# taz.de -- Studie zu Familienmodellen: Ermattete Emanzipation | |
> Eltern sind zufrieden, wenn der Mann die Familie versorgt und die Frau zu | |
> Hause ist. Das geht aus einer bayrischen Studie hervor. Wollen Muttis | |
> zurück zum Herd? | |
Bild: So mögen es die Deutschen laut aktueller Studie: Der Mann arbeitet Vollz… | |
BERLIN taz | Frauen und Männer in Deutschland scheinen nach wie vor | |
traditionell zu ticken. So zumindest kann man das Ergebnis der Studie "Wie | |
viel Familie verträgt die moderne Gesellschaft?" des Roman-Herzog-Instituts | |
(RHI) verstehen, das von den bayerischen Arbeitgeberverbänden finanziert | |
wird. | |
Danach sind jene Paare am zufriedensten, die das Alleinverdienermodell | |
leben: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Gattin ist Hausfrau. Frauen mit | |
Kindern bevorzugen die alte Arbeitsteilung und sind dann unzufrieden, wenn | |
sie mehr Stunden im Job verbringen müssen, als sie eigentlich wollen. | |
Damit fördert die Studie ähnliche Ergebnisse zutage wie die einer groß | |
angelegten Untersuchung des Familienforschers Wassilios Fthenakis vor knapp | |
zehn Jahren. Damals hatte Fthenakis herausgefunden, dass moderne Paare so | |
lange auf Gleichstellung in der Partnerschaft setzen, wie sie keine Kinder | |
haben. Kündigt sich das erste Kind, wenden sie sich allmählich vom | |
Egalitätsprinzip ab. Spätestens beim zweiten Kind finden sie sich in der | |
"Retraditionalisierungsfalle" wieder. | |
"Die Ergebnisse haben mich überrascht", sagt Susanne Seyda, Volkswirtin am | |
Institut der deutschen Wirtschaft Köln, die an der RHI-Studie mitgewirkt | |
hat. Denn der Trend geht seit Jahren in eine andere Richtung: Frauen rein | |
in den Beruf, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht und ob | |
sie Kinder haben oder keine. Insofern kann man die RHI-Studie auch so | |
lesen: Zeitweilig kann man schon mal unzufrieden sein mit Job und Alltag. | |
Nämlich dann, wenn kleine Kinder da sind und Job, Haushalt und Familie | |
gemanagt werden müssen. | |
All diese Dinge wurden in der Studie aber nicht untersucht. Denn die | |
Lebenerfahrung lehrt: es gibt jede Menge Mütter und Väter, die für eine | |
bestimmte Familienphase gewisse Unzufriedenheiten in Kauf nehmen, weil sie | |
wissen, dass es in dieser Zeit nicht anders geht. In ein traditionelles | |
Rollenverhalten würden die meisten von ihnen aber trotzdem nicht | |
zurückfallen. Sie wissen, dass die Erwerbstätigkeit von Frauen sowohl einen | |
finanziellen und emanzipatorischen Vorsprung verschafft als auch einen | |
(psycho)sozialen Erfolg. | |
## Mehr Absprachen und Koordination | |
Susanne Seyda drückt es so aus: "Diejenigen, die sich eine egalitäre | |
Arbeitsaufteilung wünschen, sind unzufriedener als Paare mit einen | |
traditionellen Rollenverhalten." Oder anders gesagt: Ein egalitäres Modell | |
erfordert mehr Absprachen und Koordination. Manche nervt das, andere sehen | |
darin die einzige Möglichkeit, tatsächlich gleichberechtigt nebeneinander | |
zu leben. | |
Wie sich die Paare entwickeln, ob sie trotz aller Mühen beim egalitären | |
Modell bleiben oder früher oder später zur klassischen Rollenverteilung | |
zurückkehren, hat die Studie nicht untersucht. Ebenso wenig beantwortet die | |
Studie die Frage, ob Paare, bei denen beide Partner Vollzeit arbeiten, dies | |
allein aus finanziellen Gründen tun. | |
Bettina Wündrich, Soziologin und Autorin, hat in ihrem kürzlich | |
erschienenen Buch "Einsame Spitze?" nach eingehender Recherche folgende | |
These aufgestellt: Berufstätige Frauen sind glücklicher. Sie sagt aber | |
auch: Karriereorientierte Frauen müssen eine "außerordentlich hohe | |
Leistungsbereitschaft und Durchhaltevermögen" mitbringen und "Abstriche im | |
Privatleben in Kauf nehmen". Es mangelt an Kita-Plätzen und | |
Ganztagsschulen, aber auch an Anreizen für Männer, Teilzeit zu arbeiten. | |
Bislang fordern nur knapp 16 Prozent der Unternehmen Väter aktiv dazu auf, | |
in die Elternzeit zu gehen. Susanne Seyda: "Der große Knackpunkt ist nach | |
wie vor die Vereinbarkeit von Familie und Beruf." Fragt man Eltern, wie | |
lange sie am liebsten arbeiten würden, geben Mütter und Väter laut | |
"Familienmonitor 2010" des Bundesfamilienministeriums jeweils 30 | |
Wochenstunden an. | |
13 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Frühkindliche Bildung | |
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