| # taz.de -- Gesucht wird eine Frau fürs Panthéon: Allein unter Männern | |
| > Bisher wurden im Pariser Heldentempel Panthéon 70 Männer geehrt und nur | |
| > eine Frau. Präsident Hollande hat nun unter verdienstvollen „Töchtern“ | |
| > die Wahl. | |
| Bild: Frauen im Pantheon: Als Statuen ein gewünschtes Schmuckwerk, unter den V… | |
| Den „großen Männern“ der französischen Geschichte hat die „dankbare He… | |
| einen pompösen neoklassischen Bau im heutigen 5. Arrondissement von Paris | |
| auf dem Montagne Sainte-Geneviève und mit Sicht auf das Quartier Latin | |
| gewidmet. Der Schriftzug auf der Fassade würdigt nur die herausragenden | |
| Söhne der Nation: „Aux grands hommes, la patrie reconnaissante“ steht da. | |
| An die womöglich nicht minder bedeutenden und verdienstvollen Töchter der | |
| Grande Nation war beim Bau des Panthéons am Ende des 18. Jahrhunderts nicht | |
| gedacht worden. Das soll nun nachgeholt werden. Alle durften per Internet | |
| Vorschläge machen. Jetzt fällt die Wahl erst recht schwer. | |
| ## Kein Mangel an berühmten Frauen | |
| An berühmten Frauen fehlt es nicht in Frankreich. Am bekanntesten wäre | |
| Jeanne d’Arc, die Jungfrau von Orléans, sie hatte das Königreich vor der | |
| Niederlage gegen die Engländer und vielleicht vor dem Untergang bewahrt. | |
| Als das Panthéon kurz nach der Großen Revolution eingeweiht wurde, hätte | |
| sich freilich niemand auch nur im Traum einfallen lassen, eine solche | |
| religiöse Monarchistin zur Nationalheldin zu erklären. Das noch zur Zeit | |
| des Ancien Régime begonnene Gebäude sollte eine Art weltlicher Tempel der | |
| Republik sein. Alle religiösen und monarchistischen Insignien wurden vor | |
| der Einweihung entfernt. | |
| Von Beginn an wurde hitzig darüber diskutiert, wem die seltene Ehre eines | |
| Platzes in der Krypta des Panthéon zukommen solle. Dass die beiden | |
| Philosophen Voltaire und Rousseau unter den Ersten sein mussten, war kaum | |
| umstritten. | |
| ## Umgebettet oder die Ehrung abgelehnt | |
| Hingegen wurden die sterblichen Überreste von vier herausragende Figuren | |
| der Revolution, unter ihnen Graf Mirabeau und der Radikale Jean-Paul Marat, | |
| schon ein Jahr nach ihrer feierlichen Beisetzung im Panthéon wegen eines | |
| Meinungsumschwungs der Staatsführung wieder exhumiert und in aller | |
| Diskretion auf einen weniger prestigeträchtigen Friedhof überführt. | |
| Um solche peinliche Situationen zu vermeiden, wurden später Kriterien | |
| festgelegt, die namentlich vorsehen, dass Kandidaten auf einen Platz im | |
| Panthéon mindestens seit fünf Jahren das Zeitliche gesegnet haben müssen. | |
| Und die Familien der Erwählten müssen zustimmen, was nicht immer der Fall | |
| ist: 2009 wollte Nicolas Sarkozy den Schriftsteller Albert Camus im | |
| Panthéon haben, doch dessen Sohn lehnte diese Ehre aus Angst vor einer | |
| politischen Instrumentalisierung dankend ab. | |
| ## Bisher liegt nur eine Frau im Panthéon | |
| Eine einzige Frau ist bisher von der Nation in dem Heldentempel geehrt | |
| worden: die Atomphysikerin Marie Curie, und auch sie erst 1995. Zwar wurde | |
| auch eine zweite Frau im Panthéon beigesetzt, doch Sophie Berthelot | |
| widerfuhr diese Ehre nur, um an der Seite ihres berühmten Gatten, des | |
| Chemikers Marcellin Berthelot, die letzte Ruhe zu finden. | |
| Von der Parität der Geschlechter ist Frankreich hier weit entfernt. Da sich | |
| François Hollande wie seine Vorgänger auch mit der Nominierung einer | |
| Persönlichkeit fürs Panthéon verewigen möchte, drängt sich die Wahl einer | |
| Frau auf. | |
| Der Staatschef möchte zudem nicht so eigenmächtig entscheiden wie einst | |
| Napoléon Bonaparte, der selber übrigens nicht im Panthéon liegt, dafür | |
| jedoch in zehn Jahren Herrschaft nicht weniger als 41 von 71 heute belegten | |
| Plätzen in der Krypta besetzte. | |
| ## Initiative sucht Frauen | |
| Mit Hollandes Zustimmung organisierte das Kollektiv für (mehr) Frauen im | |
| Panthéon die Aktion „Cherchez la femme“ via Internet. Aus | |
| Feministinnenkreisen kamen dazu vor allem drei Namen, die zu den | |
| Favoritinnen zu zählen sind: Olympe de Gouges, eine (1793 auf der | |
| Guillotine zum Schweigen gebrachte) Vorkämpferin der Frauenrechte der | |
| Revolution sowie die Schriftstellerinnen George Sand und Simone de | |
| Beauvoir. | |
| Nirgends steht aber geschrieben, dass es Geistesgrößen oder Heldinnen des | |
| Kampfs für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, respektive | |
| Schwesterlichkeit, sein müssen. Warum also nicht zum Beispiel Édith Piaf? | |
| ## Ein Vorschlag: Josephine Baker | |
| Der Schriftsteller Régis Debray plädiert für einen Bruch mit Konventionen, | |
| er hat darum in einer Kolumne der Zeitung Le Monde die 1937 eingebürgerte | |
| Tänzerin Josephine Baker für das Panthéon vorgeschlagen, denn er meint: | |
| „Sie würde dort sicher die Urnen und Statuen auftauen und ein wenig Wirbel | |
| und Sonne in diese unterkühlte und so traurig-steife Krypta bringen.“ | |
| Zu den absehbaren Protesten der Tugendwächter meint Debray, dass Baker | |
| erstens als Mitglied des Nachrichtendienstes der Résistance und Kämpferin | |
| gegen die Rassensegregation in den USA eine sehr engagierte Frau gewesen | |
| sei, und zweitens würde es nicht schaden, wenn im Tempel der | |
| Nationalheiligen die Wissenschaftler und die Krieger ein wenig Sinnlichkeit | |
| als Gesellschaft bekämen. | |
| Die Qual der Wahl hat nun der Präsident. So oder so bleibt das Panthéon | |
| auch eine der wichtigsten Touristenattraktionen von Paris. | |
| 31 Dec 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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