# taz.de -- Umstrittene Lebensmittel: Gen-Snacks bei Video World | |
> Der Anbau von Pflanzen mit verändertem Erbgut ist hoch umstritten. | |
> Trotzdem werden Produkte mit manipulierten Inhaltsstoffen legal verkauft. | |
Bild: Mit genmanipulierten Inhaltsstoffen: Butterfinger von Nestlé. | |
BERLIN taz | Zum Blockbuster noch ein Ami-Snack? Die Berliner | |
Videothekenkette Video World verkauft nebenbei auch noch Getränke und | |
Süßigkeiten aus den USA. Was die meisten Kunden nicht wissen: Einige | |
Produkte enthalten gentechnisch veränderte Zutaten. | |
In Berlin ist der Verleiher mit 49 Filialen Marktführer. Die Marken der | |
importierten Getränke und Süßigkeiten heißen Hershey, Nestlé und Coca-Cola, | |
darin sind gentechnisch veränderte Zutaten wie Soja, Zucker, Maisstärke und | |
Rapsöl. In den USA müssen diese Zutaten nicht als gentechnisch verändert | |
gekennzeichnet werden. In Europa schon. In der letzten Woche jährte sich | |
die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch manipulierte Lebensmittel zum | |
zehnten Mal. | |
Vor drei Jahren entdeckte Greenpeace Berlin erstmals falsch oder gar nicht | |
gekennzeichnete Gentech-Snacks im Sortiment von Video World. Daraufhin | |
wurden die Produkte gesetzesgemäß gekennzeichnet: Auf der Rückseite von | |
Snacks wie Butterfinger, Twizzlers Twist Strawberry oder der Brause | |
Cherry-Coke kleben nun schlichte weiße Sticker. In kleiner schwarzer | |
Schrift sind darauf die Zutaten gelistet. Auf die gentechnische Veränderung | |
weist ein kleines Sternchen hinter der Zutat hin. „Viele KundInnen | |
übersehen die kleingedruckte Kennzeichnung auf der Rückseite“, berichtet | |
Christian Findeisen, Ehrenamtlicher bei Greenpeace. | |
„Wir haben vor den Video-World-Filialen mit vielen Leuten gesprochen. Die | |
meisten wissen gar nicht, dass gentechnisch veränderte Zutaten | |
gekennzeichnet werden müssen“, sagt Findeisen. „Sie gucken nicht danach.“ | |
Auch im Kaufhaus des Westens und einigen Tankstellen gibt es laut | |
Greenpeace US-Importe mit gentechnisch veränderten Inhalten. | |
Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass konventionell gehaltene Tiere in Europa | |
derzeit Soja oder Getreide mit gentechnisch manipulierten Inhaltsstoffen | |
fressen. Pflanzliche Lebensmittel mit Gentech-Inhalten gibt es derzeit | |
jedoch kaum zu kaufen. Die meisten Kunden lehnen sie ab. Laut Umfragen | |
wollen 83 Prozent der Deutschen keine gentechnisch veränderten | |
Lebensmittel. | |
## Kommerzieller Anbau in Deutschland verboten | |
Während in den USA seit mehr als 20 Jahren gentechnisch veränderte Pflanzen | |
kommerziell angebaut werden, ist dies in Deutschland verboten. Dass die EU | |
nun den gentechnisch veränderten Mais 1507 der Hersteller Pioneer und Dow | |
AgroSciences für den Anbau in Europa zulassen will, sorgt für Unruhe. Es | |
wäre die erste Zulassung seit über zehn Jahren. | |
Der Anbau des gentechnisch veränderten Gen-Maises Mon810 wurde 2009 | |
verboten. Auch der Gen-Kartoffel Amflora wurde vergangenes Jahr die | |
Zulassung entzogen. „Bei dem Anbau von Gen-Pflanzen kommt es zum Verlust | |
der Artenvielfalt durch Giftstoffe, die die gentechnisch veränderten | |
Pflanzen produzieren“, sagt Greenpeace-Mann Findeisen. Video World solle | |
das Gen-Essen aus dem Sortiment nehmen. | |
„Unsere aus den USA importierten Produkte verkaufen sich | |
zufriedenstellend“, sagt Markus Götzinger, Leiter des Einkaufs und | |
Vertriebs bei Video World. „Amerikanische Lebensmittel passen gut zu den | |
Filmen.“ Die Gen-Zutaten seien auf jeder Verpackung gekennzeichnet. „Die | |
Kunden können dann selber entscheiden, ob sie es kaufen oder nicht. Das ist | |
wie mit Tabakwaren“, sagt Götzinger. Greenpeace Berlin prangert derzeit | |
fast jede Woche vor einer Filiale von Video World den Verkauf der | |
Gen-Snacks an. Inzwischen wurden über 4.000 Unterschriften dagegen | |
gesammelt. Diese sollen in Kürze dem Management übergeben werden. | |
17 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Leonie Sontheimer | |
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