Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Oppositioneller über Syrien-Wahl: „Das soll ein Zeichen der Stä…
> Sadiqu Al-Mousllie ist Mitglied im syrischen Nationalrat. Der
> Assad-Gegner erklärt die Strategie des Diktators und die Rolle des
> Westens.
Bild: „Assad braucht keine Wahlen“, sagt der Oppositionelle Sadiqu Al-Mousl…
taz: Herr Al-Mousllie, die Ankündigung Baschar al-Assads, am 3. Juni Wahlen
abzuhalten, wird von westlicher Seite allgemein als Farce wahrgenommen. Was
bezweckt er damit?
Sadiqu Al-Mousllie: Er versucht, ein Zeichen der Stärke für seine Anhänger
im Land zu setzen. Ich bezweifle aber, dass er damit erfolgreich sein wird.
Grundsätzlich braucht er keine Wahlen. Er hat die Verfassung im Artikel 78,
Absatz 2 bereits 2012 dahin gehend ändern lassen, dass er im Amt bleibt,
sollten keine Wahlen stattfinden.
Das klingt beinahe lustig: Ein Diktator bastelt sich seine Verfassung.
Ja, ein vielleicht noch größerer Witz ist es, dass er im nächsten Absatz
hat festschreiben lassen, dass ein Präsident nur zwei Amtszeiten
hintereinander durchlaufen kann. Das aber gilt erst ab diesem Jahr.
Außerdem steht dort, dass ein Kandidat zehn Jahre ununterbrochen in Syrien
gelebt haben muss. Damit wird die gesamte Auslandsopposition, die vor dem
Regime flüchten musste, von einer Kandidatur ausgeschlossen.
Werden die Leute in den von Assad kontrollierten Gebieten gezwungen werden
zu wählen?
Davon ist auszugehen. Ein Land, das humanitäre Hilfe zum terroristischen
Akt erklärt und mit der Todesstrafe ahndet, wird in seinem Einzugsgebiet
niemandem erlauben, gegen es zu votieren.
Sollten die westlichen Medien aufhören, über diese „Wahlen“ zu berichten?
Sie sollten berichten, aber dabei auch die Perspektiven der
Oppositionsgruppen darstellen. Ein Diktator, der die Bevölkerung über drei
Jahre hinweg ermorden lässt, wird keine freien Wahlen und Demokratie
zulassen.
Assad verkündet in letzter Zeit öfter, militärisch stünde er kurz vor dem
Sieg. Nun soll die syrische Armee im Begriff sein, die Stadt Homs
einzunehmen.
Auch das ist Propaganda. Die Lage ist zwar sehr schwierig für Homs, aber
noch hat das Regime nicht gewonnen. Die humanitäre Lage ist gleichwohl
katastrophal, da die Stadt seit zwei Jahren unter Belagerung steht.
Warum gelingt es den syrischen Oppositionsgruppen im Ausland nicht,
genügend Aufmerksamkeit auf das Leiden der Mehrheit der syrischen
Bevölkerung zu lenken?
Ein Grund liegt in der Vergangenheit. Vor Ausbruch der Revolution 2011 gab
es in Syrien keine organisierte Opposition. Wir mussten also bei null
anfangen. Trotzdem ist es relativ schnell gelungen, einen Syrischen
Nationalrat zu gründen, der inzwischen auch in Syrien einigermaßen
anerkannt ist. Dann kam die Nationale Koalition. Gleichzeitig wurden aber
auch Fehler gemacht. Häufig stand die Opposition in zu großer Abhängigkeit
von ihren finanziellen Unterstützern. Das führte zu sehr viel Uneinigkeit.
Können Sie ein Beispiel geben?
Mehrere Länder, darunter etwa auch Frankreich oder die USA, versuchten
Gruppen zu unterstützen, um ihre jeweiligen Interessen für die Zeit nach
Assad wahren zu können. Und die Golfstaaten sind vor allem daran
interessiert, den Einfluss Irans in der Region zurückzudrängen. Es ging
also weniger um die Zukunft Syriens als um die Interessen des Auslands. Mit
der Türkei haben wir gemeinsam, dass wir nicht die Teilung Syriens wollen.
Und der künftige Kurs der USA?
Die wollen sich weiterhin nicht festlegen, sondern warten ab, wer den Krieg
gewinnt – um dann zu kooperieren. Auch sie tragen eine große Verantwortung
für die humanitäre Katastrophe in Syrien.
Die „Tagesschau“ berichtete jüngst davon, dass Christen in Syrien auf der
Seite von Baschar al-Assad stünden.
Auch hier müssen wir aufpassen, dass wir nicht das Spiel des Regimes
spielen. Die religiöse Zugehörigkeit bestimmt keineswegs grundsätzlich die
politische Ausrichtung. Es gibt Christen, die regimetreu sind, keine Frage.
Aber es gibt deutlich mehr von ihnen, die gegen das Regime kämpfen. Das
Gleiche gilt für die Alawiten. Der Aufstand gegen die Diktatur von Baschar
al-Assad war und ist noch immer überkonfessionell, genauso übrigens, wie
das Regime nie säkular war. Auch wenn es sich selbst jetzt so darstellt.
23 Apr 2014
## AUTOREN
Ines Kappert
Sadiqu Al-Mousllie
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Bürgerkrieg
Wahlen
Baschar al-Assad
Diktatur
Oppositionelle
Homs
Homs
Schwerpunkt Syrien
Revolution
Flüchtlinge
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Libanon
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bürgerkrieg in Syrien: Rebellen vor Abzug aus Homs
Nach zwei Jahren Blockade, Hunger und Beschuss haben die Aufständischen mit
Regierungsvertretern verhandelt. Die Umsetzung steht noch aus.
Temporärer Waffenstillstand in Homs: Assad erobert „Revolutionshauptstadt“
Die syrischen Kriegsparteien haben sich auf eine kurzfristige Waffenruhe in
Homs geeinigt. Die Aufständischen sollen die Stadt verlassen.
Kommentar Wahl in Syrien: Propaganda auf Erfolgskurs
Scheinbar neutral berichten die Medien über die anstehende
Präsidentschaftswahl. Das ist zynisch, denn im Krieg kann es keine Wahl
geben.
Syrischer Bürgerkrieg: Die Frauen der Revolution
Syrien kämpft – um Demokratie: ein Besuch bei Aktivistinnen, die sich um
eine gewaltfreie Konfliktlösung bemühen – und der Einschüchterung trotzen.
Kommentar Flüchtlinge aus Syrien: Angespannte Solidarität
Die Türkei wird mit den Flüchtlingen aus Syrien alleingelassen. Noch ist
das Land gastfreundlich, aber die Ignoranz kann sich bitter rächen.
Wahlen in Syrien: Krieg und Chaos im ganzen Land
Das Assad-Regime sieht sich auf dem Vormarsch. In vielen Landesteilen
finden weiter Kämpfe statt. An Wahlen ist da nicht zu denken.
Kommentar Wahl in Syrien: Die nächste Farce
Eine Präsidentenwahl im Bürgerkrieg abzuhalten, ist absurd. Baschar
al-Assad will nur ein Zeichen setzen: Ich bin hier, um zu bleiben.
Syrienkrieg im Libanon: Rebellen im Exil
Nach der Niederlage der Freien Syrischen Armee in der Grenzregion Kalamun
sind viele Kämpfer in den Libanon geflohen. Dort sind sie nicht willkommen.
Krieg in Syrien: Fast alle Chemiewaffen außer Landes
Bis Juni soll das Assad-Regime alle Chemiewaffen abgeben. 80 Prozent der
Giftstoffe sind bereits vernichtet worden. Frankreich sieht dennoch
Hinweise auf deren Einsatz.
Berichterstatter in Syrien: Journalisten aus Geiselhaft befreit
Seit Juni waren vier Franzosen in Syrien verschleppt. Nun sind die Reporter
wieder frei. Sie wurden gefesselt an der türkisch-syrischen Grenze von
Soldaten entdeckt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.