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# taz.de -- Geplante Rentenreform: Die Teufel im Detail
> Bürokratiehorror, Unfairness und Detektivarbeit bei den Beitragszeiten:
> Experten rügen das Rentenpaket, das die Bundesregierung plant.
Bild: Die Rente beantragen – das wird kein Spaziergang.
BERLIN taz | Wer wissen will, welche Bürokratie Reformen mit sich bringen
und wie Nebenwirkungen eine gute Absicht zunichte machen können, der muss
sich die Stellungnahmen der Sachverständigen zum Rentenpaket anschauen, die
am Montag im Bundestag diskutiert wurden. Durch die Rente mit 63 entstehen
neue Ungleichheiten, auch zwischen den EinzahlerInnen.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) verglich in ihrer Stellungnahme zwei
Fälle: Im ersten Fall A arbeitet ein Versicherter seit dem 18. Lebensjahr
bei durchschnittlichem Verdienst. Nach 45 Jahren hat er 45 Entgeltpunkte
zusammen und kann laut Rentenreform mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente
gehen. Seine Rente beträgt im Westen 1.287 Euro.
Im zweiten Fall B arbeitet ein Versicherter nur 43 Jahre bis zum 63.
Lebensjahr. Er verdient aber 10 Prozent mehr als A und zahlt entsprechend
mehr ein. Im Alter von 63 Jahren hat er 47,3 Entgeltpunkte erworben. Bei
einem Rentenbeginn mit 63 Jahren muss er jedoch Abschläge in Höhe von 8,7
Prozent in Kauf nehmen. Seine Monatsrente beläuft sich daher trotz höherer
Beitragszahlung nur auf rund 1.236 Euro im Monat.
Im Gesetzentwurf werde die Rente mit 63 damit gerechtfertigt, dass
besonders die langjährig Versicherten einen Beitrag zur Stabilisierung der
gesetzlichen Rentenversicherung erbracht hätten, so die DRV-Stellungnahme.
„Zumindest gemessen an der Höhe der eingezahlten Beiträge haben aber
Versicherte, die die Anspruchsvoraussetzungen für die abschlagsfreie Rente
ab 63 nicht erfüllen, unter Umständen einen noch größeren Beitrag
geleistet“, heißt es in dem Papier der Deutschen Rentenversicherung.
Insgesamt werden die Verbesserungen bei der Rente für einige ohnehin durch
Abzüge bei der Mehrheit bezahlt, auch bei den Rentnern: Laut Rechnung der
DRV liegt die Nettostandardrente durch das Rentenpaket im Jahre 2030 um 1,6
Prozent niedriger als sie ohne das Rentenpaket ausfallen würde.
## Wie berechnet man Arbeitslosigkeit?
Heikel ist auch der Bürokratieaufwand, der entsteht, wenn die 45 Jahre an
Beitragszeiten für die abschlagsfreie Rente mit 63 rekonstruiert werden
müssen. Für diese Rente sollen Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld I
mitgezählt werden. Das Problem: Vor der Einführung von Hartz IV im Jahr
2005 gab es neben dem Arbeitslosengeld die Arbeitslosenhilfe. Zeiten der
Arbeitslosenhilfe sollen aber nicht mitgerechnet werden.
„Eine Differenzierung zwischen Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe“ sei
aus den Statistiken der Rentenversicherung aber „nicht möglich“, erklärte
am Montag der Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann. Die
Krankenkassen verfügten über genaueres Material zu den Beitragszeiten,
„allerdings nicht in elektronischer Form“, sondern nur auf Papier. Im
Zweifelsfall soll die „Glaubhaftmachung“ des Antragsstellers zu seinen
Beitragszeiten entscheiden. Das Gesetz zur Rente mit 63, zu höheren
Mütterrenten und verbesserten Erwerbsminderungsrenten soll im Mai
verabschiedet werden und im Juli in Kraft treten.
5 May 2014
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Bürokratie
Rentenreform
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Bundestag
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Rentenpolitik
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Rente
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