# taz.de -- US-Verhandlungen mit Iran: Der Achsenbruch des Bösen | |
> Einst als „Schurkenstaat“ beschimpft, wird der Iran heute als | |
> Regionalmacht wichtig. Deswegen suchen die USA vermehrt den Kontakt. | |
Bild: AKW in Isfahan 2007: Lange vor den Verhandlungen über das iranische Atom… | |
GENF taz | Die Zimmer im Fünfsternehotel mit prächtiger Aussicht auf Genfer | |
See und Walliser Alpen hatte Teheran bereits vor Wochen gebucht – obwohl | |
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Iran erst am Sonntag zur Teilnahme an | |
der am Mittwoch beginnenden Syrien-Konferenz einlud. „Wir waren sicher, | |
dass die Einladung kommen würde“, erklärte am Montag in Genf ein iranischer | |
Diplomat. | |
Die Kritik der US-Regierung an dem „Alleingang“ des UN-Generalsekretärs | |
solle „lediglich dazu dienen, die Hardliner im US-Kongress zu beruhigen“, | |
die das am Montag in Kraft getretene Abkommen über das iranische | |
Atomprogramm sabotieren wollen. | |
Dieser Einschätzung zum Trotz lehnten die USA am Montag die Teilnahme des | |
Iran an der Syrien-Konferenz ab. Sie müsse zurückgezogen werden, es sei | |
denn, die Regierung in Teheran stelle sich öffentlich hinter die Ziele des | |
Treffens, verlautete am Montag aus Washington. | |
Zuvor hatten die syrischen Rebellen ultimativ mit ihrem Fernbleiben von der | |
Konferenz gedroht: „Man werde nur teilnehmen, wenn die Einladung an den | |
Iran bis 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit zurückgenommen werde. Die | |
oppositionelle Nationale Koalition hatte erst am Samstag nach langem Zögern | |
ihre Teilnahme zugesagt. Der Iran gilt den Assad-Gegnern als Kriegspartei | |
an der Seite von Präsident Baschar al-Assad. Tatsächlich unterstützt | |
Teheran die Assad-Diktatur mit Waffen und Personal. Sollten die Rebellen | |
gar nicht in Montreux eintreffen, droht die Konferenz zu platzen, noch | |
bevor sie begonnen hat. | |
## Multilaterale Verhandlungen | |
Allerdings darf die Ablehnung der USA an einer Teilnahme des Irans nicht | |
darüber hinwegtäuschen, dass das Interesse Washingtons an einer | |
Normalisierung der Beziehungen zu Teheran deutlich gewachsen ist. | |
US-amerikanische Diplomaten dementieren nicht mehr Berichte, wonach es | |
schon lange vor den multilateralen Verhandlungen über das iranische | |
Atomprogramm bilaterale Kontakte und Absprachen zwischen Washington und | |
Teheran gab und weiterhin gibt. | |
Zwar, so die US-Diplomaten, sei die Führung in Teheran wegen ihrer | |
Unterstützung für die syrische Regierung, der Hamas im Gazastreifen sowie | |
wegen der Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land weiterhin scharf zu | |
kritisieren. Doch anderseits sei die Lösung der meisten Konflikte im Nahen | |
und Mittleren Osten ohne eine Beteiligung des Iran schlicht nicht möglich. | |
Deshalb habe die Obama-Administration entschieden, die Strategie des | |
totalen Boykotts und der internationalen Isolation des Iran, die Washington | |
seit der islamischen Revolution von 1979 verfolgt, zu korrigieren. | |
Es hat lange gebraucht, bis sich diese Einsicht in Washington durchsetzte. | |
Bereits vor zehn Jahren kritisierte der ehemalige Sicherheitsberater von | |
US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, es als „dumm, „gefährlich | |
und kontraproduktiv“, dass die Bush-Administration nach den | |
Terroranschlägen vom 11. September 2001 den Iran – neben Irak und Norkorea | |
– zur „Achse des Bösen“ in der Welt und zur „größten Bedrohung für … | |
USA“. dämonisierte. Brzezinski, kein Linker oder Pazifist, sondern ein | |
harter Falke der US-Außenpolitik, brandmarkte Forderungen nach einem | |
militärischen Vorgehen gegen den Iran als „verantwortungsloses, | |
aufrührerisches Geschwätz“. | |
Tatsächlich, so der ehemalige Sicherheitsberater, läge es „im | |
wohlverstandenen strategischen Interesse der USA, mit dem Iran, dem | |
wichtigsten Land im Mittleren Osten, auf allen Ebenen gute bilateralen | |
Beziehungen zu unterhalten“. Eine Kooperation zwischen den USA und dem Iran | |
würde auch die Chancen zur Beilegung des israelisch-palästinensischen | |
Konflikts erhöhen. | |
2008 wurde Brzezinski für diese Haltung noch abgestraft. – er musste den | |
Beraterkreis für Obamas Präsidentschaftswahlkampagne verlassen. Doch | |
inzwischen hat die Einsicht, dass eine veränderte Politik gegenüber dem | |
Iran im Interesse der USA liegt, in Washington parteiübergreifend an | |
Unterstützung gewonnen. | |
## Der größte Sponsor | |
Wesentlich dazu beigetragen hat die Sorge über die Rolle Saudi-Arabiens, | |
des Landes mit den weltweit größten Ölvorräten und seit dem Irakkrieg von | |
1991 neben Israel Washingtons wichtigster Verbündete in der Region. Dass | |
der wichtigste Verbündete zugleich der größte Sponsor und Finanzier nicht | |
nur der Täter und Hintermänner vom 11.September 2001, sondern auch vieler | |
anderer Terrorakte ist, ist bekannt. | |
Allerdings wurde dieser eklatante Widerspruch in Washington lange Jahre | |
verdrängt. Doch da die Saudis mit dem Al-Qaida-Netzwerk verbundene | |
islamistische Rebellengruppen in Syrien offensichtlich unterstützen, haben | |
sich die Ansichten gewandelt. Eine Machtübernahme dieser Gruppen in Syrien | |
gilt in Washington inzwischen als größeres Übel im Vergleich zu einem | |
Verbleib Assads an der Macht. | |
Um dieses Szenario zu verhindern, kooperieren die Geheimdienste der USA, | |
aber auch Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands inzwischen sogar | |
mit dem syrischen Geheimdienst. Die Einsicht, dass man zu einer Beilegung | |
des Syrienkonflikts nicht nur die Nachbarstaaten braucht, die die syrische | |
Opposition unterstützen, sondern auch den Iran als Helfer der Regierung in | |
Damaskus, hatten UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und sein Vorgänger Kofi | |
Annan bereits Anfang 2012. | |
Ob diese Kursänderung auf der geplanten Syrien-Konferenz Mitte dieser Woche | |
schon Früchte trägt, steht dahin. Aber langfristig könnte das neue | |
Interesse Washingtons am Iran dazu führen, dass aus dem „Schurkenstaat“ | |
wieder ein Partner des Westens wird. | |
20 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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