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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Inge Meysel der Sprachhüter
> Wolf Schneider, Götterbote des geschliffenen Satzes, war mal gut. Und die
> Alten von der Deutschen Welle futtern mit Ravioli-Gebiss gutes Programm
> weg.
Bild: Der arbeitet uns immer noch über den Haufen: Wolf Schneider.
Hallo, taz-Medienredaktion! Letzte Woche, als so eine anständige Frau wie
ich schon im Bette lag, um Kraft für den kommenden Tag zu sammeln, war Wolf
Schneider bei Markus Lanz zu sehen. Du weißt, der Götterbote des
geschliffenen Satzes. Der Mann, der mit dem Wort als Schwert in der Hand
durch Deutsch-Land rauscht und mit scharfer Klinge jeden einen Kopf kürzer
macht, der vervollkomplizierte Wörters verwenden tut. „Ich habe Pulverdampf
gerochen“, sagte Herr Schneider. Da ging es allerdings um seine Zeit im
Krieg.
Ich finde Herrn Schneider ja für gewöhnlich blöd. Weil er so arrogant und
überheblich ist, so dogmatisch, apodiktisch und eingebildet. Weil seine
Seminare 1.980 Euro kosteten und er den journalistischen Nachwuchs in der
Henri-Nannen-Schule mit dem Satz quälte: „Qualität kommt von Qual.“ Ich
finde diesen Satz falsch und vor allem schlimm. Und auch schlimm finde ich,
dass die Steinplatte, in die der Satz gemeißelt wurde, dergestalt über der
Tür des Seminarraums befestigt wurde, dass die Schüler froh sein können,
wenn sie beim Durschreiten der Tür nicht von der herunterfallenden Platte
erschlagen werden.
Also, wie gesagt, Wolf Schneider = urghs. Aaaaber! Der Mann war so gut!
Abgesehen davon, dass er mal wieder den Computer verteufelt hat und so
nebenbei erzählte, dass seine Frau die ganze Recherche-, Vor- und
Drumherumarbeit der Bücher leistet, die seinen Namen tragen, abgesehen
davon war es eine Freude, dem Altmeister des Austeilens zuzuhören. Seine
böse Einordnung vieler Blogger und ihrer im wahrsten Sinne des Wortes
sinnlosen Beiträge, des dämlichen Geschwätzes im Netz, das war schon sehr
hübsch!
Besonders hat mir der Satz des 89-Jährigen gefallen: „Euch arbeite ich
immer noch über den Haufen!“ Nicht, dass man das, was dabei herauskommt,
unbedingt lesen möchte, aber ein alter Mitbürger mit so viel Feuer unterm
Gesäß ist doch immer wieder eine Freude. Mit dieser Verve nenne ich Wolf
Schneider die Inge Meysel der Sprachhüter.
Allerdings will ich hoffen, dass Herr Schneider von seinen exorbitanten
Seminargeldern lebt und nicht etwa Pensionsansprüche gegenüber der ARD
geltend macht, für die er einst als Talkshow-Moderator arbeitete. Denn –
Schock, schwere Not! – die steigenden Pensionsansprüche von Mitarbeitern
drohen die Programmqualität der Öffentlich-Rechtlichen „zu fressen“, wie
Peter Clever, Verwaltungsratsvorsitzender der Deutschen Welle, sagt.
Schnapp, schnapp, schnapp, mümmel, mümmel – all die Alten mit ihren
Ravioli-Gebiss futtern das gute Programm weg. „heute show“, „neo magazin�…
„Polizeiruf“, die fressen so viel, dass für die Zuschauer nur „Fakt“ u…
„Notruf Hafenkante“ übrig bleibt. Schöner Scheiß.
Sag mal, Medienredaktion, Du Allwissende, weißt Du eigentlich, wie man
Redakteure abbaut? Wieder einmal hat die FAZ nicht genug Geld verdient. Nun
soll Personal weg, allerdings sollen keine Redakteure abgebaut werden, wie
ich las. Das führt zu der generellen Frage, wie das gehen soll, kann man
etwas aus Fleisch und Blut doch schlecht „abbauen“. Wären die aus Stein,
wäre das etwas anderes. Dann kommt die Abrissbirne, auf der der
Geschäftsführer nackt und besoffen sitzt, und bäng! werden die Betonköpfe
abgeschlagen. Oder man nimmt den Presslufthammer.
So aber, bei diesen weichen, sensiblen, empathischen, einfühlsamen
FAZ-Journalisten scheint mir das die falsche Vokabel. Wobei –
Mikroorganismen können etwas aus Fleisch und Blut sehr wohl „abbauen“. Aber
jetzt wird es eklig. Vor allem in Zusammenhang mit den Ravioli-Gebissen.
Also nix wie weg aus diesem Gedankenkonstrukt und schnell zurück nach
Berlin!
21 May 2014
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
Die Kriegsreporterin
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Sprachkritik
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