehe eine
Markteinführung schon für das Jahr 2010 vor, gab die Tierschutzorganisation
"Vier Pfoten" bekannt. Auf den Markt kommen sollen zuerst Tiere, deren
Eltern Klontiere sind. Erwartet wird auch, dass vor allem ein Handel mit
Abkömmlingen von Klontieren stattfinden wird. Denn die Herstellung der
Tiere ist sehr aufwändig und teuer. Solange sich daran nichts ändert, wird
kein Landwirt es sich leisten können, eine Klontierherde in den Stall zu
stellen.
Erklärtes Ziel von Klon-Firmen wie etwa Viagen ist dann auch der weltweite
Handel mit dem Samen von Klontieren oder deren Nachkommen. Mit den Klonen
eines besonders ertragreichen oder krankheitsresistenten Tieres könnte so
eine "Massenproduktion" von Samen oder Embryonen aufgebaut werden. Mit
einem geklonten Zwilling kann auch die Reproduktionszeit eines Tiers fast
unbeschränkt verlängert werden.
Sollte die EU sich gegen die Zulassung von Klon-Lebensmitteln aussprechen,
ist jetzt schon ein neuer Handelsstreit mit den USA absehbar. Wie bei den
Gentech-Produkten werden die USA darauf drängen, dass sie ihre geklonten
Tiere in der EU vermarkten dürfen. Streit wird es auch geben, wenn die EU
hier nachgeben wird, denn ohne entsprechende Kennzeichnung wird eine
Zulassung nicht durchsetzbar sein. Und die lehnen die USA ab.
18 Jan 2008
## AUTOREN
Wolfgang Löhr
## TAGS
Klontiere
Europaparlament
klonen
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