# taz.de -- Frauenfußball in Schweden: Tyresö auf Talfahrt | |
> Die einstmals beste Liga der Welt kämpt gegen Zuschauerschwund und | |
> Finanzlöcher. Besonders betroffen ist der der Klub der Weltfußballerin | |
> Marta. | |
Bild: Tyresös Star-Spielerin Marta im Disput mit der Schiedsrichterin | |
STOCKHOLM taz | Vor einigen Jahren nannte sie sich stolz die beste | |
Frauenfußballliga der Welt. Doch mittlerweile ist es zehn Jahre her, dass | |
ein schwedischer Klub die Champions League bei den Frauen gewinnen konnte. | |
Und nicht nur sportlich, sondern auch finanziell geht es bergab. Um 20 | |
Prozent sank der Publikumsschnitt binnen drei Jahren, ohne dass daran | |
Verpflichtungen von internationalen Stars wie der Brasilianerin Marta etwas | |
hätten ändern können. | |
Die hatte 2012 einen Vertrag beim Stockholmer Verein Tyresö FF | |
unterschrieben, der damals aufgrund zahlungskräftiger Sponsoren als „Klub | |
der Brieftaschen“ galt. Erst 2010 in die oberste Liga aufgestiegen, hatte | |
man ehrgeizige Ziele und konnte tatsächlich vor zwei Jahren schwedischer | |
Meister und in der vergangenen Saison immerhin Zweiter werden – auch dank | |
der fünfmaligen Fifa-Weltfußballerin Marta. | |
Die Brasilianerin ist noch immer da, doch im Februar musste sie wie die | |
restlichen 18 Spielerinnen von Tyresö FF vergeblich auf ihren Lohn warten. | |
Der Verein ist im Prinzip pleite. Man hat ein negatives Kapital von | |
umgerechnet rund 400.000 Euro und hohe Schulden gegenüber dem Finanzamt. In | |
der vergangenen Woche mussten Vereinsvertreter vors Konkursgericht, und | |
erst am Dienstag konnten die Verantwortlichen wieder etwas aufatmen: Das | |
Gericht gewährte dem Klub eine „Rekonstruktionsfrist“ von drei Monaten. In | |
dieser Zeit muss man neue Sponsoren finden und die Schulden regulieren. | |
Gleichzeitig darf man aber auch wieder Löhne zahlen. Sodass jedenfalls die | |
beiden Viertelfinalbegegnungen in der Champions League, bei der man am 23. | |
und 29. März auf den österreichischen Seriensieger Neulengbach trifft, | |
gesichert sein dürften. Und vermutlich auch die neue Saison, die in | |
Schweden in vier Wochen startet. | |
## Weg mit dem Ballast! | |
Allerdings war man gezwungen, dafür finanziellen Ballast abzuwerfen und das | |
Lohnniveau kräftig zu senken. Seit Herbst hat man sich nach und nach von | |
mehreren Spielerinnen mit teuren Verträgen getrennt, darunter allein sechs | |
Nationalspielerinnen. So beispielsweise von der Norwegerin Caroline Graham | |
Hansen, der Spanierin Jennifer Hermoso Fuentes, Kirsten van de Ven aus | |
Holland, der Schwedin Sara Thunebro und Ashlyn Harris aus den USA. | |
Als Ersatz warb man ein brasilianisches Quartett an und verspricht schon | |
mal „eine Saison voll mit Samba-Parties“. Auch wenn Trainer Tony Gustavsson | |
hoffnungsvoll von einer „besseren Elf als je zuvor“ spricht, wird in | |
Medienkommentaren bereits ein „allzu dünnes Kostüm“ kritisiert und gefrag… | |
was denn von der einst versprochenen Kontinuität übrig geblieben sei. | |
Doch den Verantwortlichen von Tyresö blieb keine wirkliche Alternative. | |
Auch die Europameisterschaft im eigenen Land im vergangenen Jahr hatte der | |
Frauenliga nicht die erhoffte gesteigerte Attraktivität beschert. Im | |
Gegenteil sackte beim Hauptstadtverein die Zuschauerzahl sogar um mehr als | |
ein Drittel ab. Mit der Folge, dass mehrere Sponsoren die Geduld verloren | |
und ihre Unterstützung aufkündigten. | |
Tyresö steht mit seinen Finanzproblemen nicht allein. Auch der vorjährige | |
Seriensieger LdB Malmö, der in der kommenden Saison als FC Rosengård | |
starten wird, hat Steuerschulden von rund 600.000 Euro und eine neue | |
Spiellizenz nur mit einem organisatorischen Trick erhalten. Insgesamt | |
schreibt die halbe Liga rote Zahlen. Als hauptsächliche Ursache gilt die | |
Entwicklung bei den Löhnen, die in den letzten Jahren markant gestiegen | |
sind und sich im Schnitt seit dem Jahr 2011 verdoppelt haben, während das | |
Publikumsinteresse stetig weiter sinkt. Der Zuschauerrekord der | |
Damallsvenskan liegt 10 Jahre zurück. | |
„Manchmal scheint es hoffnungslos“, sagt Per Darnell, Vorsitzender von | |
Elitfotball Dam, der Interessenvertretung der beiden höchsten schwedischen | |
Frauenfußballligen. „Wir haben eigentlich kein richtiges Publikum. Meistens | |
sind nur die Familien der Spielerinnen da.“ | |
16 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Frauenfußball | |
Fußball | |
Krise | |
Finanzen | |
Fußball | |
Frauen-Bundesliga | |
Frauenfußball | |
Frauenfußball | |
DFB-Pokal | |
DFB-Pokal | |
Homosexualität im Profisport | |
Homosexualität im Profisport | |
Homophobie | |
Nadine Angerer | |
Silvia Neid | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Finale Frauen-Fußballbundesliga: Einträchtige Rivalen | |
Am letzten Spieltag wird die Meisterschaft im Duell zwischen Wolfsburg und | |
Frankfurt entschieden. Ein Zweikampf mit großer Zukunft. | |
Torhüterin über Frust und Respekt: „Die Mädels sind häufig überfordert“ | |
Als Torhüterin des VfL Sindelfingen hat Simone Holder schon 110 | |
Gegentreffer kassiert. Das Leistungsgefälle in der Bundesliga sei zu groß, | |
meint sie. | |
Champions-League-Finale: Spektakel mit sieben Toren | |
Die Außenseiterinnen vom schwedischen Pleiteklub Tyresö FF führten schon | |
mit 2:0 und 3:2. Doch selbst das reichte gegen den VfL Wolfsburg am Ende | |
nicht. | |
Champions-League-Finale der Frauen: Gas geben für die Datenbank | |
Der VfL Wolfsburg will den Europapokal verteidigen – und langfristig so | |
gute Nachwuchsarbeit leisten wie die Konkurrenz aus Potsdam und Frankfurt. | |
DFB-Pokal der Frauen: Frankfurt kann's noch | |
Nach drei Jahren ohne Titel haben die Frankfurter Fußballerinnen den | |
DFB-Pokal gewonnen. Beim Sieg gegen Essen wurde der Rekordsieger nicht | |
wirklich gefordert. | |
DFB-Pokalfinale der Frauen: „Wir können die Leute nicht zwingen“ | |
Noch findet das Endspiel um den DFB-Pokal der Frauen in Köln statt. Zur | |
festen Größe im Sportkalender ist das Finale der Fußballerinnen nicht | |
geworden. | |
Open Games in Moskau: Absagen und Behinderungen | |
Kurz vor Beginn der Open Games für homosexuelle Sportler sagen viele der | |
Veranstaltungsorte und Hotels ab. Die Begründungen sind fadenscheinig. | |
Homosexualität im Frauenfußball: „Ich war doppelt unerwünscht“ | |
Ex-Bundesligaspielerin Tanja Walther-Ahrens engagiert sich seit Jahren | |
gegen Homophobie und Sexismus im Fußball. Genauso lange wartet sie schon | |
auf Besserung. | |
Diskriminierung im Frauenfußball: Schwule Mädchen | |
Homophobie ist im Frauenfußball kein Problem, dafür aber Sexismus. Die | |
Spielerinnen sind noch immer Eindringlinge in eine Männerdomäne. | |
Nadine Angerer ist Weltfußballerin 2013: Zwei Paraden zum Triumph | |
Nadine Angerer ist zur besten Fußballerin des Jahres 2013 gekürt worden. | |
Dabei waren die Leistungen der deutschen Torhüterin nicht immer die besten. | |
WM-Qualifikation im Frauenfußball: Bedenkliche Ergebnisse | |
Die deutsche Auswahl fegt in der WM-Qualifikation sämtliche Gegner vom | |
Platz. Diese Dominanz wird so langsam zum Problem. |