# taz.de -- Nitratbelastung im Grundwasser: Kataster soll Gülle-Flut stoppen | |
> Nordrhein-Westfalen will Gülle im Wasser nicht länger hinnehmen. Nun wird | |
> kontrolliert, wie viel Mist auf welchen Feldern landet. | |
Bild: Sie stinkt nicht nur, zuviel Gülle macht auch das Grundwasser ungenießb… | |
DÜSSELDORF/HANNOVER dpa | Wenn die Landwirte den Mist ihrer Tiere auf die | |
Felder fahren, stinkt es oft zum Himmel. Dies aber ist das kleinere | |
Problem, das von der Gülle ausgeht. In den achtziger Jahren wurde das | |
freiwerdende Ammoniak mitverantwortlich gemacht für sauren Regen und | |
Waldsterben. Dank moderner Düngetechnik, die die Gülle direkt in den Boden | |
einbringt, wurden die Treibhausgasemissionen inzwischen deutlich | |
verringert. Im Grundwasser aber führt die Düngung weiterhin zu einer | |
überhöhten Nitratbelastung in Landstrichen mit viel Viehhaltung. | |
Deutschland droht deshalb Ungemach von der EU, die besonders betroffenen | |
Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wollen jetzt mit einem | |
sogenannten Güllekataster dagegensteuern. | |
„Das neue Meldesystem ist verpflichtend für alle Landwirte, die Gülle | |
außerhalb ihres Hofes verbringen“, erklärt der Sprecher des | |
Landwirtschaftsministeriums in Düsseldorf, Wilhelm Deitermann. Die | |
Datenbank erfasse, welcher Landwirt wie viele Tiere besitze und wohin er | |
Gülle transportiere. Außer auf Feldern am viehreichen Niederrhein und im | |
Münsterland landet der Mist bei Bauern in Regionen mit weniger Tierhaltung, | |
wo er als Dünger sehr begehrt ist. | |
Dies sei ein gesunder Kreislauf, betonen die Landwirte. Dennoch werden seit | |
Jahren in Boden und Wasser örtlich erhöhte Werte an Nitrat gemessen. Ein | |
Teil davon wird im Körper in Nitrit umgewandelt, was krebserregend sein | |
soll. | |
Bislang oft ausgesprochen, aber nicht bewiesen ist der Verdacht, dass | |
Landwirte etwa im Emsland oder Münsterland teils mehr Gülle auf die Felder | |
kippen als erlaubt. In NRW sollen die Daten der im vergangenen Frühjahr | |
gestarteten Datenerfassung Mitte 2014 erstmals ausgewertet werden. „Das | |
Kataster werden wir dafür nutzen, Indizien zu finden, wo etwas nicht | |
richtig läuft“, meint Deitermann. | |
Dies ist dringend nötig, denn die EU-Kommission droht Deutschland mit einem | |
Vertragsverletzungsverfahren, weil es nicht genug für die Gewässerqualität | |
tut. Der Deutsche Bauernverband hält dies für ungerechtfertigt und sagt, | |
die schlechten Nitratwerte stammten ausschließlich von Problemstandorten, | |
womit generelle Aussagen über die Wasserqualität in Deutschland unmöglich | |
seien. | |
## Eine neue Düngeverordnung | |
Derweil arbeitet das Bundeslandwirtschaftsministerium an einer Novellierung | |
der Düngeverordnung, um die EG-Nitratrichtlinie umzusetzen. Ziel sei eine | |
Anpassung der Regelung bis Jahresende, sagte eine Sprecherin. | |
„Die rheinischen Landwirte stehen der Dokumentation neutral gegenüber“, | |
heißt es zu dem Mehr an Bürokratie von der Sprecherin des Rheinischen | |
Landwirtschafts-Verbandes, Andrea Bahrenberg. Die Hoffnung sei, dass mit | |
dem Dokumentationsaufwand Transparenz und in der Bevölkerung Vertrauen | |
geschaffen werde, dass sich der Landwirt an das Gesetz halte. Um die | |
Vermittlung von Gülle in Ackerbauregionen zu verbessern, hätten die | |
Landwirte eine Börse auf den Weg gebracht, Ähnliches gibt es auch in | |
Niedersachsen. | |
Dort ist es den Landwirten jedoch gelungen, sich gegen eine zusätzliche | |
Datenerfassung zu wehren. Der Landesbauernverband versicherte | |
Landwirtschaftsminister Christian Meyer in der vergangenen Woche, auf | |
datenschutzrechtliche Bedenken zu verzichten, damit das Ministerium auf | |
Basis bereits erfasster Daten mehr Einblick in die Gülle-Ströme erhält. | |
## Auch Maßmahmen gegen Massentierhaltung | |
Dabei geht es dem Grünen-Ressortchef erklärtermaßen um mehr als den Schutz | |
von Grundwasser und Böden: „Es bleibt unser politisches Ziel, keine weitere | |
Massentierhaltung insbesondere in den viehdichten Regionen mehr zu fördern, | |
sondern durch Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung diese auszubremsen | |
und zu verringern.“ | |
Während es in den übrigen Bundesländern keine Probleme mit einem Zuviel an | |
Gülle gibt, plagen NRW und Niedersachsen zusätzlich Importe aus den | |
Niederlanden. Im Nachbarland, wo die Regeln zu Jahresbeginn erneut | |
verschärft wurden, gibt es einen Überschuss an Gülle, der Export am besten | |
nicht allzu weit über die Grenze ist wichtig für das Agrarland. | |
Der Versuch von NRW, die Einfuhr zu begrenzen, scheiterte 2011 vor Gericht. | |
Inzwischen kooperieren NRW und Niedersachsen mit den Niederländern und | |
haben Einblick in deren akribische Buchführung. Mit mehr Kontrolle hofft | |
man nun, das Nitratproblem auch in Deutschland in den Griff zu bekommen. | |
13 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Evers | |
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