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# taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Angriff auf proukrainische Demo
> Erneut attackieren prorussische Kräfte eine Demonstration in Donezk. Es
> gibt außerdem Berichte über Geiselnahmen in der ostukrainischen
> Metropole.
Bild: Vermummt, die Polizei im Rücken, prorussisch – Donezk am Montag.
DONEZK taz | Tausend Anhänger einer vereinten Ukraine versammelten sich am
Montag vor dem Olympischen Stadium in der ostukrainischen Metropole Donezk.
Zuvor waren einige von ihnen in Autokonvois durch die Stadt gezogen.
Die Mobilisierung erfolgte über Mundpropaganda und soziale Netzwerke. Der
Donezker Koordinierungsrat der proukrainischen Kräfte, das „Komitee der
patriotischen Kräfte des Donbas“ hatte sich zuvor aus Furcht vor
Provokationen und Gewalt der Gegenseite von der Veranstaltung distanziert.
Außerdem, so der Koordinierungsrat weiter, wisse man nichts von den genauen
Plänen der Veranstalter und geplanten Sicherheitsmaßnahmen. Mit der
Veranstaltung, die formal von keiner Vereinigung organisiert worden war,
sollte offenbar Präsenz gezeigt und ein Gegengewicht zu der Demonstration
der prorussischen Kräfte am vergangenen Sonntag geschaffen werden.
Doch die Unterschiede der beiden Demonstrationen könnten größer kaum sein.
Bestand die sonntägliche Kundgebung vor dem Lenin-Denkmal vor allem aus
älteren Bürgern, waren auf der proukrainischen Demonstration Frauen und
Jugendliche in der Überzahl. Auch die Polizei war kaum wiederzuerkennen.
Hatte sie am Sonntag noch jovial mit den prorussischen Demonstranten
zusammengearbeitet, und ansonsten kaum Präsenz gezeigt, sahen sich sich am
Montag fünfhundert Demonstranten dreihundert Polizisten in schusssicheren
Westen und Schäferhunden gegenüber.
Fünfzehn Minuten nach Beginn der Veranstaltung setzten die Polizisten ihre
Helme auf. Sanitätswagen und Gefangenenbusse warteten fünfzig Meter vor dem
Veranstaltungsort. Hier hatte sich erkennbar eine wenig geliebte
gesellschaftliche Minderheit auf die Straße begeben. Auch die Sprechchöre
„Für eine freie Ukraine!“ konnten den Anhängern des Staates Ukraine kaum
Mut verschaffen. Derweil stammten nicht alle Teilnehmer aus der Stadt. „Ich
bin aus Mariupol angereist, weil ich für den Zusammenhalt der Ukraine
kämpfe“ erklärt die Ingenieurin Anna.
## Vermummte mit Baseballschlägern
„Wir brauchen die Polizei nicht!“ sagte ein junger Bergarbeiter vor
laufender Kamera. „Wenn es drauf ankommt, werden die Polizisten uns nicht
schützen. Ich will, dass Donezk weiter bei der Ukraine bleibt“. Eine
Passantin schrie ihn an: „Euren Tjagnibok sollte man aufhängen“ und machte
dabei eine eindeutige Handbewegung um ihren Hals.
Nach 30 Minuten machten sich die Demonstranten auf den Weg zu einem Umzug
durch die Stadt. Weit kamen sie nicht. Mehrere hundert, zum größten Teil
vermummte Männer, kamen ihnen in einem Zug auf dem Gehweg, mit
Baseballschlägern und Pistolen bewaffnet, entgegen. Einige von ihnen hatten
russische Fahnen über ihre Schulter geworfen. Sie griffen den
Demonstrationszug sofort an. Mehrfach waren Blendgranaten zu hören und zu
sehen.
Demonstranten, die sich in Hinterhöfen verstecken konnten, wurden
aufgespürt und zusammengeschlagen. Die Polizei bemühte sich nur halbherzig
um den Schutz der Demonstranten. Mit dem Ruf „Russland“ und „Der Faschism…
kommt nicht durch“ zogen die vermummten Männer in das Stadtzentrum zurück.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde des Gebietes Donezk wurden bei den
Auseinandersetzungen 14 Personen verletzt.
## Geiselnahme während der Demo
Zuletzt hatten in Donezk am 17. April Menschen für eine geeinte Ukraine
demonstriert. Bei der vorletzten Demonstration am 13. März waren 17
proukrainische Demonstranten verletzt worden. Einer ist seinen schweren
Verletzungen erlegen.
Zwischen vier und sieben Demonstranten der proukrainischen Demonstration
werden derzeit von prorussischen Separatisten als Geiseln festgehalten. Die
Organisation „Donezk gehört zur Ukraine“ berichtet auf ihrer Facebook-Seite
am Dienstag Morgen, dass zwischen vier und sieben Teilnehmer der
proukrainischen Demonstration von prorussischen Kräften festgehalten
werden. Die Geiseln würden derzeit im früheren Büro der Partei der
Regionen, der Viktor Janukowitsch bis vor kurzem angehörte, im Zentrum von
Donezk festgehalten. Die Gruppe berichtet, dort würden ihre Kollegen
geschlagen und gefoltert. Unter den Geiseln ist auch ein Fan der Donezker
Fussballmannschaft „Schachtjor“. Fußballfans der Mannschaft hatten
versucht, die proukrainische Demonstration zu schützen.
Unterdessen haben Sprecher der prorussischen „Volksrepublik Donezk“
angekündigt, man werde sich die Wählerlisten des für den 11. Mai
angekündigte Referendums über die politische Unabhängigkeit des Donbas mit
Gewalt beschaffen, sollten sich die Behörden weiter weigern, diese
herauszugeben. Mit mehreren Veranstaltungen zum 1. Mai will die
„Volksrepublik Donezk“ in mehreren Städten der Ostukraine für das
Referendum mobilisieren.
29 Apr 2014
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Donezk
Schachtjor Donezk
Ostukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Nazideutschland
Lugansk
Ukraine-Krise
Ostukraine
Slowjansk
OSZE
Donezk
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