# taz.de -- Champions-League-Finale: Spektakel mit sieben Toren | |
> Die Außenseiterinnen vom schwedischen Pleiteklub Tyresö FF führten schon | |
> mit 2:0 und 3:2. Doch selbst das reichte gegen den VfL Wolfsburg am Ende | |
> nicht. | |
Bild: Gleich fällt sicher wieder ein Tor: die Wolfsburgerin Josephine Henning … | |
Die Startbedingungen: Zwei Tage vor dem Männer-Champions-League-Finale | |
findet ebenfalls in Lissabon das Endspiel der Frauen zwischen dem VfL | |
Wolfsburg und Tyresö FF statt. Das Interesse der Portugiesen an diesem | |
Event ist erwartungsgemäß dürftig, obwohl die Uefa noch versucht hat, sie | |
mit Kombitickets (Finale + Konzertbesuch) ins Stadion zu locken. | |
Für die Spielerinnen des schwedischen Klubs aus Tyresö, darunter die | |
fünfmalige Weltfußballerin Marta aus Brasilien, geht es nicht nur um den | |
wertvollsten Pokal Europas. Weil ihr Klub pleite ist und das | |
Insolvenzverfahren läuft, wollen sie im europäischen Rampenlicht anderen | |
Vereinen beweisen, dass sie einen Verein nicht nur in den Ruin sondern auch | |
zum Champions-League-Sieg treiben können | |
Ganz anders die Situation bei den Wolfsburgerinnen. Die Deutschen sind als | |
Titelverteidiger favorisiert und haben auch genügend Geld, um gemeinsam in | |
den nächsten Jahren den europäischen Frauenfussball zu dominieren. | |
Das Spiel: Die Wolfsburgerinnen wirken von Beginn an recht schwerfällig. | |
Ihre Offensivaktionen sind zu umständlich und zu unpräzise. Zumindest haben | |
sie bis zur 28. Minute die gefürchtete schwedische Offensive ganz gut im | |
Griff. Doch dann setzt plötzlich Marta zum Tempodribbling an, lässt drei | |
Wolfsburer Abwehrspielerinnen schlecht aussehen und trifft. Das geht ja | |
einfach, mag sich ihr Teamkollegin Christine Press gedacht haben. Zwei | |
Minuten später narrt auch sie drei Gegenspielerinnen und bedient die | |
Spanierin Veronica Boquete, die keine Probleme hat die Führung auszubauen. | |
Ein Doppelschlag, der für das Team von Jens Kellermann nur schwer zu | |
verdauen ist. Es fehlt an Ideen, wie man die kompakte schwedische Abwehr | |
aushebeln kann. Am Ende der ersten Halbzeit erspielen sich die Grün-Weißen | |
zumindest eine Doppelchance durch Martina Müller und Selina Wagner. Doch | |
die Richtung der Partie scheint vorgegeben. | |
Ein gewaltiger Irrtum! | |
Die Wolfsburgerinnen kommen zu Beginn der zweiten Hälfte spektakulär | |
zurück. Erst köpft Alexandra Popp nach gut getimter Flanke von Anna Blässe | |
ins Tor (47.), dann läuft wenig später Martina Müller der völlig | |
insdisponierten schwedischen Abwehr auf und davon und erzielt den Ausgleich | |
(53.). Ihre eigenen Probleme in der Defensive haben die Wolfsburgerinnen | |
allerdings nach wie vor nicht im Griff. Eine einfache Körperdrehung von | |
Marta reicht und schon ist der Weg frei für einen feine Schlenzer: 3:2 für | |
Tyresö (56.). | |
Der nächste Abwehrpatzer lässt nicht lange auf sich warten. Nutznießerin | |
ist dieses Mal die eingewechselte Verena Faißt (67.). Die Partie ist wieder | |
ausgeglichen. Sechs Tore in einer halben Stunde Spielzeit! Die Trainer an | |
der Seitenlinie werden immer nervöser. Die Zuschauer fühlen sich bestens | |
unterhalten. | |
Dann trifft erneut Müller, nach wunderschöner Vorarbeit von Nadine Kessler, | |
zum 4:3. Na und? Das hat gewiss noch gar nichts zu sagen. Ist ja | |
schließlich erst die 80. Minute. Es bleibt dann aber dabei. Eine wirklich | |
unberechenbare und dadurch sehr unterhaltsame Partie. | |
Der entscheidende Moment: Darüber können sich die Gelehrten streiten. War | |
es das dritte oder das fünfte oder doch das siebte Tor? | |
Spielerin des Spiels: Martina Müller. Sie entschied schon das letzte | |
Champions-League-Finale für Wolfsburg mit einem Elfmetertor. Dieses Mal | |
traf die 34-Jährige gar zweimal. | |
Die Pfeife des Spiels: Die öffentlich-rechtlichen TV-Sender. Sie sollten | |
sich wieder trauen, das Frauen-Finale live zu übertragen. Solch ein | |
Torspektakel bekommt man nur sehr selten geboten. Und Wolfsburg ist | |
nächstes Jahr gewiss wieder dabei. | |
Die Schlussfolgerung: Die Spektakellatte liegt jetzt sehr hoch. Cristiano | |
Ronaldo und die anderen 21 Männer-Final-Teilnehmer werden sich am Samstag | |
ganz schön strecken müssen, um sie zu überspringen. | |
Und sonst? Das Stadion bietet einen wunderschönen Blick auf den Tejo, der | |
hier um die Ecke ins Meer mündet. Wahrgenommen hat es an diesem Abend aber | |
wohl kaum einer. | |
22 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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