# taz.de -- Steuerdebatte bei den Grünen: Alter Streit, neu entfacht | |
> Die Vize-Fraktionschefin Andreae findet, die Grünen müssten wieder über | |
> ihre Steuerpolitik reden. Ihr Vorstoß sorgt für Ärger. | |
Bild: Immer Ärger mit dem Geld: Bei den Grünen hat sich wieder ein Steuerstre… | |
BERLIN taz | Ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl flammt bei den Grünen | |
ein zentraler Richtungsstreit neu auf. „Es ist an der Zeit, dass Grüne über | |
Steuerpolitik diskutieren“, sagte die Vize-Fraktionschefin der Grünen im | |
Bundestag, Kerstin Andreae, dem Handelsblatt. Die einflussreiche | |
Realo-Politikerin forderte einen Kurswechsel ihrer Partei in der | |
Steuerfrage: „Höhere Steuern sind nicht das Gebot der Stunde, denn | |
Deutschland steht gut da, die Wirtschaft brummt wieder und die | |
Steuerquellen sprudeln.“ Statt mehr Geld bei Bürgern und Unternehmen | |
einzusammeln, müsse man „einsparen, umschichten und systematisch | |
Subventionen abbauen“. | |
Das Wahlprogramm der Grünen bei der Bundestagswahl 2013 sah moderate | |
Steuererhöhungen für Gutverdiener vor, um mehr Investitionen in | |
Infrastruktur zu ermöglichen. Die Steuerdebatte überschattete den | |
Grünen-Wahlkampf, die Grünen bekamen den Stempel als Steuererhöhungspartei | |
– das Thema gilt vor allem unter Realos als ein Grund für das schlechte | |
Wahlergebnis. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann hatte noch am Wahlabend einen Kurswechsel gefordert. | |
Die Freiburger Abgeordnete Kerstin Andreae wagt nun im beginnenden | |
Europawahlkampf den lange erwarteten ersten Aufschlag aus dem Realo-Lager. | |
Sie fordert, die Grünen müssten endlich „die Leistungsfähigkeit der | |
Unternehmen stärker in den Blick nehmen“. Daher sei es an der Zeit, „sich | |
zwischen den Konzepten für Vermögen- oder Erbschaftsteuer zu entscheiden, | |
und insbesondere bei der Vermögensabgabe die Befürchtungen des Mittelstands | |
ernstzunehmen“. Auch bei der kalten Progression will Andreae nicht nur eine | |
Aufstockung des Steuerfreibetrags auf 8.500 Euro, sondern auch eine | |
Abflachung des Steuertarifs – gegenfinanziert durch einen höheren | |
Spitzensteuersatz. | |
Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, wies den Vorstoß mit | |
deutlichen Worten zurück. „Das ist ein Vorstoß zur falschen Zeit“, sagte … | |
der taz. „Wir konzentrieren uns jetzt auf den Europawahlkampf.“ Statt | |
„Schnellschüssen“ solle nach den Wahlen im Mai eine Debatte unter | |
Einbindung der gesamten Partei geführt werden. Für Grüne Politik sei der | |
Gerechtigkeitsanspruch selbstverständlich. „In keinem Land der Eurozone ist | |
Vermögen so ungleich verteilt.“ Neben Subventionsabbau und einer | |
vernünftigen Ausgabenpolitik sollten deshalb „auch starke Schultern“ ihren | |
Beitrag leisten. Dazu sei auch „eine Beteiligung großer Vermögen und eine | |
gerechte Einkommenssteuer notwendig“. | |
## Guter Zeitpunkt für eine Steuerdebatte | |
Dem widersprach Dieter Janecek, der bayerische Landesvorsitzende und | |
Realo-Koordinator der Grünen im Bundestag. Ein halbes Jahr nach der | |
Bundestagswahl sei nun ein „guter Zeitpunkt“ gekommen, die Steuerdebatte | |
neu zu führen, sagte Janecek der taz. Die bisherigen Beschlüsse zum Thema | |
seien „nicht sakrosankt“. | |
Der schleswig-holsteinische Grünen-Politiker Rasmus Andresen, der auch dem | |
Parteirat der Grünen angehört, hingegen bezeichnete die Vorschläge als | |
„unausgegoren“. Er warf Andreae vor, konzeptionelle Arbeit durch | |
„finanzpolitische Schnellschüsse“ ersetzen zu wollen. | |
Die Parteiführung hatte die Steuerdebatte eigentlich vertagen und aus dem | |
Europawahlkampf heraushalten wollen. Beim Länderrat Ende Mai sollten | |
mehrere Programmdebatten angestoßen werden – der richtige Kurs der Partei | |
in der Steuerpolitik stand aber bisher nicht auf der offiziellen Agenda. | |
Dieser Artikel wurde aktualisiert am 3. April 2014, 11.19 Uhr. | |
2 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Astrid Geisler | |
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