# taz.de -- Formel E statt Formel 1: Ziemlich leise Autorennen | |
> Müssen Elektroautos nur spannender werden, um sich zu verkaufen, etwa als | |
> Rennautos der Flüsterklasse? Die Testfahrten sind schon geplant. | |
Bild: Steigt Lewis Hamilton auf die Formel E um? Berichtet die taz dann auch au… | |
BERLIN taz | Die Welt ist bald um ein Autorennspektakel reicher: Am 1. Mai | |
eröffnet das Hauptquartier der neuen Autorennen-Liga Formel E im englischen | |
Donington. Einen knappen Monat später beginnen die Testfahrten. Die neu | |
gegründete Motorsportliga ist ein Formel-1-Ableger mit Elektromotoren. | |
Die Rennsaison startet im September in Peking, unter den weiteren | |
Austragungsstätten befindet sich auch Berlin. Das gab Wirtschaftssenatorin | |
Cornelia Yzer im letzten Jahr zusammen mit Alejandro Agag, dem | |
Geschäftsführer der Formula E Holding, bekannt. Ende Mai 2015 drehen die | |
Elektroboliden dann erstmals auf dem Tempelhofer Feld in Berlin ihre | |
Runden. Über Details des 5-Jahres-Vertrages schwieg man sich ebenso aus wie | |
über den Streckenverlauf. | |
Die zehn Teams fahren in der ersten Saison in einheitlichen Wagen von | |
Renault, mit Chassis von Dallara, einer Batterie von Williams und einem | |
Antrieb von McLaren, die eine Motorleistung von 200 kW (272 PS) erzielen. | |
Das ist im Vergleich zur Formel 1 mit 700 bis 800 PS deutlich weniger. | |
## Leichtgewichte sind die Flüsterautos nicht | |
Während der Rennen wird die Leistung der Rennboliden zudem auf 133 kW | |
gedrosselt, doch mit der Option auf eine Beschleunigung. Von den 800 | |
Kilogramm Gewicht eines Formel E-Wagens – ein Formel-1-Wagen wiegt rund 100 | |
Kilogramm weniger – beansprucht der Akku allein ein Viertel des Gewichts. | |
Das ist Grund dafür, dass die Fahrer während des Rennens den Wagen wechseln | |
müssen, eine ausdauerndere Variante gibt es noch nicht. Ansonsten ist die | |
eingebaute Elektrotechnik ausgereift. Sie ermöglicht einen hocheffizienten | |
Wirkungsgrad – das Verhältnis von aufgebrachter zu nutzbarer Energie liegt | |
hier bei annähernd 100 Prozent. | |
Die einzige Herausforderung in der Entwicklung war über Jahrzehnte hinweg | |
die Regelung, die man aber durch die moderne Mikroprozessortechnik in den | |
Griff bekam. Damit können im Vergleich dazu selbst die durch | |
kontinuierliche Innovationen leistungsoptimierten Ottomotoren der Formel 1 | |
nicht mehr mithalten. | |
Letztlich ist der Wirkungsgrad bei den Rennwagen der Formel 1 aber nicht | |
entscheidend, denn diese werden auf Leistung ausgelegt. Sie verbrauchen | |
daher Unmengen an Treibstoff, was den Wirkungsgrad maßgeblich senkt, aber | |
eine höhere, wenn auch nicht dauerhafte Spitzenleistung erbringt. | |
Rennmotoren können generell nur eine sehr begrenzte Zeit am | |
Leistungsmaximum betrieben werden – im Gegensatz zu standfesten | |
Serien-Motoren, die auf Haltbarkeit ausgelegt werden. | |
## Bei der Beschleunigung können die E-Autos mithalten | |
Darüber hinaus hat ein Elektromotor einen enorm günstigen Drehmomentverlauf | |
– bei null Umdrehungen liegt theoretisch bereits ein volles Drehmoment an. | |
So steht die Beschleunigung der der Formel-1-Boliden kaum nach: Ein | |
Formel-E-Auto benötigt drei Sekunden, um von null auf 100 Kilometer pro | |
Stunde zu kommen, ein Formel-1-Wagen gut 2,5 Sekunden. Der Unterschied beim | |
Lärm ist beträchtlich: 80 Dezibel bei den neuen Rennen stehen 130 Dezibel | |
bei der Formel 1 gegenüber. Und so präsentiert sich die Formel E als | |
sauber, leise und modern. | |
In dieser Selbstdarstellung der Branche sehen die Umweltverbände den | |
eigentlichen Zweck der Formel E, nicht in der Erprobung technischer | |
Innovationen. Mit Rückblick auf die Geschichte der Autorennen stimmt das | |
allerdings nicht ganz: ABS oder ESP etwa fanden ihren Weg später in den | |
zivilen Gebrauch. | |
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht in der Formel | |
E dennoch vor allem den Versuch der Autoindustrie, neue Zielgruppen zu | |
erschließen: junge und urbane Familien. Zudem befürchte man, dass der Blick | |
auf die Zukunft ökologischer Mobilität verfälscht werde, da vorrangig | |
Aspekte wie Schnelligkeit, Optik und Verschwendung propagiert würden, meint | |
Jens Hilgenberg vom BUND. Eines scheint aber sicher: Dass die Formel E | |
eines Tages die Formel 1 ablösen wird, daran glaubt aber niemand so recht. | |
29 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Moritz Holler | |
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