# taz.de -- Kartellamtschef warnt vor „Kapazitätsmarkt“: Zulasten des Verb… | |
> Sonnen- und Windenergie sind günstig. Daher haben die konventionellen | |
> Kraftwerke am Markt einen schweren Stand. Die Versorger fordern einen | |
> teuren Parallelmarkt. | |
Bild: RWE-Kohlekraftwerk in der Nähe von Pulheim. | |
BONN dpa | Ein vom Verbraucher finanzierter „Kapazitätsmarkt“ für das | |
Bereithalten kaum genutzter Gas- und Kohlekraftwerke stößt auf Skepsis beim | |
Bundeskartellamt. „Das kann nur die Ultima Ratio, das letzte Mittel sein, | |
falls es wirklich dazu käme, dass die Versorgungssicherheit nicht anders | |
gewährleistet werden kann“, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt. | |
Viele Stromkonzerne fordern einen solchen „zweiten Markt“. Weil zahlreiche | |
Gas- und Kohlekraftwerke angesichts der Konkurrenz des billigen Sonnen- und | |
Windstroms bereits zur Stilllegung angemeldet wurden, warnen sie vor | |
drohenden Versorgungsengpässen vor allem im Winter. Ein solcher Markt hätte | |
nach Experteneinschätzung ein Milliardenvolumen und müsste vom Verbraucher | |
bezahlt werden. | |
Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht gebe es einige kritische Punkte, sagte | |
Mundt. So könnte ein Kapazitätsmarkt wohl zu neuen Marktmachtsproblemen | |
führen. Denn die geforderte „gesicherte Leistung“ ungeachtet von Wetter und | |
Tageszeit lasse sich nun mal am leichtesten mit großen konventionellen | |
Kraftwerksparks bereitstellen, wie sie vor allem die „Großen Vier“ der | |
Stromerzeugung Eon, RWE, EnBW und Vattenfall besitzen. | |
Erneuerbare Energien würden praktisch keine Rolle spielen, da sie meist | |
keine gesicherte Leistung anbieten können. Und es sei „nicht gerade | |
wahrscheinlich“, dass ausländische Kraftwerke an einem solchen | |
Marktwettbewerb ausreichend teilnehmen könnten, weil es an Konnektoren für | |
den grenzüberschreitenden Stromtransport fehle. | |
## Hohe Machtkonzentration bei Erzeugern | |
Dies alles würde zu einem sehr engen Markt für gesicherte Leistung und | |
hoher Machtkonzentration bei wenigen großen Erzeugern führen. Das berge | |
auch das Risiko von Missbräuchen der Marktmacht zum Schaden der | |
Verbraucher. „Wir sehen auch die hohen Risiken eines Eingriffs, die | |
Komplexität und die Gefahr eines Regulierungsversagens, die Gefahr | |
politischer Einflussnahme und die Unvereinbarkeit mit dem europäischen | |
Binnenmarkt, dass wir hier möglicherweise Verzerrungen durch verschiedene | |
nationale Subventionsregime bekommen“, sagte Mundt. | |
Statt solcher Eingriffe sei es besser, erst einmal abzuwarten, wie sich der | |
Markt entwickelt und wie sich die von der Bundesregierung geplante Reform | |
des EEG auswirke. Deutschland habe derzeit keine Kapazitätslücke, sondern | |
deutliche Überkapazitäten, betonte Mundt. „Im Moment sind Stilllegungen | |
eine ganz normale Reaktion und die Kraftwerke, um die es ganz konkret geht, | |
die will auch keiner wirklich am Markt haben, denn die meisten sind recht | |
alt und technisch nicht mehr auf dem neusten Stand.“ | |
Wenn diese Überkapazitäten abgebaut würden, könne es auch wieder zu | |
steigenden Preisen und Anreizen für Kraftwerksinvestitionen kommen. „Die | |
Notwendigkeit eines Kapazitätsmarktes ist daher längst nicht ausgemacht.“ | |
Möglicherweise reiche es auch aus, wenn die Netzbetreiber – ähnlich wie | |
bisher im Winter für Süddeutschland – zur Sicherung der Versorgung | |
strategische Reservekraftwerke unter Vertrag nähmen. „Wir sind sehr dafür, | |
erst mal das EEG zu modernisieren – das passiert jetzt – und dann zu sehen, | |
wie sich der Markt weiter entwickelt.“ | |
8 Jun 2014 | |
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