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# taz.de -- Neues Video von M.I.A.: Die bewaffneten Arme der Göttin
> Pistolen aus dem 3D-Drucker sind nun auch im Pop angekommen: M.I.A. gibt
> sie in ihrem jüngsten Musikclip ein paar Teenagern in die Hände.
Bild: Mit Waffen aus 3D-Drucker gegen Dämonen und Ungerechtigkeit? M.I.A. in d…
Schnell drucken und dann abdrücken: Seit vor rund einem Jahr der
US-Amerikaner Cody Wilson der Öffentlichkeit die erste, [1][fast
vollständig per 3D-Printer hergestellte] Pistole präsentierte, dreht die
Fantasie von Waffennarren am Rad und machen sich die Hüter des staatlichen
Gewaltmonopols ernsthafte Sorgen.
Inzwischen können solcherart produzierte Waffen mehr als einen Schuss
abgeben und haben auch Eingang in die Popkultur gefunden. Die
britisch-tamilische Global-Beat-Kombattantin M.I.A. nutzt sie als
Accessoires für ihr Video zum Track „Double Bubble Trouble“ von der
2013er-LP „Matangi“.
Eingangs fragt eine Off-Stimme: „Was wäre, wenn Du Waffen wie diese zu
Hause mit einem dreidimensionalen Drucker herstellen könntest? Das hört
sich wie Science-Fiction an, aber für einige ist es nicht so weit
hergeholt.“ Dann folgt die Musik: ein Reggae-Rhythmus, der ziemlich zeitig
von reichlich Dubstep-Noise überlagert wird und gegen Ende in Richtung
Kuduro tendiert.
„1984 is now“ lautet M.I.A.s zentrale Botschaft. Aber im Setting des Videos
ist der totalitäre Überwachungsstaat abwesend. Stattdessen: diverse Kinder-
und Teenager-Gruppen zwischen typischen Londoner Wohnmaschinen für die
Arbeiterklasse, weitestgehend sich selbst überlassen – nur mit M.I.A. als
„Streetworkerin“. Sie tanzen, auch mal mit Niqab und Tschador, halten sich
Affen, Hunde und Papageien, chatten, machen Selfies während sie aberwitzige
Rauchring-Choreographien in die Luft blasen. Und fuchteln eben mit
3D-Pistolen herum oder mit dem, was M.I.A. dafür ausgibt. Zwischendurch
steigen Drohnen in die Höhe, ihre Neonlichter machen sie zu fliegenden
Peace-Zeichen.
## Schnellschuss-Praxis
Der Clip ist eine bunte, rasant geschnittene Collage, teils gehalten in
pixeliger, wackeliger D.I.Y.-Ästhetik. Und die 3D-Waffe funktioniert auch
als geradezu perfekte Metapher für M.I.A.s Schnellschuss-Praxis, denn so
plakativ das Video daher kommt, so wenig ausformuliert liest es sich auch:
Der Waffen-Eigenbau und die Hobby-Drohne als Stinkefinger marginalisierter
Gangland-Bewohnerinnen gegen die Mächtigen und ihren Kontrollwahn?
Bei aller offensichtlichen Sympathie mit den ProtagonistInnen des Clips,
das kann auch Mathangi „Maya“ Arulpragasam nicht wirklich ernst meinen und
stilisiert sich geradezu humoristisch vor den Betonbergen zur Hindugöttin
Kali mit bewaffneten Armen. Auf [2][Gawker] hat ein Kommentator diese
Gewehrsammlung im übrigen als nicht-gedruckte Soft-Air-Guns identifiziert.
Und das einzige, was der 3D-Drucker in dem Video tatsächlich auch
produziert, sind M.I.A.s Initialen.
## Kein Hype um „Matangi"
Ihre Mixtur aus Elektro-Sounds aller Weltregionen und herrschaftskritischen
Auslassungen hatte Mathangi „Maya“ Arulpragasam aka M.I.A. erstmals mit
ihrem 2005er-Debüt „Arular“ angesetzt. Feierte das Feuilleton die Platte
seinerzeit noch einhellig als heissesten Scheiss des Planeten, polarisierte
M.I.A. in den folgenden Jahren wie kaum jemand im Musikbusiness. Weil sie
kontinuierlich gegen die US-Außenpolitik wetterte, wurde sie gar als
Terrorsympathisantin geschmäht. Ihre Liaison mit dem Milliardenerben
Benjamin Bronfman und ihr wachsender kommerzieller Erfolg sorgten wiederum
für Enttäuschung bei linken Fans. Ihnen galt sie bald als
Salon-Antikapitalistin oder Ausbeuterin der Soundressourcen des Südens.
Nach dem Aus ihrer Beziehung und der Rückkehr aus den USA nach London war
es wieder ruhiger um M.I.A. geworden. Den Hype seiner Vorgänger konnte das
Album „Matangi“ im vergangenen Jahr nicht entfachen, die Musikerin selbst
bezeichnete es als ihr bisher spirituellstes Werk. Doch es sind Drastik und
Provokation, die der öffentlichen Figur M.I.A. Zunder geben, deshalb wird
jetzt eben nachgeladen.
Zunächst stellte sie ihren Remix von Beyoncés Gleichstellungshymne
[3][„Flawless“] von ihrem letztjährigen „Visual Album“ ins Netz – zu…
mit der Partysquad gnadenlos umgenäht zum „Baddygirl 2“. In der vergangenen
Woche performte sie dann bei einem Auftritt in der Late-Night-Show von Seth
Meyers anlässlich ihrer derzeitigen US-Tournee den Song „Double Trouble
Bubble“, in dem sie ihren Außenseiterstatus im westlichen Musikbusiness
thematisiert und auf ihren Ruf als Troubleshooter anspielt. Dabei
verkündete sie auch die Veröffentlichung des dazugehörigen Videos.
## Aberwitzige Rauchring-Choreographien
Per Twitter verschickte sie einen Youtube-Link, doch der verwies auf –
nichts. Es kam zu dem für M.I.A. schon üblichen Gepampe gegenüber ihrer
Plattenfirma Universal Music. Die Musikerin [4][twitterte]: „Mein Label hat
mein Video, seit vier Tagen laden sie es nicht hoch. Sie lassen es mich
nicht hochladen. Warum?“ „Copyright-Gründe“ seien für das Zurückhalten…
Clips verantwortlich, hieß es auf Youtube. Nach M.I.A.s Beschwerde-Tweet
und einer Welle von Blockade-Meldungen ihrer weltweiten Follower-Gemeinde
wurde das Video aber schließlich doch freigeschaltet.
M.I.A. hat bei dem Clip übrigens selbst Regie geführt. Zuletzt tat sie das
für den Song [5][//www.youtube.com/watch?v=wdtxp7m5U90:„Mad Dog God Dam“]
der britischen Band Elastica – im Jahr 2000, kurz nach ihrem
Kunsthochschulabschluss. Ihre eigenen Videos ließ sie sich in den
vergangenen Jahren lieber unter anderen vom französischen Regisseur Romain
Gavros schneidern, der mit dem umstrittenen und zeitweise aus dem Netz
verbannten Streifen zum Track [6][„Stress“] des Elektronik-Duos Justice
bekannt wurde. Seinem für das M.I.A.-Stück [7][„Born Free“] gedrehten Cli…
in dem Menschen aufgrund ihrer roten Haare ausgesondert und exekutiert
werden, widerfuhr ein ähnliches Schicksal. Unzensiert, weil fast schon zu
harmlos: Gavros' Video zu [8][„Bad Girls“], in dem er M.I.A. zur Anführerin
von Auto-Akrobatinnen macht.
In Deutschland ist der Clip zu „Double Trouble Bubble“ auf Youtube nach wie
vor nicht zu sehen – mit der Berufung der Videoplattform auf den Streit mit
der GEMA, von dem allerdings andere M.I.A.-Clips nicht betroffen zu sein
scheinen. „Say danke, danke“, heißt es in den [9][Lyrics]. Kann sich M.I.A.
in diesem Fall erstmal sparen.
21 May 2014
## LINKS
[1] http://www.newyorker.com/online/blogs/elements/2013/05/3d-printed-gun-cody-…
[2] http://gawker.com/im-willing-to-bet-they-are-air-soft-guns-vs-3d-printed-15…
[3] http://www.youtube.com/watch?v=X4MCHWQOsQA
[4] http://twitter.com/MIAuniverse/status/468430021309116416
[5] http://https
[6] http://www.youtube.com/watch?v=QWaWsgBbFsA
[7] http://vimeo.com/11219730
[8] http://www.youtube.com/watch?v=2uYs0gJD-LE
[9] http://rapgenius.com/Mia-double-bubble-trouble-lyrics
## AUTOREN
Oliver Pohlisch
## TAGS
M.I.A.
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