# taz.de -- Die Wahrheit: Die glorreichen 174 | |
> Die Vorhut der BND-Schlapphüte ist heimlich in der neuen Berliner | |
> Zentrale angekommen und genießt dort erst einmal Narrenfreiheit. | |
Bild: Agenten haben heute längst nicht mehr das Ansehen eines James Bond. | |
Sie sind da: Unbemerkt von den neugierigen Nachbarn ist die Vorhut der | |
Schlapphüte in ihre neue Zentrale in Berlin-Mitte eingezogen. Wobei | |
„eingezogen“ das falsche Wort ist, denn die anrückenden Agenten sind durch | |
das weit verzweigte Kanalsystem unter der neuen BND-Zentrale an ihre | |
Schreibtische gerobbt. Diese ersten 174 Pioniere der Konspiration nutzten | |
unauffällig das alte Tunnelsystem, mit dem die Stasi seinerzeit die ganze | |
Stadt unterminiert hatte. | |
Wer waren nun die Vorreiter der insgesamt 4.000 Agenten in Pullach, die als | |
Erste ihre feuchten Füße in die neue Zentrale setzten? Wer ging das bisher | |
größte Wagnis in der Geschichte des BND ein, das provinzielle Pullach zu | |
verlassen und sich in das pulsierende Zentrum der Großstadt zu wagen? | |
Das waren die, die am wenigsten zu verlieren hatten, die Ungebundenen und | |
die Ungeliebten, die Unverheirateten und das natürlich konspirative | |
Prekariat: die rechtlosen Praktikanten, die vor keinem Arbeitsgericht der | |
Welt jemals ihre Ansprüche auf Entlohnung beweisen können würden. Dazu | |
kamen diejenigen, die einen „Eintrag in der Akte“ oder anderen Dreck am | |
Stick hatten, kurzum alle die, die gute Gründe hatten, sich aus Pullach | |
abzusetzen, wie Bigamisten, Zechpreller und Dunkelmänner, die sich ihrer | |
Unterhaltspflicht entziehen wollten. | |
Wie viele Jahre Knast da wohl auf einmal in die Hauptstadt eingezogen sind? | |
Das wissen wir nicht, aber wir wissen, dass es 174 Agenten waren, die | |
unauffällig in den neuen Büroblock eingeschleust wurden. Das berichtete die | |
stets gut informierte Welt – der Tagesspiegel hatte nur 170 gezählt. Im | |
Dunkel der verzweigten Abwasserkanäle ist das auch kein Wunder! | |
## Inspiration für den „Tatort“ | |
Dafür entdeckte der Tagesspiegel, dass die ersten Fenster des sandfarbenen | |
Verwaltungsbaus an der Chausseestraße schon wieder zugemauert wurden. Was | |
mag sich dahinter abspielen? Auf diese Frage werden sich die ungeduldig | |
wartenden Spionagethrillerautoren und das Heer der | |
„Tatort“-Drehbuchschreiber stürzen. Endlich können sie neue Berliner | |
Episoden der oft kritisierten BND-Schurkentruppe erzählen. Als Filmtitel | |
wurden bereits „Die glorreichen 174“, „Jim Knopf und die Wilde 174“ und | |
„Der Spion, der aus Pullach kam“ geschützt. | |
Die Speerspitze der Spitzel wird noch lange wehmütig auf ihre erste | |
Berliner Zeit zurückblicken. Für sie wurde der Traum jedes Agenten war: die | |
Chefs weit weg, die Kantine nie überfüllt – und jeden Tag einen anderen | |
Schreibtisch benutzen! Dazu Ordner im Überfluss, Bleistifte reichlich und | |
Erstzugriff in der gut ausgestatteten Requisite: Gummi- und Pappnasen, | |
Schlapphüte und Hasskappen, Juckpulver, Schießkugelschreiber und andere | |
Scherzartikel. | |
Die Tage vergehen ohne Chefs bei Schreibtischtennis und Schiffeversenken | |
wie im Fluge. Abends geht’s in die Maske für das Berliner Nachtleben, dann | |
rein in die Abwasserkanäle und raus in die einschlägigen Spelunken. Dort | |
machen sich die Agenten mit der Lizenz zum Trösten geschmeidig an | |
ahnungslose Touristinnen heran. Dass das gar keine Touristinnen sind, | |
sondern eiskalte Kampflesben von der gemeinen Gegenspionage, wollen wir | |
unseren Schlappis lieber nicht verraten. | |
Es wird noch hart genug werden, wenn die Chefs wieder da sind, Büroartikel | |
im Haus wieder knapp sind und die furchtlosen Pioniere des Erstbezuges | |
wieder ihren Schreibtisch in der Ecke eines Raumes mit zugemauerten | |
Fenstern bezogen haben werden. | |
14 Apr 2014 | |
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