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# taz.de -- Bildung bilden: Für die Kleinen nur das Beste
> Kita und Schule müssten gleichermaßen an frühkindlicher Bildung arbeiten,
> fordert Pädagogik-Experte Wassilios Fthenakis.
Bild: Auch in die Mathematik kann man früh spielerisch eintauchen.
BREMEN taz |Er könnte, wenn er Bildungspolitiker wäre, „keine Nacht ruhig
schlafen“, mit dieser provozierenden Bemerkung fasste der renommierte
Pädagoge Wassilios [1][Fthenakis] von der Uni Bozen seine Kritik an den
bildungspolitischen Versäumnissen im Kita- und Grundschulbereich zusammen.
Der Festsaal der Bürgerschaft war bis auf den letzten Platz besetzt, gut
200 interessierte Expertinnen waren am Freitag zu einem Fachtag gekommen
und hörten Fthenakis gebannt zu - darunter auch in der ersten Reihe die für
Kita und Schule verantwortlichen Senatorinnen.
Vor fünf Jahren hatte ein Besuch von Fthenakis in Bremen noch mit einem
kleinen Eklat geendet: Der Professor reagierte verärgert mit einer
Dienstaufsichtsbeschwerde auf die Art, wie er von den Kita-Verantwortlichen
der senatorischen Behörde behandelt worden war. Der Streit schien gestern
vergeben und vergessen: Wenigstens in der Tendenz signalisierten die
Senatorinnen Zustimmung zu vielen Aspekten der Kritik des
Bildungsforschers.
## Absurde Pisa-Folge
Absurd findet Fthenakis, dass die Konsequenz der Bildungspolitiker aus den
Pisa-Ergebnissen sich in der Einführung des Zentralabiturs erschöpfte.
Unter Wissenschaftlern sei Konsens, dass die Weichen für die
Bildungsprozesse im frühkindlichen Alter gestellt würden, erklärte er. Die
weiterführenden Schulen könnten auch mit viel Geld kaum kompensieren, was
im Alter zwischen null bis acht Jahren schief gelaufen ist.
Es sei bekannt, mit welchen Defiziten viele Kinder eingeschult werden, so
Fthenakis. „Wir haben für diese Kinder nichts getan.“ Erzieherinnen für d…
Kitas werden aber nach wie vor weniger gut qualifiziert, mies bezahlt und
sind schlechter angesehen als LehrerInnen. Er forderte für sie dieselbe
qualifizierte Ausbildung.
Auch für die institutionelle Trennung von Kita und Grundschule gebe es kein
pädagogisches Argument – auch das Konzept vom „schulreifen Kind“ nannte
Fthenakis „absurd“. Spielen und Lernen seien kein Gegensatz.
Elementarpädagogen müssten vor allem die emotionalen Lern-Kompetenzen der
Kinder und ihre Lern-Neugier stärken. Es müsse ein gemeinsames
Bildungskonzept für Kita und Schule geben.
## Kontakt bereits kurz nach Geburt
Grundsätzlich zeigten alle wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die
Familie der einflussreichste Bildungsort ist. Diese zu stärken, bewirke
daher mehr als schulische Kompensationsmaßnahmen. „Bildungspartnerschaft“
sei notwendig, so Fthenakis, die Kontaktaufnahme von
Frühpädagogik-ExpertInnen mit der Familie müsste kurz nach der Geburt
erfolgen.Fthenakis’ Resümee: Die Reformprojekte der letzten Jahre haben
viel Geld gekostet und nicht viel bewirkt.
Ausgegangen war die Initiative für die Einladung von Fthenakis von dem
grünen Bürgerschaftsmitglied Stephan Schlenker, einem früheren Kinderarzt –
nicht von den verantwortlichen Senatorinnen. Das merkte man an ihren
Stellungnahmen: Sie konnten nichts über konkrete Planungen sagen, sondern
nur ihren guten Willen verkünden.
„Ja“, stimmte Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) zum Beispiel zu, es
habe viele Projekte zur Reform des Verhältnisses von Kita und Schule
gegeben, es sei aber die „Nachhaltigkeit nicht abgesichert“ worden.
## Ergebnisse sind abgeheftet
Im Klartext: Bei den verantwortlichen Behörden wurden die Ordner mit den
Ergebnissen der Reformprojekte nur im Archiv abgestellt. Nur wo einzelne
engagierte Grundschulen aus den Reformprojekten Konsequenzen ziehen
wollten, da passierte etwas, etwa rund um die Grundschule
Buntentorsteinweg.
Eine ferne „Vision“, meinte Quante-Brandt, sei der gemeinsame Bildungsplan
für Kita und Schule, das gehe nicht von heute auf morgen. Tatsächlich hat
Fthenakis das in Bremen schon im Jahre 2004 eingefordert – ebenso wie die
Notwendigkeit einer Hochschul-Qualifikation der Erzieherinnen.
Diese und die gleiche Bezahlung, so stellte die für die Kitas zuständige
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) fest, sei nicht in einem kleinen
Bundesland, sondern nur einheitlich bundesweit durchzusetzen. Aber es
reiche nicht, so räumte sie ein, an die Kitas außen „Kinder und
Familienzentrum“ zu schreiben.
10 Feb 2014
## LINKS
[1] http://www.fthenakis.de/c2/
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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