# taz.de -- Kommentar Sanktionsdrohungen: Das Schnittmuster des Kalten Krieges | |
> Sanktionen gegen Russland führen auf den falschen Weg: Es droht eine | |
> Eskalation, die nicht mehr zu stoppen ist. Mehr Kooperation ist gefragt. | |
Bild: Die ukrainische Halbinsel Krim wird Putin nicht wieder hergeben. | |
Der Anschluss der Krim an Russland ist beschlossene Sache. Das Parlament | |
auf der Krim hat den Ausgang des Votums am Wochenende schon halb | |
vorweggenommen. Die Volksabstimmung ist endgültig eine Farce: Es geht nicht | |
um eine offene Entscheidung, die so oder so ausfallen kann. Es geht um die | |
nachträgliche Bestätigung des Faktischen. | |
In dieses Bild passt, dass ukrainische Militärschiffe beschlagnahmt werden. | |
Putin bricht damit das Völkerrecht. | |
Und die EU droht mit Sanktionen. Sie wird Reisebeschränkungen erlassen, | |
Konten russischer Oligarchen sperren, den Handel einschränken, vielleicht | |
die Fußball-WM 2018 abblasen. Das klingt naheliegend – klug ist es nicht. | |
Sanktionsankündigungen haben eine fatale Eigendynamik. Wer mit ihnen droht, | |
muss sie auch verhängen, um nicht als Maulheld zu erscheinen. Es bahnt sich | |
eine Eskalationsspirale an, bei der bald niemand mehr den Rückwärtsgang | |
findet. | |
Die Vorstellung, dass Putin sich von der EU zu Wohlverhalten erpressen | |
lässt, ist abgrundtief naiv. Putin ist ein autokratischer Macho, der sich | |
solchen Gesichtsverlust nicht leisten wird. | |
Wenn der Westen Sanktionen verhängt, wird die russische Regierung nicht die | |
Krim wieder räumen, sondern Gleiches mit Gleichem vergelten, Konten | |
deutscher Firmen in Moskau sperren, den Handel einschränken. | |
Es ist aber kurzsichtig, Russland in die Isolation zu treiben. Autoritäre | |
Regime, die sich umzingelt fühlen, agieren nach innen noch härter. In | |
internationalen Krisen wird es noch schwieriger, Russland zu Kompromissen | |
zu bewegen. Und im schlimmsten Fall wird, nach dem Muster des Kalten | |
Krieges, die Ukraine dauerhaft zum Schauplatz eines Stellvertreterkrieges. | |
Die EU leuchtet mit einem Streichholz in ein Munitionsdepot. Klüger wäre | |
ein selbstkritischer Blick auf das eigene Handeln. Die Europäische Union | |
hat diese Eskalation nicht gezielt in Gang gesetzt. Aber sie hat bei dem | |
Assoziierungsabkommen mit Kiew die russische Skepsis unterschätzt. Dass | |
eine westlich orientierte Ukraine, womöglich irgendwann als Nato-Staat, in | |
Moskau aggressive Ängste auslöst, ist ja kein Wunder. | |
Die Lehre daraus muss lauten: Mehr Verständigung, mehr Kooperation mit | |
Moskau. Nicht weniger. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die | |
Leidenschaftslose, steht in dem Ruf, die Dinge vom Ende her zu denken. In | |
dieser Krise kann sie es zeigen. Hoffentlich. | |
11 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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