# taz.de -- Energie-Professor über neue Technologien: „Absolute Sicherheit g… | |
> Ohne leistungsfähige Speicher kann der Umstieg auf Erneuerbare nicht | |
> gelingen. Professor Dirk Uwe Sauer über neue Technologien und brennende | |
> Elektroautos. | |
Bild: „Es gibt für praktisch jede Speicheraufgabe bereits passende Technolog… | |
taz: Herr Sauer, sind fehlende Energiespeicher der Bremsklotz der | |
Energiewende? | |
Dirk Uwe Sauer: Nein. Bei den derzeitigen Mengen an erneuerbaren Energien | |
im Stromnetz braucht man praktisch noch keine Speicher. Es gibt vielleicht | |
hier und da lokale Probleme – insbesondere in Süddeutschland gerät das eine | |
oder andere regionale Verteilnetz wegen sehr vieler installierter | |
Photovoltaik-Anlagen phasenweise an seine Kapazitätsgrenzen. Aber das sind | |
Ausnahmen, im größeren Maßstab sind wir noch längst nicht an dem Punkt, an | |
dem es vor einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien erst neue | |
Speicher geben müsste. | |
Wann wäre es so weit? | |
Bundesweit müssten die Erneuerbaren, so zeigen Berechnungen, wenigstens | |
einen Anteil von 40 Prozent an der Stromerzeugung haben, damit Speicher | |
wirtschaftlich betrieben werden können. | |
Momentan liegen wir bei 25 Prozent, laut den Energiekonzepten des Bundes | |
sollen 40 Prozent erst nach 2020 erreicht werden. Genügen denn zehn Jahre, | |
um die Speichertechnologien einsatzfähig zu bekommen? | |
Ja, die Forschung ist relativ weit. Es gibt für praktisch jede | |
Speicheraufgabe bereits passende Technologien – aber natürlich wird | |
parallel weiter an günstigeren, langlebigeren oder in der Herstellung | |
umweltschonenderen geforscht. Für stationäre Batterien zum Beispiel gibt es | |
noch etliche nicht wirklich erforschte Materialkombinationen. Doch am | |
allerwichtigsten ist jetzt, die vorhandenen Technologien auch absolut reif | |
für die Praxis zu machen. Dafür sind zehn Jahre schon okay. | |
Was ist mit den Kosten? | |
Die werden massiv sinken, zumindest bei allen elektrochemischen Systemen. | |
Bei Lithium-Ionen-Batterien, wie sie im Automobilsektor eingesetzt werden, | |
haben wir das bereits gesehen – da sind die Preise bereits auf ein Niveau | |
gefallen, das noch vor ein paar Jahren erst für 2020 erwartet worden waren. | |
Wenn Speicher in größerer Zahl gebaut werden, sinken die Kosten. Aber | |
allein vom Forschen und Warten werden die Sachen nicht sehr viel billiger. | |
Was es jetzt braucht, sind deshalb Markteinführungsprogramme. | |
Kürzlich sorgte ein YouTube-Film aus den USA für Furore, das ein | |
Tesla-Elektroauto zeigte, dessen Lithium-Ionen-Batterien in Flammen | |
standen. Die Tesla-Aktien stürzten danach ab. | |
Absolute Sicherheit gibt es nicht, fast alle technischen Systeme können | |
Fehler produzieren, da sind Elektroautos keine Ausnahme. Es heißt, in den | |
USA gibt es Jahr für Jahr ungefähr 250.000 Autobrände, nur wird bei | |
konventionellen Fahrzeug kaum darüber berichtet. Der Tesla in dem | |
angesprochenen Film hatte einen Unfall, und dass Autos bei Unfällen in | |
Brand geraten, ist alltäglich. Vor zwei Jahren sorgte ein Fall aus China | |
für Aufsehen. Da war ein Auto des Herstellers BYD mit | |
Lithium-Eisenphosphat-Zellen in Brand geraten, die eigentlich als noch | |
sicherer gelten. Na ja, das Auto war mit Tempo 160 gegen einen Baum | |
gefahren – man darf annehmen, dass die brennende Batterie nicht das größte | |
Problem des Fahrers war. | |
Könnte ein Markteinführungsprogramm für Speicher beispielsweise so aussehen | |
wie das 1.000-Dächer-Programm von 1990 zur Förderung der Photovoltaik? | |
Bei Speichern ist das komplizierter – denn anders als bei der | |
Energieerzeugung geht es ja nicht darum, so viel Kapazität wie möglich | |
aufzubauen, sondern gerade so viel, wie jeweils für ein stabiles | |
Gesamtsystem gebraucht wird. Man müsste also die Ausbauraten sehr, sehr | |
präzise entlang des tatsächlichen Bedarfs an Speichern steuern. Denn wenn | |
zu viele gebaut werden, dann bricht der Preis für Speicherdienstleistungen | |
derart zusammen, dass sich kein Markt entwickeln kann. Und das ist | |
schließlich auch kontraproduktiv. | |
Die Bundesregierung überlegt, fossile Kraftwerke künftig zu | |
subventionieren, damit sie als Ausgleich für schwankende | |
Ökostrom-Einspeisungen dienen können. Ist das eine gute Idee? | |
Ich halte nicht viel davon. Aber wenn man es schon tut, sollte man | |
zumindest langfristig denken und die Förderung auf Gaskraftwerke | |
beschränken. Die sind einerseits besonders flexibel, passen also am besten | |
zu den fluktuierenden Erneuerbaren. Kohlekraftwerke hingegen werden völlig | |
obsolet, sobald der Anteil der erneuerbaren Energien ansteigt. Deren Neubau | |
jetzt noch im Rahmen der diskutierten Kapazitätsmärkte zu fördern wäre | |
wirklich rausgeworfenes Geld. | |
21 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Toralf Staud | |
## TAGS | |
Energiewende | |
Bolivien | |
Kohlekraftwerke | |
RWE | |
Tesla | |
Elektroauto | |
Ökostrom | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) | |
Prokon | |
Sigmar Gabriel | |
Erneuerbare Energien | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lithium-Vorkommen in Bolivien: Der weiße Schatz wird gehoben | |
Lithiumbatterien sollen Boliviens Wirtschaft fördern. Nach Problemen bei | |
der Lithiumförderung sind nun die ersten Akkus im Einsatz. | |
Kartellamtschef warnt vor „Kapazitätsmarkt“: Zulasten des Verbrauchers | |
Sonnen- und Windenergie sind günstig. Daher haben die konventionellen | |
Kraftwerke am Markt einen schweren Stand. Die Versorger fordern einen | |
teuren Parallelmarkt. | |
Umsatzeinbußen bei Stromkonzernen: Miese Zahlen, miese Kraftwerke | |
Von wegen, die Energiewende schadet: RWE macht zwar einen Bilanzverlust von | |
2,8 Milliarden Euro. Das liegt aber an Wertberichtigungen im Ausland. | |
Werk für Elektroauto-Batterien: Tesla plant Gigafabrik | |
Der E-Auto-Hersteller Tesla will fünf Milliarden Dollar in eine | |
Batterienfabrik investieren. Dort sollen ab 2017 eine halbe Million | |
Autobatterien pro Jahr produziert werden. | |
Studie zu Elektroautos: Frauen unter Strom | |
Die Uni Bochum untersucht das Verhalten von Elektroauto-Fahrern im Alltag. | |
Frauen sind öfter zufrieden als Männer. Beim Urlaub herrscht Skepsis vor. | |
Energiepläne des Wirtschaftsministers: Gegenwind für Gabriel | |
Kaum ist Sigmar Gabriels Ökostromplan bekannt, wird massive Kritik laut – | |
auch aus den eigenen Reihen. Die Länder befürchten Nachteile. | |
Erneuerbare Energien: Gabriels unnötige Reform | |
Ökostrom wird billiger werden, sagt die Branche. SPD-Energieminister | |
Gabriel plant dennoch eine Reform – die die Solarenergie belasten wird. | |
Windparkbetreiber Prokon: Die Vision überlebt die Pleite | |
Sie nennen sich „Freunde von Prokon“. Sie kämpfen für ihre trudelnde Firm… | |
Doch was treibt sie an? Der Versuch einer Annäherung. | |
Kritik an Energiewende-Plänen: Gegenwind für Gabriel | |
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will den Ausbau von Windkraft | |
drosseln. Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Albig hat ganz andere | |
Vorstellungen. | |
Reform der Energiewende: Nicht mehr auf der Sonnenseite | |
Die neue Regierung will die Förderung erneuerbarer Energien umkrempeln. | |
Dabei rechnet Energieminister Sigmar Gabriel fantasievoll. | |
Reformpapier zur Energiewende: EEG 2.0 | |
Vizekanzler Sigmar Gabriel plant eine Reform des | |
Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Der Ausbau soll sich auf Solarenergie und | |
Windkraft an Land konzentrieren. |