# taz.de -- Polizeieinsatz gegen Flüchtlinge in Berlin: Filmen erlaubt | |
> BVG-Mitarbeiter haben verhindert, dass Zeugen den Einsatz gegen | |
> Flüchtlinge in Berlin filmen. Dabei sind solche Aufnahmen nicht verboten. | |
Bild: Die einzige (wackelige) Filmaufnahme des Vorfalls. | |
BERLIN taz | Was genau ist am Freitag bei der Fahrkartenkontrolle einer | |
Gruppe von Flüchtlingen am U-Bahnhof Hermannplatz passiert? Kontrolleure | |
hatten wenige Minuten vor zehn Uhr einen Flüchtling mit einer Fahrkarte | |
erwischt, die erst ab zehn Uhr gilt. Die BVG behauptet: Nur die eine Person | |
sei zum Aussteigen aufgefordert worden, um ein gültiges Ticket nachzulösen. | |
Die Flüchtlinge behaupten, die ganze Gruppe sei zum Aussteigen aufgefordert | |
worden – auch die mit zweifellos Fahrschein. Auch der Verlauf der weiteren | |
Auseinandersetzung im U-Bahnhof ist strittig. | |
Die Verkehrsbetriebe werten jetzt die Videoaufzeichnungen aus der Bahn und | |
aus dem Bahnhof aus. Dort werden aber nur Bilder aufgezeichnet, keine Töne. | |
Und die BVG-Mitarbeiter haben auch aktiv verhindert, dass weitere | |
Beweisaufnahmen von anderen Fahrgästen angefertigt werden. | |
Das zeigt das bisher [1][einzige öffentlich bekannte Video] von dem | |
Vorfall, das jemand mit seinem Handy aufgenommen hat. Zu diesem Zeitpunkt | |
ist der Einsatz schon recht weit fortgeschritten: Die Flüchtlinge liegen | |
auf dem Boden, Polizisten knien auf ihnen, legen ihnen Handschellen an und | |
führen sie ab. Eine Reihe von Zeugen beobachtet das Geschehen. | |
„Verboten, verboten“, sagt ein anderer Fahrgast zu dem, der die Szene mit | |
dem Handy aufzeichnet. „Nix verboten“, antwortet der. Ein Polizist schaltet | |
sich ein: „Nein, ist nicht verboten.“ Eine halbe Minute später wiederholt | |
sich die Auseinandersetzung. „Muss das sein?“, fragt jemand den Filmer und | |
fordert: „Aus!“ Der Polizist von vorhin ist inzwischen weitergegangen. | |
Stattdessen kommt jetzt ein BVG-Mitarbeiter, verstellt den Blick auf das | |
Geschehen und hebt die Hand zur Kamera. Dann bricht die Aufnahme ab. | |
## Legal oder illegal? | |
Aber wie ist das wirklich: Ist dieses Video legal oder illegal? Juristisch | |
gesehen muss man dabei sauber trennen zwischen der Aufzeichnung und der | |
späteren Veröffentlichung. Ersteres ist erlaubt, wie im letzten Jahr erst | |
wieder das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht [2][entschied]: „Das | |
Filmen und Fotografieren polizeilicher Einsätze ist allerdings | |
grundsätzlich zulässig.“ Die Polizisten dürfen den Filmenden höchstens na… | |
dem Ausweis fragen, aber die Aufnahmen nicht unterbinden. Auch die | |
Hausordnung der BVG verbietet keine Foto- und Videoaufnahmen. | |
Nicht alles, was man filmen darf, darf man aber auch veröffentlichen. Wenn | |
darauf einzelne Personen zu erkennen sind, ist das „Recht am eigenen Bild“ | |
zu beachten. Dieses Recht gilt aber nicht allumfassend, sondern im | |
Kunsturhebergesetz stehen [3][ausdrücklich eine Reihe von Ausnahmen]. | |
So ist die Veröffentlichung von Aufnahmen „aus dem Bereiche der | |
Zeitgeschichte“ zum Beispiel ausdrücklich erlaubt. Dazu gehören laut einem | |
[4][früheren Urteil] „Ereignisse im Leben der Gegenwart, die von der | |
Öffentlichkeit beachtet werden, bei ihr Aufmerksamkeit finden und | |
Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter Kreise sind“. Hier war das | |
öffentliche Interesse hoch: Alle Medien in Berlin haben über den Fall | |
berichtet – und daher auch die Veröffentlichung von Videos erlaubt. | |
Übrigens ist das „Recht am eigenen Bild“ nur betroffen, wenn man darauf | |
jemanden erkennen kann. Werden die Aufnahmen verpixelt, darf man sie immer | |
veröffentlichen. | |
21 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=KaObuFQbQJM | |
[2] http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psm… | |
[3] http://transpatent.com/gesetze/kunstg.html#23 | |
[4] http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psm… | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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