# taz.de -- Berliner Theatertreffen: Glück und Wettbewerb | |
> Im Mai startet in Berlin das Theatertreffen. Am Montag gab die | |
> Kritikerjury ihre Auswahl bekannt: München steht diesmal im Mittelpunkt. | |
Bild: Von den Kammerspielen in München kommt auch „Fegefeuer in Ingolstadt�… | |
Etwas Neid, Wiedersehensfreude, Angst und Überraschung – so könnte man | |
dieses Jahr die Affekte schildern, mit denen man in Berlin dem | |
Theatertreffen im Mai entgegenblickt. | |
Neid auf die Stadt München, die mit gleich vier Inszenierungen vertreten | |
ist – zwei von den Kammerspielen, zwei vom gerade erst wieder viel | |
beachteten Residenztheater. Wiedersehensfreude, weil mit „Tauberbach“ das | |
zuletzt vor zehn Jahren eingeladene choreografische Theater von Alain | |
Platel dabei ist und mit „Zement“ von Heiner Müller die letzte Inszenierung | |
des 2013 verstorbenen Regisseurs Dimiter Gotscheff nach Berlin kommt. | |
Angst, weil mit Frank Castorfs Münchner Inszenierung von „Reise ans Ende | |
der Nacht“ nach einem Roman von Louis-Ferdinand Céline zwei wütende Stimmen | |
aufeinandertreffen und nicht weniger als fünf Stunden „heißlaufende | |
Hysterie“ ansteht – wie es Jurymitglied Daniele Muscionico, | |
Theaterkritikerin aus Zürich, bei der Vorstellung der zehn ausgewählten | |
Inszenierungen nannte. Und Neugierde schließlich, weil mit Susanne Kennedy | |
(„Fegefeuer in Ingolstadt“) und Robert Borgmann („Onkel Wanja“) endlich | |
wieder zwei jüngere Regisseure zu entdecken sind. | |
## Regionale Streuung der Jury | |
Seit der Gründung des Theatertreffens wird die Auswahl von Journalisten | |
getroffen – diesmal gehörten der Jury Barbara Burckhardt von Theater heute, | |
Anke Dürr vom Kultur Spiegel, Peter Laudenbach (tip Berlin/SZ), der | |
Radiomoderator Christoph Leibold, Daniele Muscionico aus Zürich, Bernd | |
Noack (u. a. Bayerischer Rundfunk) und Andreas Wilink (WDR) an. | |
Wenn trotz dieser regionalen Streuung dann doch vornehmlich zwei Städte in | |
den Blick fallen – neben München ist Zürich zweimal vertreten, mit „Die | |
Geschichte von Kaspar Hauser“ (Regie: Alvis Hermanis), „Amphitrion und | |
seine Doppelgänger“ (Regie: Karin Henkel) –, dann spricht das für einen | |
Glücksmoment im kreativen Wettbewerb dort. In Berlin, trotz seiner vielen | |
Theater, oder Hamburg, gelingt das zurzeit nicht. Da wirkt es für Berlin | |
fast wie ein Trostpreis, dass wenigstens Slapstickmeister Herbert Fritsch | |
mit „Ohne Titel Nr. 1“ von der Volksbühne wieder dabei ist. | |
Vom Burgtheater Wien kommen „Die letzten Zeugen“ (Regie: Doron Rabinovici | |
und Matthias Hartmann), eine Erzählung über und mit Wiener Überlebenden des | |
Holocaust. Rimini-Protokoll, Wegbereiter solcher dokumentarischen Formen, | |
beschäftigt sich in „Situation Rooms“ mit dem Waffenhandel in einer | |
Installation, durch die jeder Besucher per iPad geführt wird. Dass solche | |
medialen Überschreitungen des Schauspiels im Trend liegen, garantiert noch | |
nicht, dass sie auch gut funktionieren. Wenn es dann aber klappt, was beim | |
Theatertreffen zu hoffen ist, dann hat die Kunst wieder einen großen | |
Schritt aufs Leben zu gemacht. | |
5 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Katrin Bettina Müller | |
## TAGS | |
Münchner Kammerspiele | |
Burgtheater Wien | |
Theater | |
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